Wie lernt Kirche Partizipation. Группа авторов
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СКАЧАТЬ Kompetenz, Menschen und Systemen inhaltlich-strategisch und geistlich-spirituell Orientierung zu geben. Sie haben eine Vision von der Zukunft und können Menschen dafür begeistern. Sie schaffen Vertrauen und Verbindlichkeit, sie eröffnen Optionen und geben Halt. Fokus: Steuerung, langfristig-strategische Perspektive.

      Die Kunst moderner Führung in einer volatilen Welt besteht darin, situativ zu erkennen, wo das jeweilige (Teil-)System steht, was es kann und was der nächste Lernschritt in Richtung Autonomie und Selbststeuerung im Rahmen der vereinbarten Gesamtstrategie (z. B. eines Pastoralkonzepts) ist, um dann entsprechend zu intervenieren. Wer so handelt, versteht sich als Coach. Die Grundregeln hierfür sind vergleichsweise einfach:

      (1) Sorge für einen gemeinsam getragenen und verbindlich vereinbarten Rahmen.

      (2) Tue (innerhalb des Rahmens) nichts, was der Übernahme von Selbstverantwortung im Wege steht oder diese verhindert.

      (3) Tue alles, damit die Verantwortung von den Menschen selbst zum Wohl des Ganzen und seiner Teile wahrgenommen werden kann.

      SeelsorgerInnen geben den Getauften auf diese Weise im paulinischen Sinne Raum, ohne die Position des Gegenübers aufzugeben. Es geht – über die klassischen Berufsrollen hinweg – um den Übergang von einem operativ-presbyterialen zu einem strategisch-episkopalen Führungsverständnis.21 Die seelsorgliche Qualität besteht in der Sorge um die „Seele“, die Kultur des Ganzen und seiner Teile.22

       Differenzierte (Unterstützer-)Rollen

      Trotz endloser Debatten über Berufsgruppenprofile gab es in der Vergangenheit faktisch nur eine Rolle, die des „Pastors“ oder „Pfarrers“. Alle anderen Berufe leiteten sich daraus ab, folgten der Logik „Pastor/Pfarrer minus …“. Eine zukünftige Sozialgestalt, die auf Selbststeuerung und horizontale Differenzierung setzt, benötigt – neben einer geteilten Leitung – eine angemessen differenzierte Form von Führung. Die geforderten Führungsaufgaben können nur im Miteinander unterschiedlich profilierter Führungsrollen bewältigt werden (vgl. 1 Kor 12). Gebraucht wird eine dynamisch zu handhabenden Rollenarchitektur und eine professionelle Personalarbeit, um Akteure mit ihren jeweiligen Fähigkeiten zu identifizieren, zu qualifizieren und kontextualisiert einzusetzen.

      Ausgehend von der skizzierten Basiskompetenz als ErmöglicherIn/Coach, lassen sich erste prägnante Rollenprofile von SeelsorgerInnen beschreiben, die sowohl im anstehenden Transformationsprozess als auch in einer zukünftigen Gestalt von Kirche dienlich erscheinen, weil sie systemrelevante Prozesse fokussieren:

      – SeelsorgerInnen face-to-face sichern eine begrenzte operative Grundversorgung an den Zentren und insbesondere auch für Menschen, die klassisch sozialisiert sind,

      – Geistliche/r BegleiterInnen/TrauerbegleiterInnen helfen Einzelnen und Gruppen, die anstehenden Veränderungen als geistlichen Weg zu verstehen und die damit verbundene Trauer zu bewältigen,

      – TrainerInnen/BegleiterInnen von ehrenamtlich Tätigen spüren Menschen auf, die aus ihrer Taufwürde heraus kirchliches Leben gestalten wollen; sie bilden sie aus, unterstützen, beraten und begleiten sie,

      – OrganisationsberaterInnen/GemeindeentwicklerInnen initiieren, gestalten, begleiten und evaluieren Entwicklungs- und Veränderungsprozesse,

      – InnovationsmanagerInnen/GemeindegründerInnen denken und gestalten Kirche mit Blick auf und mit Adressaten ganz neu, treiben Innovation voran und gründen neue Gemeinden,

      – EventmanagerInnen/ProjektentwicklerInnen setzen punktuelle Highlights und begleiten prototypisch-projekthaftes Arbeiten,

      – Verwalter/Geschäftsführer sind verantwortlich für ein professionelles Alltagsmanagement in den großen Organisationsräumen,

      – Fundraiser sind verantwortlich für die Mittelbeschaffung,

      – „LeiterIn des Kirchortes/der Pfarrei“ im engeren Sinne verknüpft mit der spirituelle-strategischen beschriebenen Gesamtverantwortung für Steuerung und Entwicklung im Nahbereich bzw. im pastoralen Raum (Pfarrei).

      Die neuen (Unterstützer-)Rollen sind rein fachlich begründet und nicht an Berufsgruppen gebunden. Wie sie zu personalisieren sind, hängt von den verfügbaren Ressourcen und Kompetenzen ab. Vom Grundsatz her gilt: Bezugspunkt ist der Bedarf, Kriterium ist die Kompetenz.

      5. JENSEITS VON APPELLEN – WIE PARTIZIPATION GELERNT WERDEN KANN

      Partizipation zu fordern, ist politisch korrekt, jedoch wohlfeil. Die Kirche ist von ihrer Ursprungsordnung her anders programmiert. Der angestrebte Wandel ist nicht trivial: Gemeint ist nicht, die bestehende, vielfach abgesicherte Top-down- Steuerung paternalistisch durch ein graduelles Mehr an „Mitwirkung“ abzufedern oder reziprok durch eine synodale Bottom-up-Steuerung zu ersetzen. Es geht – systemisch gesehen – um Inklusion, also darum, die Sichtweisen und Interessen aller Stakeholder im Gegenüber und Miteinander der unterschiedlichen Rollen auf Augenhöhe in einem (dauerhaft) offenen Prozess zum Wohle des Ganzen und seiner Teile zur Geltung zu bringen. Teilhabe an Entscheidungsmacht impliziert eine grundlegend veränderte Beziehung zwischen den Akteuren. Alle müssen lernen.

       a) Die Koordinaten festlegen

      Partizipation ist – wie vieles in der Kirche – ein moralisch besetzter Containerbegriff, der nichts sagt, solange er nicht hinreichend klar definiert ist. Wenn ein kirchliches System (KiTa, Pfarrei, Bistum…) den Weg der Partizipation gehen will, muss transparent beschrieben und verbindlich vereinbart werden, was damit gemeint ist. Nur so kann „irrelevante Kommunikation“ und „geplante Folgenlo- sigkeit“ vermieden werden.

       b) Beziehung auf Augenhöhe anbieten

      In einer Übergangssituation, in der nicht nur die Routinen dysfunktional, sondern auch die inneren Bilder brüchig werden und selbst das Lernen wieder neu gelernt werden muss, kommt der Haltung der Führungs- und Leitungsverantwortlichen entscheidende Bedeutung zu. Ein Beziehungsangebot, das hilft, sich in einen Prozess der Veränderung hineinzubegeben und ihn aktiv mitzugestalten, wird induziert, wenn Führungskräfte

      – ein lebendiges Interesse an anderen Menschen, abweichenden Erfahrungen, Lebensentwürfen, Deutungsmustern zeigen (Wertschätzung und Allparteilichkeit),

      – transparent kommunizieren, auf diese Weise einen sicheren Rahmen und Vertrauen ermöglichen (Transparenz und Verbindlichkeit),

      – die Realität vorbehaltlos wahrnehmen, reflektieren und ihre Sicht der Dinge im Dialog relativieren können (Reflexivität und Kontextuali- sierung),

      – Emotionen, insbesondere auch Wut zulassen, Abschied nehmen und mit anderen gemeinsam trauern können (Achtsamkeit und Trauerarbeit),

      – die gegenwärtige Krisensituation angstfrei als Chance begreifen und ihren Sinn erschließen können (Containment von Angst),

      – ein hohes Maß an Risikobereitschaft, Fehlertoleranz und Konfliktfähigkeit zeigen, um die allfälligen Verwerfungen in Veränderungsprozessen auffangen, mittragen und transformieren zu können (Reduktion von Stress),

      – unterschiedliche Sichtweisen, Ressourcen und Potenziale ins Spiel bringen und wechselseitig in Beziehung setzen können (Perspektivenwechsel, Zirkularität),

      – Raum für Neues schaffen, СКАЧАТЬ