Faulfleisch. Vincent Voss
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Читать онлайн книгу Faulfleisch - Vincent Voss страница 13

Название: Faulfleisch

Автор: Vincent Voss

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783966291040

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СКАЧАТЬ ihren Schülern. Anstatt sich für die Sache an sich zu begeistern, war das Interesse an der technischen Umsetzbarkeit größer.

      »Nein, das meine ich nicht«, widersprach Liam. »Ich meine, es wirkt fast so, als würden sie sich beobachtet fühlen. Als würden sie spüren, dass ich hier stehe. Könnte das sein?«

      Sie überlegte und jonglierte den Gedanken hin und her. »Ja, ich glaube, ich weiß, was sie meinen. Vögel scheinen über eine Art siebten Sinn zu verfügen. Kurz vor dem Tsunami damals wurde aus ganz vielen Gegenden von ausziehenden Vogelschwärmen berichtet. Ungefähr sechs Stunden vor dem Seebeben sind die küstennahen Arten auf erhabene Gebiete ausgewichen. Stämme, also so einheimische Gruppen, sind ihnen gefolgt und haben den Tsunami so auch überlebt. Von einigen Vögeln spricht der Volksmund sogar, dass sie den nahenden Tod spüren können. Vor allem der Kauz gilt als Totenvogel.«

      »O.K«, Liam stellte fest, dass Frau Schäfer nicht nur über akademisches Wissen zu dem Thema verfügte.

      »Dort hinten in den Vogelbeeren leben Birkenzeisige«, deutete sie in die andere Richtung und Liam folgte ihrem Finger.

      »Nein, eher dort.« Sie korrigierte etwas und Liam sah eine Ansammlung struppigen Dickichts, in dem eine Schar von kleinen, graubraunen Vögeln herumhüpfte. Das voyeuristische Gefühl in ihm nahm ab, vielleicht weil es so viele Zeisige waren. Er fand es spannend, sie so beobachten zu können und schwieg fasziniert. Frau Schäfer genoss, ebenfalls schweigend, diesen Zustand.

      Im Hintergrund konnte Liam unscharf eine kleine Straße erkennen. Die beiden Autos, die sich entgegen kamen, hatten Licht an.

      Drei Zeisige stritten um etwas. Was es war, konnte Liam nicht erkennen, mal hatte es der eine, dann wieder der andere im Schnabel.

      Das dunkle Auto war eckig.

      Der eine Zeisig flog mit dem Teil im Schnabel zu einem anderen Gebüsch, die beiden anderen folgten ihm.

      Das dunkle Auto war ein Volvo und fuhr zum alten Königshof. Liams Atmung setzte aus und er wechselte unauffällig sein Ziel. Den Fahrer konnte er nicht erkennen, aber es war der Wagen des Gerichtsmediziners. »Toll, oder?«, wollte Frau Schäfer wissen.

      »Mmh.« Der Wagen hielt auf dem Hof, dort wo Liam ihn schon einmal hat stehen sehen. Der Gerichtsmediziner stieg aus und lief zur Haustür, schloss diese auf und lief zum Auto zurück. Einer der beiden Hunde schoss durch die Tür und wollte den Arzt springend begrüßen. Er drückte den Hund unwirsch weg. Aus dem Auto holte er einen dunkelgrauen Plastiksack, den er mit Schwung schulterte. Offenbar war der Inhalt schwer, es musste ein reißfester Plastiksack sein. Vielleicht einer, den Gerichtsmediziner in ihrem Berufsalltag benutzten. Der Hund erschnüffelte etwas für ihn Interessantes in dem Sack und scharrte mit einer Pfote. Der Arzt trat kräftig zu und der Hund hielt Abstand. Angestrengt trug er den Sack ins Haus und eilte zurück, um einen weiteren Sack zu holen. Liam wurde angestupst, nicht zum ersten Mal.

      »… so Spannendes?«, hörte er das Ende von Frau Schäfers Frage. Seine Verwirrung schüttelte er ab.

      »Ähm, dort hinten, der da schleppt so komische Säcke in sein Haus.« Frau Schäfer nickte und nahm ihm sanft das Fernglas aus den Händen.

      »Erster ethischer Grundsatz von mir: Ich beobachte Vögel und keine Menschen.«

      »Äh ja, es ist nur …«, er schüttelte verzweifelt den Kopf und beließ es bei dieser Reaktion. »Sie haben Recht, wahrscheinlich kann man nur mit dieser Einstellung sinnvoll arbeiten«, nickte er ihr zu.

      »Genau so ist es, auch wenn es manchmal schwer fällt, zu widerstehen. Aber anders geht es nicht«, bestätigte sie ihn. Liam hatte den Eindruck, sie würde sich gerne wieder der Sumpfohreule widmen. Er verabschiedete sich und ging den Weg weiter, der seiner Orientierung nach wieder auf den Hauptweg stoßen musste. Den gesamten Rückweg über musste Liam die gesehenen Bilder verarbeiten und er fragte sich, ob der Berufsstand Gerichtsmediziner im allgemeinen Arbeit mit nach Hause nahm.

       Tod reimt sich auf Abendbrot

      Sandra war nur flüchtig da. Er konnte kurz mit Lina schmusen und merkte an ihrem Verhalten, dass sie sich entfremdeten. Sandra war ihm auch fremd vorgekommen. Derzeit konnte er an dem Zustand nichts ändern. Jack freute sich auf ihn. Jack und er spielten mit Playmobil ein Ritter-Wikinger-Cowboy-Szenario nach. Jacks Freude an der Aufbauphase hatte nachgelassen, er wollte frei spielen, wobei das freie Spielen aus erbitterten Kämpfen unter den Figuren bestand. Jack hatte wie immer drei Lieblingsfiguren, die allen anderen an Kampfgeschick überlegen waren. Und sie konnten zaubern. Jacks Kreativität beindruckte ihn. Jack ließ sich aus dem Stegreif einen Zauber einfallen, womit seine Figuren wie Licht fliegen konnten. Liam fragte sich, welche Vorlagen Jack für solche Ideen hatte, oder ob er sich das frei erdachte.

      Später saßen sie im Pyjama am Küchentisch und aßen Abendbrot. Liam hatte großen Hunger, vor ihm standen zwei Scheiben Vollkornbrot, eine mit Käse und Tomaten, die andere mit Kassler und Senf belegt. Jack hatte in seiner »Winnie Puuh«Schüssel Honeyballs und das Essen war für ihn nebensächlich. Wichtiger war das Gespräch. Im Hintergrund summte die Geschirrspülmaschine.

      »… hat Lukas erzählt, dass er als ein Tier geht.« Jack stand vor Aufregung auf und aß im Stehen weiter.

      »Und als was für ein Tier geht Lukas?« Liam wusste, dass Lukas in der Bärengruppe bei den Vorschulkindern betreut wurde. Jack war ganz aufgeregt, weil bald Fasching sein würde. Er hatte es bislang vergessen, aber offenbar hatte er etwas bei Sandra aufgeschnappt. Liam wäre gerne informiert gewesen, aber Sandra hatte keine Zeit und musste schnell weiter, um noch rechtzeitig einchecken zu können. Jack guckte ihn verständnislos an, seine Lippen formten stumme Töne.

      »Als was, Jack? Als Elefant vielleicht, oder als Löwe?« Es arbeitete in Jack und die erste kleine Wutfalte zeigte sich auf seiner Stirn. In diesen Momenten, so mutmaßten Sandra und er immer, dachte Jack wohl darüber nach, wie dumm seine Eltern wirklich waren. Warum sie nichts verstanden. Warum sie offenbar seine Sprache vergessen hatten und, seinem verächtlichem Blick nach, wünschte er sich intellektuell ebenbürtige Gesprächspartner. Liam musste in solchen Situationen aufpassen, dass er nicht lachte.

      »Als das Tier, Liam.« Jack schüttelte verständnislos den Kopf, der Löffel mit Honeyballs gefror in der Luft. Liam fragte vorsichtig nach.

      »Ah. O.K. Was macht das Tier denn?«

      Auf Jacks Gesicht zeigten sich Sonnenschein und Heiterkeit.

      »Also das ist so einer«, der Löffel wurde in der Schüssel geparkt, denn Jack brauchte für seine Erklärung beide Hände, »der ist ganz bleich im Gesicht, hat zwei lange Zähne hier so.« Erst zeigte Jack auf seine beiden Eckzähne, da er aber wusste, dass sein Vater manchmal begriffsstutzig war, hob er Liams Oberlippe an und drückte Liams Eckzähne.

      »Dann kann er fliegen.« Jack flatterte zwei Schritte von seinem Stuhl weg und wieder zurück.

      »Und er trinkt Blut von Menschen.« Liam wartete.

      »Und er schläft, aber das hab ich nicht verstanden, wo. Ich glaube, Lukas aber auch nicht.« Jack musterte ihn mit großen Augen.

      »Als so ein, also wie so einer will ich auch verkleidet sein, Liam, auch so mit den Zähnen.« Aus reiner Liebe zu seinem Sohn hätte er »Ja« gesagt, aber er besann sich auf eine Absprache mit Sandra.

      »Ich werde das mit Mami besprechen, und dann gucken wir СКАЧАТЬ