Название: Ohne mich ist das Leben ganz einfach
Автор: Ayya Khema
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783931274511
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Achtsamkeit bezieht sich vorerst auf die Meditation. Wir benutzen dabei die vier Grundlagen der Achtsamkeit. Als erstes beziehen wir uns auf den Körper, und zwar auf den Atem, der ja eine Körperbewegung darstellt. Wir benutzen den Atem als unser Meditationsobjekt. Wenn ein flüchtiger Gedanke unsere Konzentration auf den Atem unterbricht, wie es bei erfahrenen Meditierenden der Fall sein kann, dann lassen wir diesen Gedanken wie eine Wolke an uns vorbeiziehen. Wenn aber ein massiver Denkprozess einsetzt, so wie es bei den meisten Menschen üblich ist, die noch nicht lange oder nur sporadisch meditieren*), dann gilt es dem Gedanken ein Etikett aufzukleben, das seinen Inhalt beschreibt. Dies ist eine der wichtigsten meditativen Übungen, weil wir damit gleich zwei Resultate erzielen. Als Erstes werden wir zum Beobachter unserer Gedanken, was zur Folge hat, dass der Gedanke auseinanderfällt und wir zum Meditationsobjekt zurückkehren können. Natürlich kommt bald ein neuer Gedanke, aber auch das gibt sich nach einiger Zeit. Als Zweites lernen wir unsere gewohnheitsmäßigen Gedankengänge kennen, die uns entweder in die Zukunft oder in die Vergangenheit treiben, zu Ablehnung und Ärger oder zu Habenwollen und Gier veranlassen. Auch Träumereien, Hoffnungen oder Langeweile mögen hochkommen. Wir können also Etiketten wie Zukunft, Vergangenheit, Hoffnung, Pläne, Wünsche, Ärger, Langeweile, Unsinn, Träume gebrauchen. Das erste Etikett, das hochkommt, ist das richtige. Es ist nicht nötig, das beste zu finden. In jedem Fall hilft uns das Etikettieren, uns selbst besser kennen zu lernen.
Wir haben hier also bereits drei Grundlagen der Achtsamkeit zum praktizieren: den Körper (Atem), die Gedanken (Erkennen des Denkens und sich nicht hinreißen lassen, weiterhin zu denken) und den Inhalt der Gedanken (Etikett). Auch im täglichen Leben hilft uns das Erkennen und Etikettieren unserer Gedanken. Wenn wir negativ, ablehnend, ärgerlich, wütend, sorgen- und kummervoll sind und wir etikettieren dies, dann verdeutlicht uns das, wie wir uns selbst zum Unglück hinreißen lassen. Sobald wir gelernt haben, Gedanken fallenzulassen und zum Atem zurückzugehen, können wir auch im täglichen Leben negative Gedanken fallenlassen und durch positive ersetzen, denn es ist genau dieselbe geistige Bewegung. Wenn wir dies ständig praktizieren, brauchen wir eines Tages keine negativen Gedanken mehr zu denken und daher nie wieder unser eigenes Unglück heraufzubeschwören. Es fängt damit an, dass wir den störenden Gedanken in der Meditation ein Etikett geben und sie durch Atembetrachtung ersetzen. Das Ersetzen durch das Gegenteil ist eine wichtige spirituelle Fähigkeit.
Was uns ebenfalls bei der Meditation stören kann, sind Gefühle, oftmals unangenehme Körperempfindungen, die durch die ungewohnte Sitzhaltung hervorgerufen werden. Wenn wir diese unerwünschten Empfindungen als Lernmöglichkeit annehmen, können wir uns von Grund auf kennen lernen und absolute Wahrheiten erfahren, die uns vielleicht eines Tages zur vollkommenen Freiheit und Erlösung führen. Denn das, was wir im Moment von uns selber sehen, ist eine Illusion. Die unangenehmen Empfindungen können uns den Weg zur Wahrheit zeigen.
Wenn ein unangenehmes Gefühl auftritt, so ist unsere instinktive, impulsive Reaktion, das Gefühl total abzulehnen. Daher werden wir entweder schnell die Sitzhaltung ändern oder aber die Zähne zusammenbeißen und bei uns denken: „Ich werde denen schon zeigen, dass ich durchsitzen kann.“ Beide Wege sind grundfalsch. Der erste ist Gier nach Bequemlichkeit, und der zweite ist Hass, ausgedrückt als: „Ich kann dies zwar nicht leiden, aber ich beiße mich durch.“ Hass und Gier sind die zwei Charaktereigenschaften, denen wir alle untertan sind, und obwohl beide Worte scheinbar Unschönes beschreiben, können wir uns ruhig mal vor Augen halten, dass alles, was wir haben wollen, sei es noch so unscheinbar, auf Gier aufgebaut ist, und dass allem, was wir loswerden wollen, Hass zugrunde liegt.
Anstatt daher sofort das unangenehme Gefühl loswerden zu wollen oder mit Ablehnung zu reagieren, sollten wir die Situation einmal ganz anders anpacken und feststellen, dass ein Sinneskontakt der Berührung stattgefunden hat, und dass alle Sinneskontakte Gefühle verursachen. Es gibt nur drei Arten von Gefühlen: angenehme, unangenehme und neutrale. Die neutralen halten wir gewöhnlich für angenehm, weil sie wenigstens nicht unangenehm sind. Wir haben also nur zwei Arten, mit denen wir uns abgeben müssen, die angenehmen und die unangenehmen Gefühle, und mit diesen sind wir unser Leben lang beschäftigt. Wenn wir beim Meditieren merken, dass wir unsere Zeit vergeuden, weil wir den angenehmen Gefühlen nachjagen und den unangenehmen aus dem Weg gehen wollen, dann haben wir einen großen Schritt in Richtung Erkenntnis getan.
Wir erleben also einen Sinneskontakt, der ein unangenehmes Gefühl hervorruft; die Wahrnehmung etikettiert dies mit „Schmerz“ und danach kommt die Reaktion, die sich erst einmal in unseren Gedanken abspielt. Die Reaktion kann sein: „Das ist ja scheußlich“, „Ich kann das nicht leiden“ oder „Wozu meditiert man denn überhaupt in dieser Haltung?“, „Das ist bestimmt ungesund, denn es schneidet die Blutzirkulation ab“ und was sich sonst noch alles im Geist abspielen kann. Als letzter Gedanke kommt dann: „So etwas kann kein Mensch aushalten, ich setze mich mal um.“ Und kurz danach fängt dasselbe Gedankenspiel wieder an, weil ja das Umsetzen auf die Dauer auch nicht nur angenehme Gefühle bringt. Stattdessen können wir der Beobachter von Sinneskontakt, Gefühl, Wahrnehmung und Reaktion werden. Wir brauchen der Reaktion keineswegs blind zu glauben, sondern müssen sie nur beobachten, dann fallenlassen und durch das Beobachten des Atems ersetzen. Jeder kann dies kurzfristig tun. Es bringt ein Gefühl der Sicherheit, wenn wir merken, dass wir nicht auf jedes Gefühl reagieren müssen, sondern dass wir die Reaktionen auch loslassen können. Im täglichen Leben ist dies eine wichtige Fähigkeit, die uns Selbstvertrauen verleiht.
Wenn wir einige Male unsere Reaktionen fallengelassen und durch Achtsamkeit auf den Atem ersetzt haben, mag der Geist vielleicht sagen: „Jetzt habe ich aber genug davon.“ Dann können wir uns langsam und vorsichtig umsetzen, wobei wir den eigenen Geist oder den des Nachbarn nicht zu sehr stören und vor uns selbst zugeben, dass wir von einem unangenehmen Gefühl besiegt worden sind. Wir werden ständig von unseren Gefühlen besiegt; der große Unterschied ist, dass wir dies sonst nicht wahrnehmen. Hier aber können wir es ganz klar feststellen, was Einsicht in uns selbst bringt. Wir erkennen, was wahrhaftig in uns vorgeht, anstatt mit Hass, Ablehnung, Ärger, Trauer und Schmerzen zu reagieren und zu warten, dass die Meditationszeit vorbeigeht.
Zu erkennen wie unser Geist reagiert, wie wir von Natur aus beschaffen sind und immer bleiben werden, wenn wir nicht Einhalt gebieten, bringt uns eine neue Sicht. Der menschliche Geist will das Angenehme und lehnt das Unangenehme ab; darauf ist unsere ganze Wirtschaft aufgebaut. Eines Tages können wir diesen Begierden Einhalt gebieten, aber nicht sofort, nicht auf Anhieb. Unsere Gedanken und Gefühle stellen sich in den Weg, und wir lernen, weise mit ihnen umzugehen. Die Formel heißt: erkennen, benennen, fallenlassen, ersetzen.
Zur Meditationsmethode:
Diejenigen, die schon einige Jahre lang täglich meditieren, sollen die Methode weiterbenutzen, an die sie gewöhnt sind. Diejenigen, die etwas mehr Hilfestellung bei der Meditation brauchen, sollen eine „Krücke“ verwenden. Nur den Atem allein zu betrachten, ist schwierig, und es gibt zu viele Möglichkeiten, den Geist anderweitig zu beschäftigen, denn im Prinzip will der Geist sich ja nicht konzentrieren. Obwohl wir wissen, dass Konzentration gut für uns ist, macht der Geist anfangs nicht mit.
Diejenigen, die Zahlen mögen, können den Atem zählen. Eins beim Einatmen, eins beim Ausatmen, zwei beim Einatmen, zwei beim Ausatmen, nicht weiter als zehn; jedes Mal wenn der Geist in die Ferne schweift, gehen wir zurück zu eins. Das verhindert, dass wir überlegen, bei welcher Zahl wir eigentlich stehen geblieben waren, was vollkommen gleichgültig ist.
Diejenigen, die Worte lieber haben als Zahlen, können sich ein Wort aussuchen. Wenn wir buddhistisch orientiert sind, kann „Buddho“ ein sehr gutes Wort sein: „Budd“ beim Einatmen, „ho“ beim Ausatmen, andernfalls „Liebe“ СКАЧАТЬ