Название: Ohne mich ist das Leben ganz einfach
Автор: Ayya Khema
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783931274511
isbn:
Der erste Schritt auf dem Weg zur inneren Reinheit besteht also darin, dass wir unsere Gedanken in heilsame Bahnen lenken, der zweite darin, dass wir unsere Gefühlsreaktionen beachten und versuchen, uns vom Haben- und Loswerdenwollen zu befreien. Beide verursachen Leid, denn sie bedeuten ja, dass wir nicht zufrieden sind mit den Dingen, so wie sie sind. Leider ist das der Gram aller Lebewesen. Wir brauchen uns nur die Kühe anzuschauen; sie stecken immer ihren Kopf durch den Zaun, um das Gras auf der anderen Seite zu fressen. Dabei ist es genau dasselbe Gras wie auf ihrer Seite. Bei uns sieht es auch nicht anders aus; wir sind selten zufrieden mit dem, was wir haben, erleben, wissen und sind. Es sollte immer besser, schöner und vollständiger sein. Was werden wir also ändern können, damit endlich einmal diese Unzufriedenheit in uns aufhört? Wir können wohl etwas ändern, aber nicht von außen. Wir haben die Anweisungen des Buddha, wie wir innerlich etwas ändern können.
Unser Hauptanliegen ist die Läuterung von Herz und Geist mit den entsprechenden Methoden, diese zu erreichen. Die Meditation ist eine Methode der Läuterung; jeder Moment der Konzentration ist ein Moment der Läuterung. Wenn der Geist nur eine Sekunde lang konzentriert ist, kann er nicht unheilsam denken oder reagieren. Wir wissen auch, dass die Zeit sehr schnell verfließt, wenn wir konzentriert sind, was daran liegt, dass der Geist zu der Zeit nichts Unlauteres in sich birgt. Diese Art der Läuterung funktioniert wie eine automatische Waschmaschine. Wir brauchen uns nicht vorzunehmen, nichts Böses zu denken oder alle Menschen zu lieben. Konzentration allein genügt. Um unser Innenleben zu läutern und tugendhaft zu gestalten, brauchen wir keine grandiosen, spirituellen Fähigkeiten. Nur Verständnis und gute Absicht sind nötig.
Der dritte Schritt zum Heil der Tugend besteht darin, dass wir unsere Sinnestore schützen. Wir tun das, indem wir uns zurücknehmen, was uns auch hilft, unsere Reaktionen zu vermindern. Wenn wir unsere Sinnestore schützen, sind wir nicht an allem interessiert, was um uns herum vorgeht. Das Wort „Neugierde“ macht deutlich, worum es dabei geht, nämlich um die „Gier nach dem Neuen“. Diese Gier wird durch unsere Rastlosigkeit, unsere Unzufriedenheit und unser Nicht-erfüllt-Sein hervorgerufen. Wir wollen noch etwas Neues sehen, hören, schmecken, riechen, berühren oder eventuell denken. Also schaffen wir uns noch einige Bücher an oder belegen etliche neue Kurse. Die Gier nach dem Neuen hat zur Folge, dass unsere Sinne ständig beschäftigt sind, was uns jedoch nie befriedigen kann.
Nicht das Auge sieht eine hübsche Frau oder einen gut aussehenden Mann. Das Auge kann nichts weiter erkennen als Farbe und Form, der Geist muss es dann erklären. Das Ohr hört nicht, dass jemand hämmert, es kann nur Geräusch hören. Das Geräusch erzeugt Gefühle, dann kommt die Erklärung „hämmern“ und daraufhin die Reaktion: „Das kann ich nicht leiden; wie soll ich hier meditieren; ich gehe nach Hause.“ So spielt sich unser ganzes Leben ab. Immer wieder sind wir den fünf Sinnen und unseren Reaktionen ausgesetzt. Dass uns dabei auf die Dauer langweilig wird, ist nicht verwunderlich, und so suchen wir ständig nach etwas Neuem. Im Prinzip aber bleibt es immer beim Alten, es ändert sich nichts. Wir hören, sehen, schmecken, riechen, berühren oder denken etwas, und nichts weiter geschieht als Gehörtes, Gesehenes, Geschmecktes, Gerochenes, Berührtes und Gedachtes, daraufhin ein Gefühl, die Erklärung und dann die Reaktion: „Dies habe ich gern, jenes kann ich nicht leiden. Dieses soll näherkommen, ich will es behalten, jenes soll fort.“
Wir können also unsere Sinne schützen und dadurch etwas beruhigen, dass wir sie nicht mit ewiger Neugierde in die Welt hinausschicken, sondern dass wir mit dem zufrieden sind, was wir schon haben und erleben. Wir werden in dem Moment bereit sein, unsere Sinneskontakte allmählich zu reduzieren, indem wir erkennen, dass unser ganzes Leben von unseren Reaktionen abhängig ist und daher nie vollkommen befriedigend sein kann. Im Prinzip suchen wir doch alle Glück und Frieden. Unsere Sinneskontakte sprechen dagegen, denn sie bringen uns niemals das Gewünschte – nur etwas Neues, das wir entweder haben wollen oder nicht, und daraus erwächst sicherlich kein Glück und kein Frieden.
Wenn wir uns klar darüber sind, dass wir inneren Frieden suchen, müssen wir auch gewillt sein, etwas dafür aufzugeben. Es handelt sich dabei nicht um Familie, Heim oder Arbeitsstelle, sondern darum, dass wir aufgeben, das Glück dort zu suchen, wo es nicht zu finden ist. Wir alle haben lange genug, nämlich seit wir auf der Welt sind, versucht, durch unsere Sinneskontakte volle Befriedigung zu finden, und es ist uns niemals gelungen. Wir haben immer nur momentanes Vergnügen erreicht. Wenn wir also wirklich einmal Frieden haben wollen, müssen wir bereit sein, das aufzugeben, was uns keine Befriedigung gebracht hat.
Das bedeutet jedoch nicht, mit geschlossenen Augen, Ohren, Nase und Mund durch die Welt zu gehen. Das ist unmöglich und wäre auch sinnlos. Der Buddha war ein pragmatischer Lehrer und hat alles aus der Sicht der Praxis gelehrt. Unsere Erwartungshaltung, dass aus den Sinneskontakten eines Tages das wirkliche Glück entsprießen wird, können wir aufgeben. Wir denken, wenn wir es nur richtig anpacken, das Beste kaufen, das Gesündeste essen, den richtigen Partner haben, die neuesten YogaÜbungen machen, dann wird es schon klappen. Wir denken, bis jetzt haben wir es eben sicher noch nicht ganz richtig gemacht. Leider wird sich das aber bis zum Ende unseres Lebens nicht ändern. Wir können natürlich immer wieder probieren.
Gesundes Essen und Yoga-Übungen sind wichtig, aber zu erwarten, dass sie uns Glück und Frieden verschaffen, ist Utopie. Diese Erwartungshaltung bringt innere Unruhe. Wir denken: „Habe ich es nun richtig gemacht? Wird sich mir keiner in den Weg stellen? Werden alle, die ich liebe, bei mir bleiben? Wird jetzt und zukünftig alles in Ordnung sein?“ Mit dieser Erwartungshaltung kommt sofort die Enttäuschung, weil es natürlich nicht funktioniert. Also glauben wir, es muss wohl doch der falsche Partner sein, die falsche Yoga-Übung, die falsche Ernährung oder was immer wir uns ausdenken mögen. Es könnte auch das falsche Buch, der falsche Kurs oder der falsche Lehrer sein. Statt aufzuhören, das Glück mit unseren Sinnen in der Außenwelt zu suchen, fangen wir unweigerlich wieder von vorn an, nach neuen Objekten zu suchen, die uns Erfüllung bringen sollen.
Wir brauchen unsere Sinne zum Überleben, denn sie warnen uns vor Gefahren. Stattdessen missbrauchen wir sie als Mittel auf der Suche nach Vergnügen. Die Vorstellung, dass sie uns eines Tages Glück und Frieden bringen werden, müssen wir ein für allemal aufgeben. Wenn wir dies als Kontemplation betrachten, nachprüfen und klar erkennen, so heißt das nicht, dass wir uns nie mehr an angenehmen Sinneskontakten erfreuen werden. Es bedeutet lediglich, dass wir kein bleibendes Glück und keinen inneren Frieden von ihnen erwarten. Wir akzeptieren jeden angenehmen Sinneskontakt mit großer Dankbarkeit, und wenn wir einen unangenehmen erleben, wissen wir, dass er das Erbe unseres eigenen Karmas ist. Wir benutzen die Situation als Lehre, und daher kommt auch keine Abneigung hoch, sondern Dankbarkeit für diese Möglichkeit des Praktizierens. Haben wir eine solche Lernsituation richtig genutzt, so bringt sie weder Anhaftung an das Angenehme noch Ablehnung des Unangenehmen mit sich, sondern Dankbarkeit für beides – einerseits für das gute Karma, das uns das Angenehme beschert, und anderseits für die Lernsituation, die uns mit dem Unangenehmen konfrontiert.
Wenn wir unsere Sinne in dieser Weise benutzen, sind sie uns gute Freunde. Im Allgemeinen aber sind sie den Menschen ein Feind. Wir sehen etwas, wollen es besitzen, und schon stürzen wir uns in Schulden, um es zu erwerben. Wir sehen einen Menschen, den wir begehren, und öffnen die Tore für Eifersucht und Neid. Vielleicht gibt es etwas, das wir unbedingt ändern wollen, und müssen uns in Schwierigkeiten begeben, um dies zu erreichen. Wenn wir unsere Sinne als Lehrer und СКАЧАТЬ