Название: Selbstgespräche
Автор: Charles Fernyhough
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
isbn: 9783831269525
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Diese Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass das Erinnern kein Sonderfall ist. Im Gegenteil, sobald Kinder den Dreh heraushaben, Wörter für ihr Denken zu nutzen, beginnt dies andere Aspekte ihrer Kognition zu beeinflussen.
Eine weitere Möglichkeit, diese Frage zu beantworten, besteht in der Beobachtung, ob eine Einmischung in die innere Sprache von Kindern deren Leistung verschlechtert. Nur wenn Kinder sich auf verbales Denken verlassen, um die Aufgabe zu lösen, so heißt es, kann man erwarten, einen Effekt durch die Störung zu beobachten. Meine Doktorandin Jane Lidstone machte sich daran, dies zu untersuchen, indem sie eine Methode zur Verhinderung der inneren Sprache einsetzte, die als artikulatorische Unterdrückung60 bezeichnet wird und die laute Wiederholung eines harmlosen Wortes (wie zum Beispiel Schaukel) während der Dauer der Untersuchung beinhaltet.
Die Hypothese besagt, dass die artikulatorische Unterdrückung die Komponente der phonologischen Schleife im Arbeitsgedächtnis blockiert, die für die Bildung der inneren Sprache als entscheidend gilt. Es ist eine nützliche Methode, um zu untersuchen, wie sehr Menschen sich unter bestimmten Umständen auf die innere Sprache verlassen, wenn man Teilnehmer auffordert, die artikulatorische Unterdrückung einzusetzen, während sie eine kognitive Aufgabe zu lösen haben, und dann misst, wie dies ihre Leistung bei dieser Hauptaufgabe beeinflusst. Wenn wir die innere Sprache schon nicht direkt messen können, so besteht eine Möglichkeit, ihre Funktion indirekt zu untersuchen, darin, fundierte Vermutungen anzustellen, wann sie in Erscheinung treten könnte – und dann zu sehen, was passiert, wenn wir versuchen, sie zu blockieren.
Jane wählte die Tower-von-London-Aufgabe, weil sie als klassische Planungsaufgabe gilt, und das Planen soll (zusammen mit anderen sogenannten »exekutiven« Funktionen) eine besonders wichtige Rolle für die auf sich selbst bezogene Sprache spielen. Jane wollte feststellen, ob Kinder, die im Allgemeinen mehr selbstregulatorische private Sprache nutzten, beim Tower von London schlechter abschneiden würden, wenn sie während der Aufgabenlösung nicht mit sich selbst sprechen konnten. Jane nutzte die standardisierte artikulatorische Unterdrückung und forderte die Kinder auf, ein Wort laut für sich zu wiederholen, während sie die Aufgabe lösten. Sie wurden gebeten, sich vorzustellen, wie sie die Bälle in ihrem Kopf hin und her bewegten und der Versuchsleiterin zu sagen, mit wie vielen Zügen sie meinten, die Aufgabe lösen zu können. Dann wurden sie aufgefordert, ihre Lösung zu demonstrieren, indem sie die Bälle tatsächlich bewegten. Die Idee dahinter war, dass dies die Kinder zum Planen ermuntern würde, anstatt sich einfach auf die Aufgabe zu stürzen und die Bälle aufs Geratewohl hin und her zu bewegen.
Die Ergebnisse bestätigten Wygotskis Theorie. Unter der Bedingung der artikulatorischen Unterdrückung war die Leistung der Kinder im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, in der die Kinder lediglich mit einem Fuß klopfen mussten, schwächer. Wir interpretierten dies als Beweis dafür, dass die private und innere Sprache in der Regel als Planungskomponente genutzt wird und dass die Verhinderung beider Arten der Sprache eine entsprechende Wirkung auf die Planung hatte. Darüber hinaus reagierten Kinder, die unter der Kontrollbedingung mehr selbstregulatorische private Sprache nutzten, empfindlicher auf die artikulatorische Unterdrückung. Es hat den Anschein, als verließen sich manche Kinder mehr auf das verbale Denken, deshalb hat es für sie negativere Auswirkungen, wenn ihnen diese Möglichkeit versagt wird.
Selbstverständlich gibt es eine näherliegende Möglichkeit, um herauszufinden, ob Kinder in Worten denken, und zwar, indem man sie fragt. Wie wir gesehen haben, ist es heikel genug, Erwachsene zu bitten, über ihre persönliche Erfahrung zu reflektieren, doch das Problem wird bei der Arbeit mit Kindern verschärft, denen möglicherweise die notwendigen linguistischen Fähigkeiten fehlen, um einen differenzierten Bericht darüber abzuliefern, was in ihrem Kopf vor sich geht.
Es wurden ein paar Versuche unternommen, mit Kindern Untersuchungen über ihre Erlebnisse im DES-Stil durchzuführen.61 Russ Hurlburt hat diese Methode bei einigen Kindern eingesetzt, auch bei einem Neunjährigen, der von einem Erlebnis berichtete, in dem es um das Bild eines Lochs in seinem Garten ging, in welchem ein paar Spielsachen lagen. In der bei der DES-Methode üblichen Weise fragte Russ den Jungen freundlich, ob es sich dabei um eine korrekte Beschreibung des Gartens handele. Der Junge antwortete: »Ja, aber ich habe noch nicht alle Spielsachen dorthin gebracht. Wäre der Piepston ein paar Minuten später gekommen, dann hätte ich Zeit gehabt, alle Spielsachen in das Loch zu tun.« Hurlburt schlussfolgerte, dass die Erzeugung geistiger Bilder eine Fähigkeit sein könnte, die mit dem Alter und der Übung problemloser und schneller funktioniert. Seine Beobachtungen legen den Schluss nahe, dass wir mit unserer Mutmaßung vorsichtig sein müssen, das innere Erleben von Kindern sei wie das unsere.
Andere Forscher haben eine experimentellere Methode eingesetzt, um herauszufinden, was Kinder hinsichtlich der inneren Sprache verstehen und was nicht.62 John Flavell, der berühmte Entwicklungspsychologe von der Universität Stanford, hat die vergangenen Jahrzehnte damit verbracht, Kinder zu befragen, was sie von ihrem inneren Erleben verstehen. Bei einer Aufgabe geht es darum, dass ein Kind gefragt wird, was im Kopf einer Versuchsleiterin vorgeht, wenn diese still dasitzt und aus dem Fenster blickt. Dreijährige neigen zu der Feststellung, dass sich im Kopf dieser Person gar nichts abspielt, während Vierjährigen klar ist, dass das Denken weitergeht, auch wenn ein Mensch nicht mit irgendetwas Besonderem beschäftigt ist.
Flavell interpretiert diese Ergebnisse bei Dreijährigen als Hinweis auf ein fehlendes Bewusstsein ihres eigenen Bewusstseinsstroms: Sie können sich noch nicht gut genug selbst beobachten, um in der Lage zu sein, von dem inneren Stimmengewirr berichten zu können. Doch eine alternative Erklärung lautet, dass kleine Kinder einfach noch keinen Bewusstseinsstrom haben. Genauer gesagt, dass sie die äußere Sprache noch nicht verinnerlicht und die innere Sprache noch nicht gebildet haben. Sie denken nicht in Wörtern, deshalb schlussfolgern sie, wenn sie aufgefordert werden, über das innere Erleben einer Person nachzudenken, die mit keiner Aktivität beschäftigt ist, dass sich in deren Kopf gar nichts abspielt.
Bei anderen Untersuchungen fragte Flavell speziell nach der inneren Sprache. In einer Studie ging es darum, dass Kinder im Alter zwischen vier und sieben Jahren einen Erwachsenen beobachteten, der eine Aufgabe erfüllte, bei der man erwarten würde, dass innere Sprache benötigt wird: Zum Beispiel, wenn man sich an Artikel zu erinnern versucht, die man vergessen hat, auf die Einkaufsliste zu setzen. Dem Kind wurden Fragen gestellt, wie zum Beispiel: »Denkt sie nur in ihrem Kopf, oder sagt sie sich im Kopf auch Dinge zu sich selbst?« Die Sechs- und Siebenjährigen erkannten, dass innere Sprache wahrscheinlich im Spiel war, doch bei den Vierjährigen war das deutlich weniger der Fall.
Bei einem zweiten Experiment wurde Kindern eine Aufgabe gestellt, die speziell ausgedacht worden war, um innere Sprache hervorzurufen, wie zum Beispiel still darüber nachzudenken, wie der eigene Name klingt. 40 Prozent der Vierjährigen und 55 Prozent der Fünfjährigen räumten ein, innere Sprache anstelle einer visuellen Methode genutzt zu haben, um die Antwort zu finden. Diese Zahlen waren signifikant niedriger als entsprechende Ergebnisse bei Erwachsenen.
Doch diese Resultate zeichnen noch kein klares Bild, ob das Problem der Kinder darin bestand, über ihr eigenes inneres Erleben nachzudenken, oder ob Kindern dieses Alters einfach die spontane innere Sprache fehlt. Die Antwort ist wahrscheinlich, dass es sich um beides handelt. Wenn es denn stimmt, dass Kindern die innere Sprache fehlt, dann sind die Auswirkungen weitreichend. Niemand sollte daraus schlussfolgern, dass Kinder nicht denken, aber ihnen scheint eine Denkweise zu fehlen, die das Bewusstsein vieler Erwachsenen beherrscht. Das ist nur einer von mehreren Gründen, weshalb man davon ausgehen kann, dass sich im Kopf eines Kleinkindes Seltsames abspielt.63
Das Kind denkt also nicht sprachlich, vielmehr verwandelt es seine СКАЧАТЬ