Название: Rückkehr zu Gott
Автор: Jörg Gabriel
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Studien zur systematischen und spirituellen Theologie
isbn: 9783429060831
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Hoenen stellt zunächst die wichtigsten Momente in der Rezeption Taulers vor, die um 1403 bei dem Mystiker Gerlach Peters beginnt.151 Es folgen die Reaktionen auf Taulers Lehren in den Niederlanden im 16. Jahrhundert. Hoenen unterscheidet dabei zwischen der Kritik an der Mystik im Allgemeinen und der Kritik an Tauler selbst. Zur ersten Gruppe gehören der Jesuiten-Ordensgeneral Mercurian (1578/79), der Provinzial der belgischen Kapuziner Hippolytus von Bergamo (1594) und der Apostolische Vikar der holländischen Mission Sasbout Vosmer (1593), die das Lesen der Schriften von Tauler, Ruusbroec und anderer Autoren verbieten lassen wollen. Diese Verbote, so Hoenen, sollten verhindern, „dass sich auf der Basis der Werke Taulers, Russbroecs und anderer geistliche Spekulationen entwickeln konnten.“152 Die Verbote zeigen aber gerade auch, „dass Autoren wie Tauler einen ernstzunehmenden Einfluss hatten.“153 Die zweite Art der Kritik an Tauler ist Hoenen zufolge interessanter:
„In diesem Zusammenhang ist vor allem die Rolle zu betrachten, die Tauler im Glaubensstreit des 16. Jahrhunderts zufiel, wo er sowohl als Lutheraner ... wie auch als orthodoxer Katholik dargestellt wurde.“154
Ausgangspunkt ist die in der Auseinandersetzung mit Martin Luther geübte Kritik Johannes Ecks an Tauler (1523).155 Diesen Angriff nahm der Benediktinerabt Ludwig Blosius (+1566), der zu dem damals niederländischen Kloster Liessies im Hennegau gehörte, zum Anlass, eine Verteidigung Taulers zu schreiben.156 Im dritten Teil untersucht Hoenen, auf welche Weise Tauler von protestantischer Seite (ab 1588) rezipiert wurde.157 Er stellt fest, dass der „protestantische Tauler“ großen Veränderungen unterzogen worden ist. Nichts mehr erinnert den protestantischen Leser an die katholische Kirche. Dass der Leser jedoch „einen ganz anderen Tauler als den ursprünglichen zu Gesicht bekam, blieb unerwähnt.“158
Einen wichtigen Beitrag zur Geschichte der Textgrundlage von Taulers Predigten bietet die Arbeit von Johannes Gottfried Mayer159 (1999). Mayer untersucht die handschriftliche Überlieferung der Predigten Taulers des 14. Jahrhunderts bis zu den ersten Taulerdrucken. Laut Mayer lassen sich derzeitig vier Bearbeitungen in der Textgeschichte der Predigten Taulers ausmachen160: die Redaktion n, die sich in einer Nürnberger Handschrift (N1) erstmals 1435 greifen lässt; die Bearbeitung k aus der Mitte des 15. Jahrhunderts (früheste Textform bietet die Handschrift der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe, Cod. St. Blasien 75 (= Ka 1); sodann eine auf Kontamination zurückgehende Schrift, die man den ´Großen Tauler´ (= grt) nennt (Codex Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. Theol. et phil. fol. 283 (= St 4)); und schließlich eine Redaktion von mittelniederländischen und niederdeutschen Handschriften.161 Mayer stellt fest, dass all die genannten Überlieferungsformen (mit Ausnahme der niederländischen) der Redaktion n verpflichtet sind. Darüber hinaus geht der Text des n-Redaktors auch in die Drucküberlieferung ein. Die Textgestalt und die Auswahl der Predigten wurden also durch die Bearbeitung n bestimmt. Aus diesem Grund
„kann diese Redaktion in Analogie zur Überlieferung der Hl. Schrift mit einigem Recht als ‚Vulgata-Fassung‘ – also als die Textform, in welcher Tauler vornehmlich gelesen wurde – bezeichnet werden.“162
Die Handschriften N 1 (als ältester Textzeuge der Redaktion n) und St 4 gelten als historische Ausgangspunkte umfangreicher Überlieferungszweige, deren Geschichte und Traditionen Mayer bis zu den ersten Taulerdrucken nachzeichnet.163
Wichtig für Taulers Beziehung zu Meister Eckhart sind die Arbeiten von Caroline F. Mösch164 (2006) und Christine Büchner (2007)165. Mösch untersucht in ihrer Arbeit Meister Eckharts Predigtzyklus Von der êwigen geburt166 sowie Johannes Taulers Predigten zum Weihnachtsfestkreis167. Dabei werden auch die Traditionsbezüge und die Paralellen zu den literarischen Zeugnissen des 13. und 14. Jahrhunderts aufgezeigt. Im dritten Teil der Arbeit werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Predigerbrüder herausgearbeitet, in der Predigtweise168, sodann in der Redeweise von der Gottesgeburt in der Seele169, vom Wirken Gottes im Menschen170, vom Leersein von allen kreatürlichen Eigenschaften und schließlich in der Auffassung der Gnade.171 Mösch untersucht und interpretiert zwar nur einen kleinen Werkausschnitt – Möschs Untersuchungsergebnisse werden in diese Arbeit einfließen –, doch bestätigt sich dabei die von der Forschung propagierte inhaltliche Nähe und Übereinstimmung zu Meister Eckhart:
„Die dargelegten Berührungspunkte mit Eckharts Predigtzyklus Von der êwigen geburt legen eine Kenntnis Taulers dieser Predigten nahe. Obwohl sich in Taulers Predigten zum Weihnachtsfestkreis (wie auch in seinen übrigen Predigten) kein einziges Zitat mit einem Rekurs auf Meister Eckhart findet, zeigen sich auffallend inhaltliche Übereinstimmungen, die vereinzelt sogar in der Terminologie identisch sind oder nur leicht variieren, so dass davon ausgegangen werden kann, dass einzelne Predigten Eckharts – und darunter vor allem die Predigten 101 - 104 – Tauler als Vorlage und Inspiration seiner eigenen Predigten, insbesondere seiner Predigten zum Weihnachtsfestkreis, dienten.“172
Darüber hinaus zeigen sich in den von ihr untersuchten Taulerpredigten vor allem deutliche Übereinstimmungen mit Bernhard von Clairvaux173 und mit dem Neuplatonismus, den Tauler durch Dionysios Pseudo-Areopagita, Albert den Großen, Meister Eckhart und Berthold von Moosburg kennenlernte.174 Aus Möschs Arbeit geht allerdings auch hervor, dass Tauler den Gedanken seiner theologischen bzw. philosophischen Autoritäten nur bis zu einem bestimmten Punkt folgt, dann aber eigene Wege geht.
Dies verdeutlicht Christine Büchner in ihrer Arbeit. Sie behandelt Johannes Tauler und Heinrich Seuse als Eckhart-Ausleger.175 Am Beispiel von Eckharts Denken der Einheit von Gott und Mensch zeigt sie, wie Tauler bzw. Seuse Eckharts Hauptgedanken rezipierten, aber auch veränderten.176 Büchner zufolge liegt die Originalität Taulers im Gegensatz zu Meister Eckhart „in der konkreten und detaillierten Praxisbezogenheit.“177 Büchner resümiert:
„Taulers Überlegungen zu dem, was der Mensch ist und was er bei Gott sein soll, geht ganz in Eckharts Richtung: Die Wirklichkeit Gottes und das Ziel des Menschen ist eine Wirklichkeit der Selbstlosigkeit. Doch während Eckhart diesen Satz ontologisch verstehen würde, als Bezeichnung der Tiefe der Wirklichkeit, in der keiner mehr sich selbst ausschließlich zu eigen ist und nichts ihm fremd, nimmt Tauler ihn psychologisch-moralisch: Selbstloses Verhalten, Liebe zum Nächsten wird zum Prüfstein für die Beugung unter den Willen Gottes.“178
Beide Untersuchungen konstatieren Taulers inhaltliche Nähe zu und Übereinstimmung mit Meister Eckhart in vielen Punkten.179 Es wird jedoch auch deutlich, dass Tauler das Denken seiner theologischen und philosophischen Autoritäten ganz in den Dienst der Verkündigung stellt und Neuakzentuierungen vornimmt, wenn sie ihm nötig erscheinen. Abschließend sei noch auf die von Eugen Rucker180 (2005) herausgegebene, nach Themen geordnete Auswahl von Taulerpredigten hingewiesen. Neben einer Einleitung zu Taulers Mystagogie181 bietet das Buch auch eine ausführliche Inhaltsangabe des „Meisterbuches“.182 Schließlich bietet auch die Dominikanerin Suzanne Eck183 (2006) eine gute „Hinführung“ in die Predigten Johannes Taulers.
88 Zur älteren Taulerforschung siehe Fischer 1931, 9 – 12, 17 – 35, 64 – 97. Vgl. Helander 1923, 31 – 41 (Literaturliste: 5 – 16); Zekorn 1993, 2 – 16.
89 Neander, Michael: Theologia Bernhardi et Tauleri, Witebergae 1584.
90 Vgl. Helander 1923, 31.
91 Glaser, Peter: Tauleri Christliche СКАЧАТЬ