Название: Unsterblich?!
Автор: Werner Huemer
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
isbn: 9783831257591
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Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass es gelingt, die Mechanismen des Alterns zu durchschauen. Warum wir altern und was dabei genau geschieht, konnte nämlich bis heute nicht endgültig geklärt werden.
Fest steht, dass die Entwicklung des menschlichen Körpers im Alter von etwa 20 Jahren ihren Höhepunkt erreicht. Der Organismus ist dann voll ausgereift und kann etwa zehn Jahre lang das Maximum seiner Leistungsfähigkeit behalten.
Danach weist die Kurve der „Lebenskraft“ immer weiter nach unten: Die Muskeln verlieren mehr und mehr Zellen, die Haut wird schlaffer und faltiger, die Augenlinsen werden unelastischer, der Körper lagert vermehrt Fett ein, die Atemkapazität nimmt ab, ebenso die Leistung des Herzens. Gewebe, Organe und Organsysteme zeigen Verschleiß- und Vergiftungserscheinungen. Aber weshalb das alles? Führen äußere Einflüsse dazu? Wo tickt die biologische Uhr in uns? Gibt es ein genetisches Programm, das den Tod der Körperzellen vorsieht? Oder die zunehmende Beschränkung der Regenerationsfähigkeit? Weshalb reicht diese Fähigkeit zwar bis ins hohe Alter zum Überleben (etwa, wenn Wunden heilen), aber schon viel früher nicht mehr für ein optimales Funktionieren aller Organe?
Will man Naturgegebenheiten lenken, muss man sich einen Zugang zu deren Funktionsprinzipien erschließen, klar. Aber wo liegt in diesem Fall der Schlüssel?
Versuche mit Fadenwürmern, die in Kalifornien (USA) durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass diese Tiere, die üblicherweise nur zwei Wochen lang leben, mit einem veränderten Gen plötzlich doppelt so alt wurden – und das unter wesentlich besseren Umständen. Sie alterten deutlich langsamer. Es war so, als würde sich ein 90-jähriger Mensch wie ein 45-jähriger bewegen.
Die langlebigen Fadenwürmer hatten einen anderen Hormonhaushalt, weniger Insulin im Blut. Das zeigte sich als zentraler Unterschied zu den kurzlebigen. Insulin regelt die Neubildung von Zellen. Kann man daraus schließen, dass auch Menschen bei verändertem Insulinhaushalt langsamer altern? Untersuchungen von Familien, deren Mitglieder besonders alt werden, weisen darauf hin. Und es scheint diesbezüglich auch Zusammenhänge zwischen der Ernährung (unter anderem geht es hierbei um den Kohlehydrate- sowie Zuckerkonsum) und der Lebensdauer zu geben.
Für eine weitere Entdeckung, die kürzlich die Alterungsforschung beflügelte, sorgte ein kleines Süßwassertierchen, „Hydra“ genannt. Erstaunlicherweise, so fanden Biologen heraus, gibt es bei den Hydren offenbar keinen Alterungsprozess. Die Tiere bleiben gleichermaßen vital und sterben nicht. Ein Geheimnis liegt darin, dass außerordentlich viele Zellen im Körper dieses Tierchens Stammzellencharakter haben. Stammzellen können sich immer wieder teilen. Aus ihnen können entweder Tochterzellen entstehen, die abermals Stammzellencharakter besitzen, oder auch normale Körperzellen. Bei den Hydren sorgen die Stammzellen dafür, dass sich die Tiere im 30-Tage-Rhythmus komplett erneuern.
Bei uns Menschen werden die Stammzellen auch im Alter noch aktiv, sobald irgend etwas repariert werden soll. Dieser Effekt wird bereits medizinisch genutzt. Es gab schon erfolgreiche Herzoperationen, bei denen Patienten eigens gezüchtete Stammzellen in den Herzmuskel injiziert wurden. Die Organfunktion verbesserte sich dadurch dramatisch. Manche Forscher träumen nun sogar davon, mit Hilfe von Stammzellen, die ja Körperzellen produzieren können, komplette Herzen nachwachsen zu lassen.
Interessanterweise fand man jenes Gen – „FoxO“ genannt –, das im Süßwassertierchen „Hydra“ das Altern verhindert, auch im menschlichen Erbgut. Es steuert den Energiehaushalt der Zellen. Und es ist, wie Studien gezeigt haben, in der DNA von Greisen besonders aktiv. Daneben wurden noch drei weitere Gene gefunden, die für die Langlebigkeit eine Rolle spielen könnten. Vermutlich gibt es noch viel mehr. Sie alle zusammen genommen dürften aber nur zu etwa einem Drittel für das Alter maßgeblich sein, das ein Mensch erreichen kann. Überwiegend ausschlaggebend sind nach aktuellem Forschungsstand die Lebensumstände und die Lebensführung.
Dennoch rückt auf Grund solcher Erkenntnisse die „Pille gegen das Altern“ wohl näher. Josef M. Gaßner beispielsweise, den ich zum Anlass der Veröffentlichung seines Buches „Urknall, Weltall und das Leben“ interviewt habe, glaubt, dass Lebensverlängerung künftig „ein ganz großes Thema“ wird und diesbezüglich viele Entwicklungen zu erwarten seien. Denn die Aussicht, irgendwann einmal nicht mehr sterben zu müssen, sei ein wirklich relevantes Zukunftsthema – viel wichtiger als alle künftig womöglich zu erwartenden technischen Entwicklungen. Allerdings stünden wir heute – immerhin sei ja erst vor wenigen Jahrzehnten das Grundkonzept der DNA entschlüsselt worden – diesbezüglich erst am Anfang. Denn die Medizin arbeite noch überwiegend auf der Grundlage von empirischem Wissen. „Es fehlt in diesem Bereich ein Newton oder Einstein, der eine wirklich umfassende Theorie entwickelt“, befindet Gaßner.
Der in vielen Fachbereichen versierte Wissenschaftler spricht damit das Problem an, dass wir die Komplexität, in der sich lebendige Organismen zeigen, noch nicht annähernd verstehen. In der Medizin werden mit Hilfe von Studien an Patienten oder in Laborversuchen zwar Erfahrungsdaten gesammelt, auf Grund derer man angeben kann, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Medikament wirkt, aber es gibt keine wissenschaftliche Grundlage, die eindeutige Wenn-Dann-Schlüsse beschreibt. „Wenn wir beide zum Arzt gehen und etwas verordnet bekommen, dann weiß der, dass es mit 80 Prozent Wahrscheinlichkeit helfen wird. Aber der Arzt weiß nicht zuverlässig, warum und bei wem es helfen wird und bei wem nicht. In diesem Bereich bewegen wir uns in der Medizin.“
Von einem umfassenden Verständnis des Alterungs- und Sterbeprozesses, das verdeutlichen könnte, „welche Programme dabei ein- und ausgeschaltet werden“ sei die Wissenschaft deshalb „noch ein gutes Stück weit entfernt“. Und es sei auch absehbar, dass wir auf dem Weg zum Erkennen „vor große ethische und moralische Fragen gestellt“ werden, meint Gaßner. „Das wird extrem spannend!“
Derzeit lautet das Motto der medizinischen Forschung jedenfalls: „Das Alter bekämpfen heißt Krankheiten bekämpfen.“ Wenn es gelingt, die Regenerationsfähigkeit des Körpers zu verbessern und zentrale Probleme des Alterns zu lösen (voran die DemenzErkrankungen; etwa ein Drittel der 90-jährigen leidet an einer Demenz), dann würde damit gleichzeitig das menschliche Leben sinnvoll verlängert.
Der Traum von der Unsterblichkeit bliebe allerdings wohl auch dann unerfüllt, wenn wir das Altern weiter und weiter hinauszögern könnten und es gelänge, die damit einher gehenden sozialen Fragen zu lösen. Denn das Lebewesen Mensch ist, medizinisch und biologisch betrachtet, mit großer Wahrscheinlichkeit ein Sterbewesen.
Von der Schönheit der Jahreszeiten
Natürlich kann man das Menschsein auch anders betrachten. Nicht wissenschaftlich, sondern menschlich. Nicht objektiv von außen, sondern aus der Ich-Perspektive. Rein subjektiv also.
Aus diesem Blickwinkel erscheint das Altern nicht mehr unbedingt als grobe Nachlässigkeit einer „kaltblütigen“ Natur, die sich zweckorientiert nur um die Arterhaltung kümmert. Denn neben der körperlichen Entwicklung, die ja schon im ersten Lebensdrittel ihren Höhepunkt erreicht, gibt es ja auch noch die geistige. Und zwar weitgehend unabhängig davon. In meinem Wissen, auch in meiner Menschlichkeit, im Gemüt, kann ich mich noch weiter entwickeln, auch wenn mein Körper schon alt und gebrechlich ist.
Es gibt eine schöne Analogie zwischen den Abschnitten im Leben eines Menschen, den unterschiedlichen Temperamenten und den vier Jahreszeiten. Die Kindheit, das sonnige, offene, unbeschwerte Leben im Moment, lässt sich dem sanguinischen Temperament zuordnen; die von großen Lebensträumen geprägte Jugendzeit dem melancholischen; die Tatkraft des Erwachsenenalters dem cholerischen Temperament und die passivere, besonnene Zeit des Alters dem phlegmatischen. Frühling, Sommer, Herbst und Winter im Leben des Menschen: Ungestümes Erwachen und Erleben des Augenblicks … drängendes Reifen und volle Entwicklung der persönlichen Fähigkeiten … danach СКАЧАТЬ