Wie lernt Kirche Partizipation. Группа авторов
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СКАЧАТЬ … wenn nichts bleibt, wie es war. Zur prekären Zukunft der katholischen Kirche, Würzburg 22012, S. 15-41.

      18 Vgl. WARD, Pete: Liquid Church, Peabody (Mass.) 2002; WARD, Pete: Participation and Mediation. A Practical Theology for the Liquid Church, London 2008.

      19 Siehe dazu jetzt die ungemein instruktive Meta-Studie POLLACK, Detlef/ROSTA, Gergely: Religion in der Moderne. Ein internationaler Vergleich, Frankfurt/M. 2015.

      20 Vgl. SIEBENROCK, Roman: Vom langen Schatten Konstantins. Zur Archäologie theologischer Imaginationen am Beispiel absolutistisch-monarchischer Vorstellungen, in: Rainer BUCHER (Hg.): Nach der Macht. Zur Lage der katholischen Kirche in Österreich, Innsbruck 2014, S. 75-97.

      21 Vgl. LOFFELD, Jan: Das andere Volk Gottes. Eine Pluralitätsherausforderung für die Pastoral, Würzburg 2011.

      22 Siehe dazu den instruktiven Überblick von SPIELBERG, Bernhard: Ein Beschluss unter Beschuss. Die Beteiligung der Laien an der Verkündigung – und was daraus geworden ist, in: Reinhard FEITER/Richard HARTMANN/Joachim SCHMIEDL (Hg.): Die Würzburger Synode. Die Texte neu gelesen, Freiburg/Br. u. a. 2013, S. 56-78.

      23 Vgl. BÖHNKE, Michael/SCHÜLLER, Thomas (Hg.): Gemeindeleitung durch Laien? Internationale Erfahrungen und Erkenntnisse, Regensburg 2011.

      24 WELZER, Harald: Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand, Frankfurt/M. 2013, S. 12f. Ich danke Hildegard Wustmans für den Hinweis auf dieses Buch und das Zitat.

      25 Evangelii Gaudium, Nr. 222-224.

      26 Ebd. Nr. 231-233.

      27 Vgl. BUCHER, Rainer: Communio. Zur Kritik einer pastoralen Projektionsformel, in: Ulrich FEESER-LICHTERFELD/Reinhard FEITER (Hg.): Dem Glauben Gestalt geben [FS für Walter Fürst], Münster 2006, S. 121-134.

      28 Siehe etwa FUCHS, Ottmar: Suche nach authentischen Erfahrungen. Volksbegehren zwischen völkischer Ideologie und volksbezogener Authentizität, in: „Wir sind Kirche“. Das Kirchenvolksbegehren in der Diskussion, Freiburg/Br. u. a. 1995, S. 101-110; BUCHER, Rainer: Hitlers Theologie, Würzburg 2008.

      29 VATTIMO, Gianni: Glauben – Philosophieren, Stuttgart 2007, S. 54.

      30 Vgl. die vielfältigen Analysen in: Jahrbuch für Christliche Sozialwissenschaften 55 (2014), Themenheft „Menschenrechte in der katholischen Kirche“.

      31 Vgl. BUDE, Heinz: Die Gesellschaft der Angst, Hamburg 2014.

      32 Vgl. BUCHER, Rainer: Wenn man nicht mehr wirklich gebraucht wird. Die Kirche(n) in Zeiten des hegemonialen Kapitalismus, in: Ulrike BECHMANN/Rainer BUCHER/Rainer KROCKAUER/Johann POCK (Hg.): Abfall, Münster 2015, S. 31-47.

      33 SPADARO, Antonio: Das Interview mit Papst Franziskus, Freiburg/Br. u. a. 2013, S. 49.

       Valentin Dessoy

       Partizipation und Leitung in der Kirche

      Der vorliegende Beitrag nähert sich dem Thema aus sozialwissenschaftlicher Sicht: Gefragt wird, wie Partizipation und Leitung bzw. Führung in der Kirche zusammenhängen, wie sie gestaltet werden können, um Zukunft unter den sich abzeichnenden Umweltbedingungen offen zu halten, und was getan werden kann, um die darin liegenden Chancen zu ergreifen. Es geht nicht normativ um Wahrheit, sondern pragmatisch um Wirkung, also um Relevanz.

      1. ZUM VERSTÄNDNIS VON PARTIZIPATION

      Partizipation kommt von lat. participio „teilnehmen lassen, etwas mit jemandem teilen, an etwas teilhaben“. Partizipation ist ein interaktiver Vorgang: Teil geben und Teil nehmen gehören zusammen. Im modernen Sprachgebrauch steht der Begriff für Beteiligung, Teilhabe, Mitsprache, Mitwirkung oder Mitbestimmung und ist eng mit der Idee von Emanzipation verknüpft. Im Kern wird der Begriff verwendet, um die Einbeziehung von Individuen und Gruppen in Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse zu beschreiben.

      Historisch reicht der Gedanke der Partizipation bis in die Zeit des Übergangs vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit zurück. Die Erfindung des modernen Buchdrucks durch Johannes Gutenberg ermöglichte die massenhafte Verbreitung von Schriften und eröffnete auf breiter Basis den Zugang zu Wissen und Information. Die veränderten Möglichkeiten der Kommunikation wurden zur Triebfeder für die Bildungsbewegung in der Renaissance und das Zeitalter der Aufklärung. In der humanistischen Tradition zielt Bildung auf Teilhabe („gleiche Bildung für alle“) und hat grundsätzlich emanzipatorischen Charakter (Ideal ist das „autonome Individuum“). Ausgelöst durch die sozialen Bewegungen und Umbrüche in den 1960er und 1970er Jahren wurden Emanzipation und Partizipation zu normativen Leitbegriffen im gesellschaftlichen Diskurs. Straßburger und Rieger1 beschreiben im Anschluss an Sherry R. Arnstein2 sechs Stufen der Partizipation auf dem Weg zu zivilgesellschaftlicher Eigenaktivität:

      (1) Informieren

      (2) Meinung erfragen

      (3) Lebensweltexpertise einholen

      (4) Mitbestimmung zulassen

      (5) Entscheidungskompetenz teilweise abgeben

      (6) Entscheidungsmacht übertragen.

      Arnstein definiert Partizipation normativ als Teilhabe an Entscheidungsmacht (Citizen Power). In diesem Sinne unterscheiden Straßburger und Rieger „Vorstufen“ (Stufen 1-3) von Formen „echter“ Partizipation (Stufen 4-6). Hier haben Menschen „eine rechtlich, formal oder konzeptionell abgesicherte und damit verbindliche Rolle im Entscheidungsprozess“3.

      In der psychologischen Forschung ist Partizipation kein explizites Thema. Dennoch gibt es interessante Hinweise auf psychologische Faktoren, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen. Menschen haben ein starkes Bedürfnis, ihre Umgebung aktiv mitzugestalten. Sie sind bestrebt, Zustände und Ereignisse in sich selbst und ihrer Umwelt kontrollieren zu können. Frey und Jonas4 sprechen in diesem Zusammenhang von „Kontrollmotivation“ Sie wird erlebt, wenn Dinge beeinflussbar (behavior control) oder vorhersagbar sind (information control), wenn damit verknüpfte negative Reize durch eine kognitive Strategie (Ablenkung, Sinnverleihung usw.) reduziert (cognitive control) bzw. einer Ursache zugeordnet werden können (retrospective control). Die wahrgenommene Einschränkung von Freiheitsgraden und Handlungsmöglichkeiten, also Kontrollverlust, wird dagegen als Beeinträchtigung (Stress) erlebt und führt im Sinne der Reaktanztheorie5 zu Widerstand und damit zu Stress im System oder aber – bei anhaltender Erfahrung von Kontrollverlust – nach Seligman zu „gelernter Hilflosigkeit“, zu ohnmächtiger Abhängigkeit, zu Resignation, innerer Kündigung und Burnout.6

      Im systemischen Diskurs ist Partizipation kein normativer, sondern ein beschreibender bzw. erklärender Begriff. Für Luhmann ist er gleichbedeutend mit Inklusion. Systeme entstehen durch Kommunikation, indem sich die Beteiligten wechselseitig beobachtend und aktiv selektierend auf bestimmte (relevante) Aspekte des Kontextes beziehen und diesen einen Sinn zuschreiben.7 Eine Information ist dann relevant, wenn sich der Kommunikationspartner darauf beziehen kann, wenn die Information in der Fülle der Umweltsignale wahrgenommen, mit Sinn versehen und zur Grundlage einer Anschlusskommunikation gemacht werden kann. Inklusion bezeichnet dann den Vorgang, dass Individuen (bzw. ihr Verhalten) systemrelevant werden.8 Partizipation schafft – systemisch betrachtet – die Rahmenbedingungen, damit Inklusion hergestellt werden kann. Das kann in unterschiedlicher Form geschehen, sei es, dass Personen(-gruppen) als Träger von Entscheidungen СКАЧАТЬ