Wiener Hochzeitsmord. Michael Ritter
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Название: Wiener Hochzeitsmord

Автор: Michael Ritter

Издательство: Автор

Жанр: Исторические детективы

Серия:

isbn: 9783839270127

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СКАЧАТЬ sah ihn mit einem milden Gesichtsausdruck an. Es war dem Verhältnis der beiden Männer zu verdanken, dass sie ihrem Onkel nicht oft im Leben begegnet war. Aber jedes Mal hatte er sich als ihr sehr zugewandter Mensch erwiesen.

      »Dein Mann – dein zukünftiger Mann«, er grinste und blickte aus den Augenwinkeln zu Dr. Otto Fried hinüber, »ist ein großartiger Mensch. Als ich ihn damals bei eurer Verlobung kennenlernen durfte, war mir das sofort klar. Du hast eine gute Wahl getroffen, meine Kleine, und er noch viel mehr!«

      Amalia ließ sich von ihrem Onkel in den Arm nehmen. Er roch nach Seife und einem dezenten Eau de Toilette.

      »Es ist so weit!«, rief Wilhelm keuchend, der mit lauten Schritten die Stufen heruntergetrampelt kam.

      Er trug den Talar und das strahlend weiße Rochett des Ministranten. Wild gestikulierend bedeutete er den dreien, ihm zu folgen.

      »Na dann …«, sagte Dr. Albert Fried, nickte seinem Bruder zu, zwinkerte in Richtung Amalia.

      Er folgte Wilhelm hinauf in die Kapelle. Dr. Fried und Amalia machten sich bereit, würdig und feierlich die Stufen hinaufzusteigen. Es waren die letzten Minuten, die letzten Sekunden, in denen Dr. Frieds Leben noch das alte war. So kann man den Wandel in Zahlen fassen, dachte er sich, als sie am Fuß der Treppe Position bezogen, fünfzehn Stufen, zehn Stufen, noch fünf Stufen – zehn Sekunden, neun, acht … Amalia hatte sich bei ihm eingehakt, diesmal befand sich das Brautsträußchen zwischen ihnen wie ein verbindender großer Knopf.

      Schwerer Atem war plötzlich draußen vor dem Haustor zu hören. Dr. Fried wollte gerade die erste Stufe mit seiner Tochter nehmen, als sich ein schmaler Kopf und ein schweißglänzendes Gesicht zur Tür hereinschoben. Der Mann trug einen abgewetzten Filzzylinder, sein festlicher Anzug wirkte, als wäre er ihm wenigstens eine Nummer zu groß.

      »Tut mir leid, ich bin wohl zu spät«, sagte der Mann schweratmend.

      Amalia fiel ihm um den Hals, während er aus dem Hosensack ein weißes Taschentuch hervorfingerte und sich umständlich das Gesicht abwischte.

      »Onkel Novi!«, rief Amalia freudig aus.

      »Tut mir leid, Herr Doktor«, flüsterte der Novak in Richtung Dr. Fried, während die junge Frau seinen Hals umklammerte.

      »Gehen S’ schnell rauf, Novak«, wies ihn Dr. Fried freundlich an. »Suchen S’ sich einen Platz, es geht gleich los.«

      Wie als Kommando erklang die Orgel von oben herunter und spielte etwas unsicher den Hochzeitsmarsch von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Der Novak stieg schnell die Treppe hinauf, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, und verschwand um die Ecke. Dr. Fried war verwundert, dass sein Assistent die Treppe auf so sportliche Weise bewältigte, aber ihm war in der letzten Zeit schon aufgefallen, dass dessen beeinträchtigtes Knie sich stärker belasten ließ als früher. Nun würde er also gleich schnellen Schrittes in die Kapelle hineinstürmen. Die Hochzeitsgäste würden sich wundern, dass er es war, der zu den musikalischen Klängen in die Kapelle trat, dachte sich Dr. Fried. Ja, er fühlte sich heiter und leicht.

      »Gehen wir!«, forderte er seine Tochter auf und sie hakte sich erneut bei ihm unter.

      Mendelssohn-Bartholdy beflügelte ihn. Er konnte sich nicht mehr erinnern, in welcher Stimmung er damals gewesen war, als er seine Frau diese Stufen nach oben geführt hatte. Sicher nicht so locker wie heute. Dabei veränderte auch dieser Tag sein Leben grundlegend, so wie es damals gewesen war. Die Stanislauskapelle schien ein Ort zu sein, der immer wieder massiv in seinen Lebenslauf eingriff.

      Maximilian Ritter von Becker stand vor dem Altar, der weit geöffneten schmalen Tür zugewandt, durch die Dr. Fried und Fräulein Dr. Amalia Wilhelmina Fried vor die Festgäste und vor Gott traten. Dr. Fried übergab seine Tochter dem jungen Mann, nickte ihm ernsthaft zu und gesellte sich zu den anderen, die sich in verschiedenen Reihen platziert hatten. Der Novak saß ganz hinten, alleine in der letzten Reihe, schüchtern und in sich zusammengesunken, immer noch das Gesicht mit dem Taschentuch wischend, vor der mobilen Orgel, deren Pfeifen ihm ziemlich laut in die Ohren bliesen. Seinen abgelebten Zylinder hatte er auf den Stuhl neben sich abgelegt.

      Dr. Fried nahm in der ersten Reihe Platz, neben der Bräutigammutter, der die Rührung des Augenblicks anzusehen und am schniefenden Atem anzuhören war. Die Brautjungfern saßen am äußersten Ende der Reihe. Und dann trat Pater Anzelm auf.

      Es war wirklich ein Auftritt. Er hatte ein prachtvolles Ornat angelegt, viele Goldfäden waren hier eingearbeitet worden. Er kam durch einen kleinen Durchgang rechts neben dem Altarbereich, der von der restlichen Gemeinde durch eine hüfthohe schmiedeeiserne Begrenzung abgetrennt war. Das doppelflügelige Türchen in der Mitte stand offen, davor zwei gepolsterte Stühle und die Gebetsbank für die zu Trauenden. Wilhelm folgte als Ministrant dem Priester und vermied jeden Blickkontakt mit den Hochzeitsgästen. Dr. Fried bemerkte die alte Frau in dem Raum hinter der Kapelle, der als Sakristei diente. Schnell schloss sie die Tür und die Hochzeitsgesellschaft war für sich allein, konzentriert auf das Geschehen vorne vor dem Altar.

      Pater Anzelm machte das Zeichen, dass alle sich erheben mögen, und sprach in die Bekreuzigungen der Gäste hinein die ersten Worte: »Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.«

      Viertes Kapitel:

      29. Juni, nachmittags

      In der Bierklinik servierte man traditionelle Wiener Küche. Dr. Fried wäre es im Traum nicht eingefallen, irgendein exotisches Lokal, eines von diesen Mode-Restaurants, für die Hochzeitsfeier in Betracht zu ziehen. Bodenständiges Essen galt ihm als die Krönung des Tages, als das Tüpfelchen auf dem i.

      Die Kellner sausten durch die verschiedenen Stuben des Lokals. Sie trugen einheitlich schwarze Hosen und weiße Hemden und hatten lange schwarze Schürzen um die Hüften gebunden. Die Gäste waren an diesem Samstag wohl eher aus der Nachbarschaft zusammengesetzt. Arbeiter und Büromitarbeiter waren keine zu sehen. Die Baustelle gegenüber ruhte seit ein paar Tagen, worüber Dr. Fried sehr froh war. Keine lästigen Geräusche, kein Lärm, der die Zeremonie stören konnte.

      Pater Anzelm hatte seinen Part perfekt gespielt. Sicher, für ihn war es kein Spiel, sondern ein hochheiliger Akt, ein Sakrament, das sich die beiden Eheleute gegenseitig gaben unter seiner Leitung. Nur seine Predigt war Dr. Fried etwas zu moralisierend gewesen, aber was sollte er von einem katholischen Priester anderes erwarten.

      Max Becker war ihm nervöser erschienen als ursprünglich gedacht. Hatte er noch heiter und mit einem von innen herausleuchtenden Lächeln Amalia aus der Hand des Brautvaters entgegengenommen, so war seine Miene, seine ganze Körpersprache mit einem Schlag gehemmter gewesen, als der Priester auftrat. Ja, so war das, wenn man dem Ernst des Lebens real ins Antlitz blickte …

      »Im Hof! Im Hof!«, rief der Oberkellner dem langsam sich hereinschleichenden Brautvater zu.

      Dr. Fried hatte – als Gastgeber – als Erster die Kapelle verlassen, während alle anderen sich in die Arme fielen und zum Teil unter Tränen Gratulationen und beste Wünsche zum Ausdruck brachten. Mit einem Seitenblick in die Sakristei hatte Dr. Fried beim Hinausgehen bemerkt, wie die alte Frau und Pater Anzelm über das Körbchen gebeugt standen und die Scheine und Münzen zählten, die die Frau während der Kollekte eingesammelt hatte.

      Es waren nicht einmal hundert Meter, die die Bierklinik von der Stanislauskapelle trennten. Und über diese kurze Distanz zog sich die Hochzeitsgesellschaft wie ein unendlich ausgedehnter Strudelteig.

      Zuallererst also Dr. Fried. Er wollte die Gäste in СКАЧАТЬ