Das Abenteuer meiner Jugend. Gerhart Hauptmann
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Читать онлайн книгу Das Abenteuer meiner Jugend - Gerhart Hauptmann страница 34

Название: Das Abenteuer meiner Jugend

Автор: Gerhart Hauptmann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Klassiker bei Null Papier

isbn: 9783962818746

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СКАЧАТЬ wo­bei Bis­marck den Fürs­ten­ti­tel er­hielt. Er war der Schmied, er hat­te auf sei­nem Am­boss Pin­ke­pank die deut­sche Ein­heit zu­sam­men­ge­schweißt. Er war der He­ros, er hat­te die Kai­ser­kro­ne ge­schmie­det und Kö­nig Wil­helm in die schon er­grau­ten Lo­cken ge­drückt.

      Der Wein mei­nes Va­ters mach­te die Zun­gen der On­kels frei­ge­big. Sie schwo­ren, er habe mit Otto von Bis­marck eine über­ra­schen­de, frap­pan­te Ähn­lich­keit. Vi­el­leicht war et­was Wah­res dran, be­son­ders wenn man den glei­chen Schnurr­bart be­rück­sich­tig­te. Nach sei­ner gan­zen Art in­ter­es­sier­te sich mein Va­ter gar nicht für eine sol­che Ähn­lich­keit. Man stieß aber trotz­dem be­geis­tert auf ihn, gleich­sam den Bis­marck von Salz­brunn, an und ließ ihn meh­re­re Male hoch­le­ben.

      Er war kein Spiel­ver­der­ber und nahm es hin.

      Die Bis­mar­ck­ver­eh­rung mei­nes Va­ters selbst war rück­halt­los, hat­te er doch sei­ne ei­ge­nen, viel­fach zu­rück­ge­stell­ten und ver­bor­gen ge­hal­te­nen Idea­le von 1848 ver­wirk­licht. Es lag aber auch ein Sieg des Gast­hofs zur Preu­ßi­schen Kro­ne über den Dachrö­dens­hof dar­in, der, in­be­grif­fen den Obe­r­amt­mann Gu­stav Schu­bert auf Lohnig, die neue Zeit nicht von Her­zen be­grü­ßen konn­te. Hie Bis­marck, Deut­sches Reich und deut­scher Reichs­tag oben­drein, dort Enge, Par­ti­ku­la­ris­mus, Kon­ser­va­ti­vis­mus, kurz Dachrö­dens­hof. In Bis­marcks Grö­ße und Er­folg lag mei­nes Va­ters Er­folg, Sieg und Recht­fer­ti­gung.

      *

      Der Früh­ling kam, und er wur­de es in ei­nem noch ganz an­de­ren Sin­ne als bis­her. Die Na­ti­on war auf ein­mal da, die bis da­hin trotz Krieg und Kriegs­ge­schrei kei­ne we­sent­li­che Sub­stanz hat­te. Ich sel­ber wäre wohl noch zu jung ge­we­sen, um na­tio­nal zu sein, aber auch Er­wach­se­ne zo­gen vor, die­ses Ge­fühl, so­fern es groß­deutsch oder all­deutsch war, für sich zu be­hal­ten. Mit ei­nem Male brach es nun aus und her­vor und wur­de zum frisch­tö­nen­den, le­ben­spen­den­den Ele­ment, drin wir alle schwam­men.

      Je­der­mann ahn­te die nun kom­men­de, un­ge­heu­re deut­sche Auf­schwung­zeit, wenn er auch das Gna­den­ge­schenk des kom­men­den, mehr als vier­zig­jäh­ri­gen Frie­dens nicht vor­aus­se­hen konn­te.

      Die Schwei­ze­rei mit ih­ren Wie­sen und ih­ren Him­mels­schlüs­seln hat­te ein ganz an­de­res Ge­sicht. Sie be­stand aus ei­nem Holz­haus im Ber­ner oder Schwarz­wäl­der Stil mit höl­zer­nen Um­gän­gen und da­zu­ge­hö­ri­gem Wei­de­land. Die Schaf­fe­rin, eine sau­be­re Frau, die der Fürst, wie ge­sagt, hin­ein­ge­setzt hat­te, war fröh­lich auf­ge­regt, als wir ei­nes Ta­ges bei ihr ein­kehr­ten.

      Mich traf auf dem Rück­we­ge von dort ein Miss­ge­schick, des­sen Nar­be ich noch am Fin­ger tra­ge, das aber nicht mei­nen Him­mel ver­düs­ter­te.

      Mein Bru­der Carl rief einen klei­nen Hund, den wir frei­ge­las­sen hat­ten und des­sen Lei­ne mir über­ant­wor­tet war, und er kam, zu­rück­ge­blie­ben, an mir vor­bei­ge­rast. Da warf ich ihm sei­ne Lei­ne über. Die­se Dumm­heit, wo­mit ich un­be­dacht das Tier fan­gen und auf­hal­ten woll­te, jag­te mir den Ka­ra­bi­ner, den Ha­ken der Lei­ne, in den rech­ten Zei­ge­fin­ger hin­ein.

      Den Ka­ra­bi­ner aus dem Fin­ger zu lö­sen war nicht leicht, und man sag­te mir, dass ich im­mer wie­der von den Fin­ger­ge­d­är­meln ge­spro­chen hät­te, die her­aus­quöl­len. Es war auf dem Rück­weg, und so muss­ten wir wie­der zur Schwei­ze­rei zu­rück­keh­ren.

      Mein In­stinkt, was die Wund­be­hand­lung be­traf, be­riet mich gut. Ich habe wohl eine Stun­de lang den Fin­ger am Trog der Schwei­ze­rei un­ter den Strahl des im­mer flie­ßen­den Berg­was­sers ge­hal­ten. Von der hilf­rei­chen Schaf­fe­rin dann ver­bun­den, ist er in we­ni­gen Ta­gen zu­ge­heilt.

      Am An­nen­turm blüh­ten wie im­mer die Le­ber­blüm­chen. Wenn schon im Früh­ling al­les Tote le­ben­dig wird, dies­mal zeig­te sich all die­ses Le­ben noch fest­li­cher. Die Gar­ten­ar­bei­ter in den An­la­gen rie­fen ein­an­der lau­te Scher­ze zu, die Gar­ten­wei­ber mit ih­ren Kar­ren und Be­sen des­glei­chen. Die Brun­nen­schöp­fer mit ih­ren Bäs­sen und Tenö­ren du­del­ten »Die Wacht am Rhein« und an­de­re Kriegs­lie­der vor sich hin, wenn sie mit großen Glä­sern an lan­gen Stan­gen den Heil­quell aus der Tie­fe der gra­ni­te­nen Brun­ne­num­fas­sung her­auf­hol­ten. Kutsch­ke mit sei­nem »Was kraucht dort in dem Busch her­um, ich glaub’, es ist Na­po­li­um!« war eine all­be­lieb­te Fi­gur. Und Be­ne­det­ti, des Kai­sers Ge­sand­ter an Kö­nig Wil­helm in Ems, nicht min­der:

       Da trat in sein Ka­bi­net­te

       ei­nes Mor­gens Be­ne­det­te,

       den ge­sandt Na­po­le­on.

       Der fing zor­nig an zu kol­lern,

       weil ein Prinz von Ho­hen­zol­lern

       soll­t’ auf Spa­ni­ens Kö­nigs­thron.

      Aus die­sen hei­te­ren Ela­bo­ra­ten des Krie­ges schwirr­ten Zi­ta­te über­all um­her, im Sprach­schatz der Men­schen hei­misch ge­wor­den.

      Man war bei aller­größ­tem Hu­mor und wuss­te kaum, wo man ihn las­sen soll­te.

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