Einsicht durch Meditation. Joseph Goldstein
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Название: Einsicht durch Meditation

Автор: Joseph Goldstein

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783867812566

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СКАЧАТЬ einiger Zeit nahm ich an einer Meditationseinkehr in England teil. Zum Frühstück gab es jeden Tag genau das gleiche: Porridge, Toast, Obst und Tee. Am ersten Tag nahm ich etwas Porridge, zwei Scheiben Toast, eine Frucht und eine Tasse Tee. Ich aß alles auf, bis auf die zweite Scheibe Toast, die ich zurücklegte. Am nächsten Morgen gab es das gleiche Frühstück, und wieder nahm ich Porridge, zwei Scheiben Toast, eine Frucht und Tee. Wieder aß ich alles bis auf die zweite Scheibe Toast. Am dritten Morgen gab es wieder das gleiche Frühstück, und ich nahm Porridge, zwei Scheiben Toast, eine Frucht und Tee. Es dauerte ungefähr eine Woche, bis ich die zweite Scheibe Toast endlich von vornherein liegenließ, obwohl mir schon seit Tagen klar war, daß ich sie ohnehin nie essen würde. Mein Geist war von der Angst beherrscht: »Ich nehme besser zwei, falls ich doch mehr Hunger bekommen sollte.«

      Das »Für-alle-Fälle«-Syndrom ist sehr verbreitet. »Ich werde mich jetzt bewegen, nur für den Fall, daß meine Haltung zu unbequem wird und ich den Schmerz nicht ertragen kann.« Oder: »Ich werde heute früh schlafen gehen, nur für den Fall, daß ich morgen müde bin.« Diese Art von Angst wirkt als Barriere gegen das, was tatsächlich der Fall ist. Sie entsteht, weil wir Angst haben vor dem, was eintreten könnte, wenn wir bei dem bleiben, was momentan der Fall ist: Wir wollen uns nicht unwohl fühlen und keinen Schmerz empfinden.

      Wir haben über Selbstmitleid und über Angst gesprochen. Eine weitere Art von Widerstand, die subtiler wirkt und unsere Bemühungen unterminiert, ist Apathie oder Gleichgültigkeit gegenüber dem, was tatsächlich geschieht. In diesem Zustand wird der Geist sehr nachlässig. Er registriert und identifiziert nur noch mechanisch, ohne Vitalität, und oft hat das, was er registriert, nicht das geringste mit dem zu tun, was tatsächlich vor sich geht. Wir registrieren dann »aus«, wenn der Atem tatsächlich in die Lungen »ein«-strömt, und »ein«, wenn er in Wahrheit »aus«-strömt. Ein apathischer Geist hindert uns, völlig bei der Erfahrung des gegenwärtigen Augenblicks zu sein.

      Wenn sich durch die Meditation öffnen soll, was bisher verschlossen war, müssen wir die verschiedenen Formen des Widerstands erkennen lernen und uns klarmachen, daß sie zu irgendeinem Zeitpunkt bei fast jedem auftreten. Wir brauchen uns wegen unseres Widerstands nicht zu verurteilen, sondern sollten Selbstmitleid, Angst oder Apathie einfach nur registrie-ren, diese Zustände sehen und uns daran erinnern, daß es eine andere Reaktionsmöglichkeit gibt, eine, bei der wir uns öffnen und Achtsamkeit üben. Statt Unangenehmes zu verdrängen oder uns davor zu verschließen, können wir uns auch weicher machen, den Geist weicher werden lassen, so daß er rezeptiv, sanfter und entspannter wird und mehr zuläßt. Wir brauchen nicht zu kämpfen, auch nicht gegen Dinge, die schmerzhaft sind. Wenn wir uns gestatten, entspannter und offener zu sein, können wir klarer erkennen, was tatsächlich geschieht.

      Wenn wir beispielsweise einen Schmerz im Rücken bemerken und unsere Zeit damit verbringen, diesem Schmerz Widerstand zu leisten oder ihn zu verdrängen, nehmen wir uns jede Möglichkeit, die Natur des Schmerzes zu verstehen, die Wahrheit jener Erfahrung. Wenn wir uns weich machen und uns öffnen, entdecken wir, daß »mein Rücken tut weh« ganz einfach auf bestimmte Empfindungen hinweist. Das kann Verspanntheit sein, Ziehen, Stechen, Taubheit, Brennen oder ein Druckgefühl. Es gibt eine lange Liste solcher Empfindungen.

      Wenn unser Geist offen ist, sind wir in der Lage, von der Ebene des »Mein Rücken tut weh«, einer Vorstellung, zur Ebene dessen überzuwechseln, was tatsächlich geschieht: Gewisse Empfindungen tauchen auf und verschwinden wieder. Vielleicht sind sie sehr intensiv und unangenehm, doch wir erfahren, was tatsächlich wahr an ihnen ist. Und wir registrieren nicht nur, was diese Empfindungen sind, sondern auch, wie sie wirken. Wenn wir schmerzhaften Gefühlen Widerstand leisten, haben wir oft die Vorstellung, daß sich in einem bestimmten Teil unseres Körpers eine feste Masse von Schmerz befindet. Wenn wir uns gestatten, die Empfindungen zu fühlen, die da sind, wenn wir in sie eintauchen, entdecken wir, daß Schmerz keine feste Masse ist, sondern eher ein Schwingungsfeld, das beispielsweise durch Brennen oder Druckgefühle charakterisiert ist. In jedem Fall sehen wir ganz klar, daß daran nichts fest ist. Sobald wir dies selbst erfahren, löst sich die Illusion der Festigkeit auf. Beim Üben markiert dies den Beginn eines Prozesses der Auflösung von Energieknoten und Blockaden in unserem Körper. Wir lassen ein freieres Fließen der Energie zu, das sehr heilsam wirkt.

      Es ist sehr wichtig, das Arbeiten mit den schmerzhaften Empfindungen, die beim Üben auftreten, zu lernen. Dies ist ein Tor zu tieferen Ebenen des Verstehens, und schon allein die Tatsache, daß wir uns dieser schmerzhaften Gefühle bewußt werden, ist ein Zeichen für das Erstarken unserer Aufmerksamkeit. Wenn wir uns diesem Tor des Verstehens nähern, wollen wir uns sicher nicht mehr davon abwenden. Wir dringen zu tieferen Ebenen vor, indem wir uns weich und sanft machen und uns dessen bewußt werden, was im Augenblick geschieht. Auf diese Weise werden wir dem ersten Aspekt der Übung gerecht: zu öffnen, was verschlossen ist. Und eben diese Offenheit für Erfahrung ist die Grundlage für den zweiten Aspekt des Übens: das auszugleichen, was reaktiv ist.

      Was ist reaktiv? Unser Geist ist reaktiv: Er mag oder mag nicht, er urteilt und vergleicht, er hält fest und verdammt. Unser Geist gleicht einer Waagskala, und solange wir uns mit diesen Urteilen und Vorlieben identifizieren, mit all dem Mögen und Nicht-Mögen, mit dem Wollen und den Abneigungen, kippt unser Geist ständig aus dem Gleichgewicht und verfängt sich in einem erschöpfenden Wirbel von Reaktivität. Durch die Macht der Achtsamkeit können wir in einen Zustand des Gleichgewichts und der Ruhe gelangen. Achtsamkeit ist jene Qualität der Aufmerksamkeit, die registriert, ohne zu wählen, ohne zu bevorzugen. Es ist ein nicht-selektives Gewahrsein, das wie die Sonne ihr Licht in gleichem Maße auf alle Dinge wirft.

      Können wir unser Gewahrsein so umfassend werden lassen, daß wir bereit sind, allen unseren Erfahrungen Aufmerksamkeit zu schenken? Das ist ungefähr so, als würden wir zu einer langen Reise in ein fremdes Land aufbrechen, einer Reise, die uns durch die unterschiedlichsten Landschaften führt – durch Gebirge und Dschungel, durch Wüsten und Regenwälder. Wenn echter Forschergeist uns beseelt, werden wir im Gebirge kaum denken: »Ach wäre ich doch in der Wüste.« Und wenn wir in der Wüste sind, werden wir nicht Tagträumen über den Regenwald nachhängen. Wenn wir von echtem Entdeckerdrang erfüllt sind, sind wir an jedem neuen Ort interessiert, den wir erreichen.

      Die Erfahrung der Meditation ist eine ähnliche Art von Reise: eine Reise in unser Inneres, die uns zu jedem Aspekt unserer Erfahrung führt. Dabei gibt es ein ständiges Auf und Ab, Hochs und Tiefs, angenehme und schmerzhafte Zeiten. Unsere Übung schließt alles ein, denn sie besteht darin, daß wir die Totalität unseres Seins erforschen, die Totalität dessen, wer wir sind. Dies erfordert ein ungeheures Maß an Bereitschaft. Sind wir bereit, uns dem ganzen Spektrum dessen, was geschieht, auszusetzen?

      Eine Zeile aus einem Song, der schon einige Jahre alt ist, bezieht sich auf diesen Zusammenhang: »Some People say that life is strange, but what I’d like to know is, compared to what?« (Manche Leute sagen, das Leben sei seltsam, doch ich möchte wissen, verglichen womit?) Alles ist Teil des Lebens, und nichts liegt außerhalb unserer Übung. Die Erfahrung verschiedener Empfindungen wie Lust oder Schmerz, die verschiedenen Emotionen wie Glück und Traurigkeit, Depression und freudige Erregung, Interesse und Langeweile – sie alle sind Bestandteil der Reise. Können wir uns all diesen Zuständen öffnen, können wir ihnen allen gegenüber gleichermaßen Achtsamkeit entwikkeln, so daß wir lernen, ihre wahre Natur zu verstehen?

      Meditation ist weder Festhalten noch Vermeiden, sondern bedeutet, daß wir uns wieder auf den Augenblick zentrieren und uns dem öffnen, was wir dort vorfinden. Und dieses Gleichgewicht des Geistes, in dessen Gegenwart Bevorzugung, Anhaften, Festhalten und Urteilen nicht existieren, sondern nur das Gegenwärtigsein für alles, was auftaucht, läßt uns einen tiefen Rhythmus wahrnehmen. Jeder Aktivität ist ein bestimmter Rhythmus eigen. Auch die Natur hat viele eigene Rhythmen, so den von Nacht und Tag oder den Wechsel der Jahreszeiten. Auch in der Musik, im Sport, in der Poesie und beim Tanz gibt es Rhythmen. Jeder Aktivität ist ein bestimmter Rhythmus angemessen, und wenn wir ihn finden, СКАЧАТЬ