Nach Hause kommen zu sich selbst. Tara Brach
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Читать онлайн книгу Nach Hause kommen zu sich selbst - Tara Brach страница 8

Название: Nach Hause kommen zu sich selbst

Автор: Tara Brach

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783867287340

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СКАЧАТЬ wie ich log, um mich einer sozialen Verpflichtung zu entziehen, wie ich einer anderen Lehrerin gegenüber den Umfang meiner Yoga-Kurse übertrieb, wie ich einer anderen Freundin Klatsch und Tratsch weitererzählte, um mich als Insiderin zu zeigen. Statt mit Großzügigkeit und selbstlosem Dienen beschäftigte ich mich nur mit meinem eigenen spirituellen Fortschritt und meinem Bestreben, als Yoga-Lehrerin zu glänzen. Wieder einmal wurde ich mit dem konfrontiert, was ich an mir am wenigsten mochte: Unsicherheit und Selbstbezogenheit. Ich fühlte mich von allen um mich herum getrennt und in einem Selbst gefangen, das ich nicht sein wollte.

      Während jener schwierigen Tage wurde mir klar, dass ich, seit ich denken konnte, damit beschäftigt war, zu beweisen, dass ich okay bin, und mich zu vergewissern, dass ich Fortschritte mache. Als Studentin, als politische Aktivistin, als Yogini und als Lehrerin – überall führte ich Checklisten meiner Errungenschaften. In all diesen Rollen versuchte ich, einer gewissen Definition eines »guten Menschen« zu entsprechen – hilfsbereit, zugewandt, gute Zuhörerin, konstruktiv, vertrauenswürdig und in jeder Situation positiv. Ich widmete mich mit brennendem Eifer dem Yoga und der Meditation. Doch mein ganzes Gefühl von Kompetenz hatte sich durch einen einzigen Fehler aufgelöst, und mein ganzes Selbstbild als guter, spiritueller Mensch war durch einen Moment verärgerter Abwehr ausgelöscht worden. Trotz all meiner Selbstverbesserungs-Strategien war ich damit konfrontiert, dass ich mich als ein grundsätzlich mangelhaftes Selbst empfand.

      Das Raumanzug-Selbst ist das kleine Selbst

      Wenn ich anfange, von der Trance zu sprechen, meinen manche, dass jegliche Erfahrung des Selbst schlecht oder unspirituell sei und ausgemerzt oder transzendiert werden sollte. Damals im Ashram war das meine Überzeugung – mein Selbstverständnis und meine Unvollkommenheit waren unzertrennbar miteinander verbunden. Heute sehe ich das Raumanzug-Selbst als mein kleines Selbst, welches vielfach auch als »Ego« bezeichnet wird.

      Dem »Ego« haftet oft ein negativer Beigeschmack an, doch das kleine Selbst (oder Ego) ist ein natürlicher Bestandteil unserer Konditionierung und unbedingt notwendig, um sich im Leben zurechtzufinden. Es entsteht in allen Menschen aus einem »Ich«-Gefühl und umfasst alle mentalen Aktivitäten, die wir brauchen, um zu funktionieren. Dazu gehört auch das ängstliche, schützende Selbst, welches in manchen Traditionen als »Angst-Körper« bezeichnet wird. Und auch das verlangende Selbst gehört dazu, welches nach der Befriedigung seiner Bedürfnisse nach Nahrung, Sex, Sicherheit und Respekt strebt.

      Doch dieses kleine Selbst ist nicht unser wahres Selbst – es umfasst nicht die Fülle dessen, wer wir sind. Anders gesagt: Wenn wir mit einem kleinen Selbst identifiziert sind, nehmen wir uns als einzelne Wellen wahr und erkennen nicht, dass wir aus Meer bestehen. Wenn wir uns unseres wahren Selbst als Meer bewusst werden, ist das uns vertraute Wellenmuster – unserer Ängste, Abwehrmechanismen, Vorlieben und Geschäftigkeit – immer noch ein Teil von uns, aber es definiert uns nicht mehr.

      Die Lehre des Buddha befasst sich in ihrem Kern mit genau dieser fehlgeleiteten Identität. Der Buddha erkannte, dass wir alle darauf konditioniert sind, an angenehmen oder vertrauten Erfahrungen festhalten zu wollen (was er »Begehren« oder »Anhaften« nannte) und unangenehme Erfahrungen abzulehnen (was er »Widerstand« oder »Ablehnung« nannte). Sowohl das Begehren als auch die Ablehnung verengen unser Verständnis dessen, was wir sind – sie verleiten uns, uns mit einer begrenzten, individuellen, isolierten Existenz zu identifizieren und daran anzuhaften.

      Diese fehlgeleitete Identifikation wird durch die Geschichten bestärkt, die wir uns erzählen. Wir glauben, wir seien die Stimme in unserem Kopf, wir glauben, wir seien der Hauptdarsteller unserer Geschichte, und wir glauben, unsere Sicht der Welt »da draußen« sei die Wirklichkeit. Vielleicht haben wir ein prall gefülltes, anstrengendes Leben. Vielleicht stellen die Arbeit, die Familie und Freunde mehr Anforderungen an uns, als wir meinen, erfüllen zu können. Vielleicht ist das die Zusammenfassung all der Geschichten und Gefühle unserer Überforderung – immer zu viel zu tun zu haben, immer so vielen Erwartungen gerecht werden zu wollen, so gerne mehr freie Zeit haben zu wollen, aber sich verantwortlich zu fühlen. Solche Geschichten führen leicht zu falschen Zufluchten wie Überarbeitung, Selbstschutz-Lügen und betäubendem Konsumverhalten. Indem wir unsere Geschichten immer wieder abspulen, verstärken wir unsere Identifikation mit einem überlasteten, überangepassten Selbst. Diese Identifikation bestimmt dann immer mehr unser Selbstverständnis. Wir haben uns im Raumanzug verfangen.

      Oder stellen Sie sich vor, was passieren würde, wenn Sie glaubten, dass jeder da draußen nur seine eigenen Interessen verfolgt, und wenn Sie die Situation nicht zu Ihrem Vorteil ausnutzen, werde es nur ein anderer tun. Dann würden Sie vielleicht wütend werden oder sich verletzt fühlen, wenn andere versuchen, ihre Interessen durchzusetzen. Dies kann zu falschen Zufluchten wie Kontrolle über andere, Macht- und Besitzstreben führen. Dann entwickeln wir Geschichten, die unsere Weltsicht untermauern, und bestätigen damit unsere Identität eines aggressiven, kontrollierenden Selbst.

      Je mehr unsere Geschichten auf Angst beruhen, desto stärker verfangen wir uns in unserem reduzierten Selbstverständnis. Dann glaubt nicht nur unser Verstand, so wie meiner damals: »Ich bin irgendwie verkehrt« – auch unser Körper wird dann von den Emotionen überflutet, die mit dieser Überzeugung einhergehen: Depression, Scham und noch mehr Angst. Dann ist »Ich bin irgendwie verkehrt« nicht mehr einfach eine Idee, die wir loslassen könnten, sondern eine felsenfeste Überzeugung. Es fühlt sich einfach real an. Und wenn uns jemand verletzt, fühlt sich die Überzeugung, diese Person sei irgendwie verkehrt, ebenso real an. Wir sind dann in einer Trance gefangen, die uns sowohl von unserem Innenleben als auch von anderen trennt.

      Unsere Identifikation mit einem kleinen Selbst findet immer außerhalb des Lichts des Gewahrseins statt. Und sie währt so lange, wie wir nicht bemerken, dass unsere Geschichten einfach Geschichten sind (und keine Realität), solange wir die rohen Gefühle in unserem Körper nicht bemerken, solange wir die Angst oder das Begehren nicht bemerken, welches unser Verhalten antreibt. Es entspricht dem Wesen der Trance, dass sie mit Gewahrsein unvereinbar ist und sich auflöst, wenn wir in Präsenz Zuflucht nehmen.

      Erwachen aus der Trance

      Meine durch einen Tippfehler ausgelöste Woche der Selbstablehnung war der Anfang eines lebenslangen Prozesses des Erkennens und Loslassens meiner Identifikation mit einem kleinen Selbst. Weil ich meine Selbstzweifel so »unspirituell« fand, sprach ich mit niemandem darüber. Bei der Arbeit verhielt ich mich ganz professionell. Ich hielt mich aus dem spielerischen und zwanglosen Geplauder während der Mahlzeiten heraus, und wenn ich versuchte, teilzunehmen, fühlte ich mich wie eine Betrügerin.

      Einige Wochen später beschlossen die Frauen des Ashrams, eine Sensibilitäts-Gruppe zu gründen, in der wir über persönliche Schwierigkeiten reden könnten. Ich fragte mich, ob das vielleicht meine Chance war, wieder authentischer zu werden.

      Unser erstes Treffen fand an einem Sommerabend statt. Während der ersten Stunde sprachen die anderen Frauen über den Stress bei der Arbeit, die Kinder und gesundheitliche Probleme, und ich spürte, wie die Angst in mir zunahm. Als im Gespräch eine Pause entstand, brach mein Geständnis aus mir heraus. »Ich weiß, ich mache viel Yoga und ich unterrichte viel, und es sieht vielleicht aus, als wäre ich ein hilfsbereiter, freundlicher Mensch … Vielleicht ist das in gewisser Weise auch wahr, aber es ist auch eine Fassade. Niemand soll sehen, wie selbstbezogen ich bin, wie egozentrisch und bewertend.« Ich hielt kurz inne und schaute in die ernsten Gesichter, bevor ich mit dem rausrückte, was mir wirklich auf dem Herzen lag: »Es ist schwer auszudrücken, aber … ich glaube nicht, dass ich ein guter Mensch bin, und das macht es so schwer, mich irgendjemandem wirklich nahe zu fühlen.«

      Ich erinnere mich nicht, wie die anderen Frauen auf meinen Versuch der Aufrichtigkeit reagierten. Vielleicht waren sie mitfühlend oder erkannten ähnliche Gefühle auch in sich selbst. Ich war zu sehr in meiner Scham gefangen, um es zu bemerken. Ich verließ das Treffen, so schnell ich konnte, ging in mein Zimmer, rollte mich auf meinem Bett zusammen wie ein СКАЧАТЬ