Название: Handbuch Medizinrecht
Автор: Thomas Vollmöller
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Medizinrecht
isbn: 9783811492691
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Die KV haben nach § 75 Abs. 2 S. 1 SGB V die Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen. Dazu gehört auch im Rahmen der gemeinsamen Selbstverwaltung die Interessenvertretung in der Politik, gegenüber dem Gesetzgeber und den Berufsverbänden.[35] Ein über ihren hoheitlichen Aufgabenbereich hinausgehendes gesundheitspolitisches Mandat der Vertragsärzte haben die KV jedoch nicht.[36]
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Art. 2 Abs. 1 GG schützt die Zwangsmitglieder öffentlich-rechtlicher Körperschaften vor einer Überschreitung ihrer gesetzlich eingeräumten Befugnisse und gewährt infolgedessen einen gerichtlich durchsetzbaren Unterlassungsanspruch gegen unzulässige Betätigungen, ohne dass es darauf ankommt, ob das Mitglied dadurch einen spürbaren Nachteil erleidet.[37]
6. Dienstleistungsgesellschaften
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Der durch das GKV-WSG neu eingeführte § 77a SGB V erlaubt den KV und der Kassen(zahn-)ärztlichen Bundesvereinigung Dienstleistungsgesellschaften zu gründen, die die vertragsärztlichen Leistungserbringer beim Abschluss von Versorgungsverträgen, namentlich Direktverträgen nach §§ 73a bis c SGB V und besonderen Versorgungsverträgen nach §§ 140a ff. SGB V inklusive der damit auftretenden Fragen der Datenverarbeitung beraten dürfen. Die Dienstleistungsgesellschaften dürfen die Vertragsärzte ferner in allgemeinen wirtschaftlichen Fragen beraten und Verwaltungsaufgaben für Praxisnetze übernehmen. Damit kam der Gesetzgeber einem Wunsch der KV nach, die sich an einer solchen privatwirtschaftlichen Betätigung als öffentlich-rechtliche Körperschaft mit gesetzlich begrenztem Aufgabenbereich gehindert sahen.[38]
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Es versteht sich von selbst, dass die KV die von den Krankenkassen erhaltenen Gesamtvergütungen zweckgebunden für die Honorierung der ärztlichen Leistungen einzusetzen haben, wie auch die von den Ärzten aufgebrachten Verwaltungskostenbeiträge der Finanzierung derselben dienen. § 77a Abs. 3 SGB V verbietet folglich eine Finanzierung dieser Gesellschaften aus Mitteln der KV.[39]
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Die Dienstleistungsgesellschaften müssen sich selbst aus Einnahmen finanzieren. Der Gesetzeswortlaut ist eindeutig und bezieht sich sowohl auf Fremdfinanzierungen durch Kredit als auch auf Finanzierungen durch Bereitstellung von Eigenkapital.[40] Nach Auffassung der Bundesregierung ergibt sich aus der Befugnis zur Gründung derartiger Gesellschaften auch die Befugnis zur Bereitstellung der Gründungsmittel.[41] Diese Auffassung entgegen dem Wortlaut von § 77a Abs. 3 S. 2 SGB V ist zu kurz gegriffen. Eine Gründung von Gesellschaften ist ohne Beteiligung am Kapital mit wenigstens 1 % nicht möglich. Bei einer Beteiligung an Personengesellschaften kann die persönliche Haftung des Gesellschafters zum unbegrenzten Rückgriff auf das Vermögen der beteiligten KV führen, was zweifellos nicht mit dem Finanzierungsverbot vereinbar ist. Die Gründung von Kapitalgesellschaften erfordert die Aufbringung des vorgeschriebenen Stammkapitals (vgl. § 2 AktG, §§ 5 und 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG). Auch wenn der Gründungsbeitrag zunächst auf die Zahlung der Einlage beschränkt ist, bestehen für Gesellschafter und Aktionäre einer Kapitalgesellschaft weitere Kapitalaufbringungspflichten, von der die beteiligte KV in der Satzung zur Gänze befreit werden muss.
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Der durch das SelbstverwaltungsstärkungsG geschaffene § 77b SGB V enthält zusätzliche Anforderungen an die von der KBV eingerichteten Arbeitsgemeinschaften und gegründeten Dienstleistungsgesellschaften. Der Vorstand wird verpflichtet, der Vertreterversammlung jährlich umfassend Bericht zu erstatten.
8. Kapitel Vertragsarztrecht › C. Die Beteiligten im Vertragsarztrecht › III. Die Gemeinsame Selbstverwaltung und ihre Gremien
1. Der Gemeinsame Bundesausschuss
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Nach § 91 Abs. 1 SGB V bilden die KBV, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA).
a) Rechtsstatus
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Der G-BA ist die maßgebliche Rechtsetzungseinrichtung der gemeinsamen Selbstverwaltung, der nach dem GMG zum 1.1.2004 die bis dahin bestehenden Bundesausschüsse der Ärzte bzw. der Zahnärzte und Krankenkassen, den Ausschuss Krankenhaus und den Koordinierungsausschuss abgelöst hat.[42] Trägerorganisationen des G-BA sind gem. § 91 Abs. 1 S. 1 SGB V die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund.
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Der G-BA ist nach § 91 Abs. 1 S. 2 SGB V rechtsfähig. Eine Regelung zur Rechtsqualität des G-BA als Träger öffentlicher Aufgaben fehlt. Nach Auffassung des BSG handelte es sich bei den früheren Bundesausschüssen um Anstalten des öffentlichen Rechts.[43] Nach anderer Auffassung ist der G-BA eine rechtsfähige Einrichtung sui generis.[44] Er hat in jedem Fall Behördeneigenschaft i.S.v. § 1 Abs. 2 SGB X.[45]
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Der G-BA besteht aus einem Plenum (Beschlussgremium) und aus Unterausschüssen, welche die Entscheidungen des Beschlussgremiums vorbereiten.[46] Beschlüsse werden mit Mehrheit gefasst. Die Vertreter der Patientenorganisationen nach § 140f SGB V haben ein Mitberatungsrecht ohne Stimmrecht.[47] Die Verfahren bis zur Beschlussfassung sind in der Geschäftsordnung[48] und in der Verfahrensordnung[49] geregelt, die nach § 91 Abs. 4 SGB V mit Genehmigung des BMG beschlossen wurden. Die Sitzungen des G-BA sind in der Regel öffentlich. Der G-BA wird durch den Vorsitzenden des Beschlussgremiums gerichtlich und außergerichtlich vertreten, § 91 Abs. 1 S. 3 SGB V.
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Die Rechtsaufsicht über den G-BA und dessen Finanzen führt das BMG nach §§ 91a Abs. 1 SGB V i.V.m den Aufsichts- und Haushaltsvorschriften des SGB IV. Das BMG kann aufsichtliche Verfügungen per Zwangsgeld durchsetzen. Dem BMG sind die beschlossenen Richtlinien zur Prüfung vorzulegen, das nach § 94 Abs. 1 S. 2 SGB V ein Beanstandungsrecht bzw. nach S. 5 der Vorschrift für unterbliebene Beschlüsse ein Ersatzvornahmerecht hat. Das Beanstandungsrecht ist hinsichtlich erlassener Richtlinien auf die Kontrolle von Rechtsverstößen beschränkt.[50]
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Für Klagen gegen Richtlinien und Entscheidungen des G-BA wie auch in Aufsichtsangelegenheiten ist erstinstanzlich nach § 29 Abs. 4 Nr. 3 SGG das LSG Berlin-Brandenburg ausschließlich zuständig.
b) Zusammensetzung
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Das Beschlussgremium des G-BA besteht aus drei unparteiischen Mitgliedern, wovon einer den Vorsitz führt, und fünf Mitgliedern СКАЧАТЬ