Wie lernt Kirche Partizipation. Группа авторов
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СКАЧАТЬ strukturierte – Einmütigkeitsträume und Einmütigkeitsräume, die es innerhalb der Kirche(n) praktisch nie gegeben hat und in postmodernen Zeiten erst recht nicht oder nur unter massiven Kosten geben kann.

      Was bedeutet dies für die Partizipationsproblematik? Nichts weniger denn die Dekonstruktion eines rein institutionellen Partizipationsbegriffs. Was notwendig wäre, wird so noch nicht garantiert: vertrauen, experimentieren, an vielen Stellen Evangelium und heutige Existenz miteinander ins Spiel bringen, an die Peripherien gehen, in Bewegung bleiben, mit Gott einen Tanz wagen (M. Delbrêl), nie mehr daran glauben, dass es wieder feste Formen geben werde. Notwendig wäre zu realisieren, dass tatsächlich gilt, was Papst Franziskus in „Evangelii gaudium“ schreibt: „Die Zeit ist mehr wert als der Raum“25 und „Die Wirklichkeit ist wichtiger als die Idee“26. Es geht bei „Partizipation“ nicht um die gnädig gewährte Teilhabe an etwas Solidem, Festen, sondern um die gemeinsame Entdeckung von Neuem, zuletzt um die Entdeckung der Möglichkeit des Gottesglaubens in der Nachfolge Christi heute, in wirklich ganz neuen Zeiten.

      V. MÖGLICHKEITEN

      Wie alle soziologischen Begriffe, die pastoraltheologisch konzeptionell eingesetzt und implizit theologisch aufgeladen werden („communio“, „Volk“, „Gemeinde“, „Ehrenamtliche“), ist auch der Partizipationsbegriff ohne explizites theologisches Korrelat eine projektionsoffene Hülle,27 die unkontrolliert mit den eigenen Sehnsüchten gefüllt als Zukunftsvision der Kirche nicht wirklich genügt. Das befriedigt mehr Eigenes, als dass es Pastoral in postmodernen, also unvorhersehbar überraschungsoffenen Zeiten weiter hilft.

      Was aber wäre ein weiterführender theologischer Korrelatbegriff zum Partizipationsbegriff, wie es etwa der Gottesbegriff im „Volk Gottes-Begriff“28 ist? Gianni Vattimo kann hier einen Hinweis geben:

      „Wenn die Essenz der Heilsgeschichte die Säkularisierung ist, und d. h. die ‚reduktive‘ Transformation des natürlichen, metaphysischen Sakralen dank der Freundschaftsbeziehung, die Gott mit dem Menschen herzustellen beschließt und die der Sinn der Menschwerdung ist, dann ist das, was man der unangemessenen Rückbindung der christlichen Lehre an diese oder jene bestimmte geschichtliche Wirklichkeit entgegensetzen muß, die absolut totale Bereitschaft, ‚die Zeichen der Zeit‘ zu lesen, sich also in offenem Eingeständnis der eigenen Geschichtlichkeit immer von neuem mit der Geschichte zu identifizieren.“29

      Partizipation an der Geschichte, an den „Zeichen der Zeit“ sollte hinter allen Partizipationsforderungen stehen, sollen sie nicht in konservative („Wie bleiben wir, wie wir sind mit Hilfe der Laien“) oder progressiv-romantische (Kirche als harmonische Gemeinschaft, in der alle gleichberechtigt mitreden dürfen) Utopien, also ins Nirgendwo laufen. Jenseits der an sich selbstverständlichen Etablierung innerinstitutioneller Partizipationsverfahren, wie sie in ausdifferenzierten spätmodernen Gesellschaften schlicht den Steuerungserfordernissen komplexer Institutionen entsprechen30, wäre kirchlich Partizipation als „Exposure“ zu denken, als „Sich-Aussetzen“ der Gegenwart und ihren „Zeichen der Zeit“, als „Partizipation“ an den Freuden und Hoffnungen, an der Trauer und den Ängsten einer unüberschaubaren Gegenwart. Alle natürlich notwendigen institutionellen Partizipationsregeln hätten dazu zu dienen, diese „Exposure-Partizipation“ zu ermöglichen.

      Heutige Existenz ist notwendig prekär, denn in ihr treffen permanent, so Heinz Bude, standardisierte Erwartungen auf nichtstandardisierte Wirklichkeiten.31 Partizipation an dieser heutigen Existenz ist deshalb selbst eine prekäre und riskante Angelegenheit. Themen, die dies markieren, drängen sich auf: die Neuordnung der Geschlechterverhältnisse, die Globalisierung und ihre Konsequenzen für Migration, individuelle (auch religiöse) Sinnkonstruktionen, oder die Finanzwirtschaft, die Entbettung religiöser Traditionen aus ihren lokalen Herkunftskulturen und ihre Integration in die kapitalistische Verwertungsmaschinerie und überhaupt die Herrschaft eines zunehmend kulturell hegemonialen Kapitalismus.32 Der Habituswechsel für kirchliches Handeln, der dabei ansteht, ist fundamental. „Statt nur eine Kirche zu sein, die mit offenen Türen aufnimmt und empfängt, versuchen wir, eine Kirche zu sein, die neue Wege findet, die fähig ist, aus sich heraus und zu denen zu gehen, die nicht zu ihr kommen.“33 So hat das Papst Franziskus formuliert. Zu jenen zu gehen, die nicht kommen, und sie zu fragen, was sie brauchen, das ist die Partizipation, die ansteht.

      Es ist eine existenzielle Partizipation, um die es geht. Genau genommen muss sie das Volk Gottes auch gar nicht lange suchen, denn es nimmt am Leben dieser Welt und dieser Zeit sowieso teil. Aber es muss diese Partizipation wollen, denn man kann sie verdrängen, als ob man auf einem anderen Stern leben würde. Wenn aber schon jene, die noch da sind, nicht interessieren, stirbt alle Hoffnung.

      1 Vgl. etwa: HENZE, Barbara: „Die Laien als Feinde der Kleriker von alters her“? Zur Geschichte der Beziehung zwischen Laien und Klerikern, in: Georg KRAUS (Hg.): Wozu noch Laien? Für das Miteinander in der Kirche, Frankfurt/M. 2001, S. 69-102; BURKARD, Dominik: Laien im Kirchenregiment, in: Michaela SOHN-KRONTHALER/Rudolf HÖFER (Hg.): Laien gestalten Kirche. Diskurse, Entwicklungen, Profile, Innsbruck u. a. 2009, S. 221-239. Zur aktuellen kirchenrechtlichen Situation der „Laien“ in der römisch-katholischen Kirche siehe einerseits die recht pessimistische Darstellung von BIER, Georg: Strukturen der Mitwirkung in der römisch-katholischen Kirche, München 2016 (hg. von DER KIRCHEN VOLKSBEWEGUNG), andererseits die deutlich optimistischere Sicht von DEMEL, Sabine: Zur Verantwortung berufen. Nagelproben des Laienapostolats, Freiburg/Br. 2009.

      2 Vgl. BURKARD, Laien im Kirchenregiment, S. 221.

      3 Vgl. WOLF, Hubert: Krypta. Unterdrückte Traditionen der Kirchengeschichte, München 2015, S. 45-59.

      4 HEIL, Christoph: Da ist weder Laie noch Kleriker, in: Michaela SOHN-KRONTHALER/Rudolf HÖFER (Hg.): Laien gestalten Kirche. Diskurse, Entwicklungen, Profile, Innsbruck u. a. 2009, S. 11-21, hier S. 21. Heil gibt den Konsens auch der katholischen neutestamentlichen Wissenschaft und Kirchengeschichtsschreibung wieder. Siehe etwa: SCHMELLER, Thomas/EBNER, Martin/HOPPE, Rudolf (Hg.): Neutestamentliche Ämtermodelle im Kontext, Freiburg/Br. u. a. 2010; HOFFMANN, Paul: Jesus von Nazareth und die Kirche, Stuttgart 2010; KÜGLER, Joachim: Jesus, der Kult und die Priester der Kirche, in: Wort und Antwort 46 (2005), S. 5-10.

      5 GIELEN, Marlies: Die Wahrnehmung gemeindlicher Leitungsfunktionen durch Frauen im Spiegel der Paulusbriefe, in: SCHMELLER/EBNER/HOPPE, Neutestamentliche Ämtermodelle, S. 129-165, hier S. 163.

      6 Ebd.

      7 UNTERBURGER, Klaus: „Woher kommen die Streitigkeiten unter euch?“ (Jak 4,1). Entstehung und Geschichte der heutigen innerkatholischen Polarisierungen, in: Theologisch-praktische Quartalschrift 164 (2016), S. 4-12.

      8 BURKARD, Laien im Kirchenregiment, S. 238.

      9 Ebd. S. 239.

      10 Vgl. PFLIEGLER, Michael: Pastoraltheologie, Freiburg/Br. u. a. 1962.

      11 MAY, Georg: Der Gehorsam der katholischen Christen im Laien- und Priesterstand, in: http://www.priesternetzwerk.net/gfx/pdf/GEHORSAM%20_Prof.May.pdf [Zugriff: 22.08.2014].

      12 Ebd. S. 7.

      13 Ebd. S. 2.

      14 Vgl. UNTERBURGER, „Woher kommen die Streitigkeiten unter euch?“, S. 6.

      15 PFLIEGLER, Pastoraltheologie, S. 96.

      16 HOFF, Johannes: Spiritualität und Sprachverlust. Theologie nach Foucault und Derrida, Paderborn u. a. 1999, СКАЧАТЬ