Unsterblich?!. Werner Huemer
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Название: Unsterblich?!

Автор: Werner Huemer

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная психология

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isbn: 9783831257591

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      Winter … Ruhe … Rückzug – aber wohin?

      Wenn im Alter die Belastungsfähigkeit des Körpers abnimmt, die Motivation für kräfteraubende Abenteuer nachlässt oder die gewohnten Leistungen schlicht und einfach nicht mehr erbracht werden können, dann mag das dazu anregen, den Fokus von der Außenwelt mehr auf die Innenwelt zu verlagern. Emotionale Eruptionen könnten größerer Gelassenheit weichen, die gewohnte fiebernde Geschäftigkeit einer ungewohnten, aber letztlich vielleicht doch wohltuenden Entspannung. Neue Räume könnten sich auftun für die Sehnsucht nach unvergänglichen Werten und Lebensnähe. Und nicht zuletzt könnte der „Ruf des Alters“ zu einer vielleicht längst überfälligen Erkenntnis locken: Dass sich der Wert des Menschen nicht unbedingt im äußeren Erfolg zeigt, auch nicht in körperlicher Schönheit, sondern schlicht in der Art, wie er sein „nacktes Leben“ lebt.

      Alles in allem ist das Altern natürlich „eine Zumutung“. Damit hatte der große Humorist Vicco von Bülow alias Loriot ohne Zweifel recht.

      Aber sollte die Weisheit der Natur tatsächlich nicht nur die Arterhaltung des Homo sapiens fördern, sondern gleichermaßen dessen individuelle geistige Weiterentwicklung, dann könnte es sich bei dem Erlebnis-Konzept „Alters-Phlegmatismus“ um eine durchaus angemessene Zumutung handeln. Um die liebevolle Einladung, die Schönheit aller Lebens-Jahreszeiten zu verinnerlichen.

      Was, bitte, soll am Alter schön sein? Ich habe Rückenschmerzen und Knieprobleme, das Leben erscheint mir im Rückblick verd…ächtig kurz, und ich bin jetzt selbst der vorsichtig über die Straße schleichende Opi, den ich früher als genervter, drängelnder Autofahrer in den Himmel gewünscht hätte. Oder woanders hin.

      Exkurs abgeschlossen. Wir kehren aus dem Reich des SonntagsSchöngeistigen zurück in die reale Welt, wo Anti-Aging-Konzepte den verbreiteten Jugendwahn bedienen und wo die Überzeugung lebt, dass eine weit fortgeschrittene medizinische Forschung irgendwann das Alter und den Tod überwunden haben wird. In der nüchternen Wirklichkeit des 21. Jahrhunderts sucht der Mensch die Unsterblichkeit nicht mehr in ungewissen seelisch-geistigen Dimensionen. Sie muss „machbar“ sein.

      Aber es sollte auch gestattet sein, diese vom Rationalismus geprägte Haltung kritisch zu betrachten. Denn der heute übliche Blickwinkel ist mit großer Wahrscheinlichkeit noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Und gerade in der Frage nach dem ewigen Leben könnte es gut tun, ein wenig über den Tellerrand hinaus zu schauen.

      Allerdings ist es anspruchsvoll, das allgemein akzeptierte Weltbild zu hinterfragen. Denn die „kollektiven Gedankenformen“, wie die Berliner Philosophin Nathalie Knapp die in einer Gesellschaft übliche Art des Denkens und Schlussfolgerns bezeichnet, prägen auch unsere Einschätzung dahingehend, ob etwas „denkbar“ ist oder von vornherein als Humbug eingestuft wird.

      Heute hat die Naturwissenschaft, etwas überspitzt formuliert, den Status einer Religion. An sie glauben auch Menschen, die selbst weder wissenschaftlich noch logisch denken. Recht plakativ zeigen das zum Beispiel Werbekonzepte: Der seriöse Forscher im sauberen, weißen Mantel oder das sterile Chemielabor funktionieren seit Jahrzehnten als attraktive „Garanten für Wahrheit“. Denn die breite Allgemeinheit schätzt den unbestechlichen Überblick des gelehrten Forschers und vertraut sich gern seiner Weisheit an.

      Konfessionelle Lehren werden indes kaum noch als bedeutend erachtet, sofern es um die Ergründung des Weltgetriebes geht. Die Kirchen und ihre Vertreter sind für gemütvolle Zeremonien gefragt, aber doch bitte nicht mehr als Erkenntnisquellen!

      Und in der naturwissenschaftlichen Lesart ist „die Welt“ das sichtbare Universum, in welchem auf einem kleinen blauen Planeten vor 2 Millionen Jahren zufällig der Mensch entstand – ein Lebewesen mit der Intelligenz, dort einzugreifen, wo die Evolution schwächelt. Wenn also die Natur nicht dafür gesorgt hat, dass wir unsterblich sind, dann werden wir eben selbst dieses Manko beheben!

      Vor wenigen Hundert Jahren stellte sich die Welt dem Menschen unvergleichlich anders dar: als Schöpfung Gottes. Unsterblichkeit erfahren zu können, war damals eine Selbstverständlichkeit. Der Gläubige hatte die Gewissheit, sie als Geschöpf des Herrn einst im jenseitigen „Reich Gottes“ zu erfahren.

      An dieser Stelle lohnt sich ein Seitenblick zurück in die Geschichte.

      Der Kulturhistorikerin Anna Bergmann folgend, kam der radikale Sinneswandel, der sich in den vergangenen Jahrhunderten vollzog und vom Glauben zum Wissen führte, nicht aus heiterem Himmel.

      In ihrem lesenswerten Buch „Der entseelte Patient“ begründet sie ihre Überzeugung, dass dafür letztlich „die verheerenden Wetter-, Hunger- und Seuchenkatastrophen“ ausschlaggebend waren, die im 14. und vor allem auch 17. Jahrhundert „weit mehr Opfer als militärische Konflikte“ forderten. Diese Ereignisse – angefangen von der „Kleinen Eiszeit“ ab Ende des 13. Jahrhunderts bis hin zur Pest im 17. Jahrhundert – erschütterten den naiven Glauben des Menschen nachhaltig. Und sie drängten ihn dazu, Möglichkeiten zu finden, „eine Resistenz gegen die am eigenen Leib durch Krankheit, Altern und vor allem den Tod erfahrene Verwundbarkeit erzeugen zu können.“

      Auf dieser Grundlage einer Wechselbeziehung zwischen Natur- und Kulturgeschichte etablierte sich nach und nach das menschliche Konzept der Naturbeherrschung: „Das Interesse an einer Enträtselung des als Werk Gottes verstandenen ‚Buches der Natur‘ richtete sich gezielt auf eine Suche nach Methoden ihrer menschlichen Manipulierbarkeit, um letztlich eine von Gott unabhängige Sicherheit durch menschliches Handeln gewinnen zu können“, formuliert die Autorin. So soll der medizinische Fortschritt in eine Welt führen, „in der körperliches Leid und menschliche Sterblichkeit in ihre Schranken verwiesen sind, in der wir uns vor dem Tod immer mehr geschützt meinen“.

      In unserer modernen Wahrnehmung sei der Tod also, meint Anna Bergmann, „zu einem klinisch besiegbaren Phänomen degeneriert“. Der moderne Mensch gehe davon aus, dass die „physiologische Katastrophe“ grundsätzlich „ärztlich verhinderbar ist“.

      Die heute weit verbreitete Auffassung, den Kampf gegen den Tod durch Wissenschaft und Forschung gewinnen zu können, entwickelte sich schrittweise – wobei sich, wie die Kulturhistorikerin formuliert, „seit der Renaissance eine neuartige Allianz zwischen Obrigkeit, Wissenschaft und christlicher Religion“ formierte. Und im Zentrum dieses Bundes tobten durch die Jahrhunderte Kampf und Gewalt.

      Üblicherweise wird der große geistesgeschichtliche Fortschritt der Menschheit am Beginn der Neuzeit damit beschrieben, dass an die Stelle des blinden Glaubens an religiöse Überlieferungen und Traditionen die „Frage an die Natur“ trat. Die Wahrheit, also die Übereinstimmung einer Theorie mit der Wirklichkeit, sollte durch das Experiment herausgefunden werden. Heute erscheint dieser Ansatz vernünftig und sachlich.

      Wer allerdings dem englischen Staatsmann und Philosophen Francis Bacon (1561–1626) folgt, der neben Leonardo da Vinci (1452–1519) als Vater des experimentellen Erkennens gilt, gewinnt einen anderen Eindruck.

      Bacons Credo war definitiv die Beherrschung und Unterwerfung der Natur. Er wollte sie im Sinne einer inquisitorischen Befragung („inquisition of causes“) zum Sprechen bringen. Ein Ansatz, der nicht zufällig an die „peinliche Befragung“ (also die Folterung) erinnert, der in dieser Zeit vermeintliche Hexen unterzogen wurden, um ihnen „die Wahrheit“ abzuringen. Bacon war als Generalstaatsanwalt des Königs auch selbst mit der Hexenverfolgung befasst.

      Bei kritischer Betrachtung der СКАЧАТЬ