Razzia. Horst Bosetzky
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Название: Razzia

Автор: Horst Bosetzky

Издательство: Автор

Жанр: Исторические детективы

Серия:

isbn: 9783955520205

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СКАЧАТЬ wie sie selber sagte, mit der Pflaume verdiente. Ihm war es egal, Hauptsache, er holte sich keinen Tripper bei ihr. Sie konnte sich eine geradezu luxuriöse Wohnung in der Meinekestraße in Charlottenburg leisten. Ein paar Schritte, und man war am Kurfürstendamm.

      Marga war von Hause aus Krankenschwester, was sie für bestimmte Kunden besonders interessant machte – nämlich für die, die schwer verletzt aus dem Krieg gekommen waren. Auch wer Angst vor Geschlechtskrankheiten hatte, fühlte sich bei ihr sicher aufgehoben.

      Sie sah, dass sich Karl-Heinz Kappe seinen besten Anzug angezogen hatte. «Willste noch ausgehen heute?»

      «Nee, ich will noch raus nach Schlachtensee zu Arthur Schlattke, mit dem ein paar neue Sachen anleiern.»

      Als sie den Vornamen Arthur hörte, musste Marga lachen. «Ah, der schöne Arthur mit der flotten Haartour!» Wie viele Berliner dachte sie bei diesem Namen sofort an ein sehr populäres Couplet des Komponisten Leopold Maass mit dem Titel Arthur mit der Haartour.

      Karl-Heinz Kappe verstand den Scherz nicht, er wusste nur, dass Schlattke sauer reagierte, wenn ihn jemand Atze nannte.

      Als er Marga das erzählte, staunte sie. «Zu Artur Brauner dürfen doch auch alle Atze sagen.» Seit Brauner die CCC-Film gegründet hatte und große Pläne schmiedete, war er immer wieder in den Zeitungen.

      «Ja, der eine so, der andere so.»

      «Fährste mit der S-Bahn nach Schlachtensee?», wollte sie wissen.

      «Nein, mit ’ner Taxe, wenn ich schon kein eigenes Auto habe. Bei Schlattke kann man nicht als lumpiger Fußgänger antanzen.»

      Arthur Schlattke war am 13. Mai 1916 in Nürnberg als Sohn eines Kolonialwarenhändlers zur Welt gekommen, hatte die Schule mit dem Einjährigen erfolgreich zu Ende gebracht und dann bei der AEG in Berlin Industriekaufmann gelernt. 1937 meinte er, aufs richtige Pferd zu setzen, wenn er in die NSDAP eintrat. Von Pferden verstand er etwas, denn er hatte schon als Kind das Reiten erlernt, und so war es kein Wunder, dass er im Krieg als Obergefreiter und Gruppenführer zur reitenden Schwadron der bayerischen Aufklärungsabteilung 7 abgeordnet wurde. Im Oktober 1943 war ihm am mittleren Dnjepr für seinen Einsatz als Stoßtruppführer das Ritterkreuz verliehen worden. In der Begründung hatte es geheißen: Als Einzelkämpfer rang der Obergefreite zwei feindliche Pak-Bedienungen nieder und setzte mit mehreren Handgranatenwürfen die sowjetische Grabenbesatzung nach und nach außer Gefecht. Gegen Ende des Krieges war er bei der Ardennen-Offensive zum Einsatz gekommen und von den Amerikanern gefangen genommen worden. Im Lager gab es ein Klavier, und da er ein blendender Pianist war, holten ihn die Amerikaner in ihr Casino. Schon immer war sein Englisch ausgezeichnet gewesen, und bald hatte er Freunde unter den amerikanischen Offizieren gefunden, auch Männer, die an kleinen und größeren außerdienstlichen Geschäften interessiert waren. Nach Ende des Krieges war er seiner großen Liebe wegen nach Berlin gezogen, und hier hatte er wegen seiner guten Kontakte zur Besatzungsmacht schnell ein Unternehmen aufgebaut, ganz legal mit ordentlicher Fassade, Ex- und Import, das mit allem Möglichen handelte – von Opium über Brillanten bis hin zu Tabak und Lebensmitteln. Das große Geld machte er mit Schokolade und Zigaretten. Es hatte schon zu einer stattlichen Villa in Schlachtensee gereicht, in der Matterhornstraße. Verheiratet war er mit Dorothea, der Tochter eines Berliner Chirurgen. Zwei Kinder hatten sie. Seine Entnazifizierung war unproblematisch verlaufen, denn natürlich hatte er bei der Antragstellung verschwiegen, dass er noch immer im Stillen sang:

      Wir werden weiter marschieren

      Wenn alles in Scherben fällt,

      Denn heute gehört uns Deutschland

      Und morgen die ganze Welt.

      Jetzt war er Mitglied der LDP, der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands. Forsch war sein Auftreten, schneidig seine Sprache.

      Als Karl-Heinz Kappe an seinem Gartentor stand und klingelte, ließ Arthur Schlattke ihn gerne eintreten. Er hielt viel von ihm, und das, obwohl sein Vater wie auch sein Bruder und sein Onkel bei der Kripo arbeiteten. Das war vielleicht mit gewissen Gefahren verbunden, gleichzeitig aber hatte man mit ihm eine Art Spion im feindlichen Lager.

      Er begrüßte Karl-Heinz Kappe im Windfang, ließ ihn dann in der Diele ablegen und führte ihn ins Herrenzimmer, wo sie sich erst einmal eine Lucky Strike ansteckten. Im Ton suchte er eine Mischung von Spieß und väterlichem Freund zu treffen.

      «Nun, mein Lieber, was melden die Buschtrommeln: Wer hat den Rembowski in Pankow aus dem Verkehr gezogen?»

      «Tut mir leid, keine Ahnung …»

      «Und von den Verwandten ist nichts zu erfahren gewesen?»

      «Nee.» Karl-Heinz Kappe zuckte bedauernd mit den Schultern.

      Schlattke fixierte ihn und gab sich inquisitorisch. «Und du schwörst mir, dass du damit nichts zu tun hast, auch nicht mit dem ermordeten Ami in Tempelhof?»

      «Ich schwöre es!» Karl-Heinz Kappe legte die rechte Hand aufs Herz und hob die linke wie zur Eidesleistung.

      «Gut, du hältst aber die Augen offen!»

      «Ja, mache ich.»

      Schlattke rückte nun dichter an ihn heran und sprach ein wenig leiser. «Ich habe nämlich noch einiges mit dir vor und möchte nicht, dass du … Folgendes: Ich werde in den nächsten Wochen an große Ladungen Schokolade herankommen, Cadbury, und jetzt geht es darum, einen Verteilerring aufzubauen …»

      Hermann Kappe war von seinem Sohn Hartmut in einem streng privaten Gespräch von einer abgelegenen Telefonzelle aus gebeten worden, sich auf den schwarzen Märkten in den westlichen Sektoren ein wenig umzuhören, ob es zweckdienliche Hinweise auf den Mörder von Peter Rembowski geben würde. Im Westen zu ermitteln war ihm ja generell von seinen Oberen untersagt.

      «Gut, ich grase mal mit deiner Tante Hertha alles ab, die macht gerade was für den RIAS über den Berliner Schwarzmarkt.»

      Nun war ihm ja Hertha Börnicke nicht gerade ans Herz gewachsen, aber sie hatte zu diesem Thema schon so viele Informationen gesammelt, dass Kappe sich eigenes Recherchieren ersparen konnte. Dass er ein Mensch war, der unnütze Arbeit mied, hatte er nie abgestritten. Also rief er seine Cousine im RIAS an und fragte sie, wo und wann man sich am besten treffen könne.

      Sie lachte. «Sagen wir, morgen früh um zehn an der Uhr am Bahnhof Zoo.»

      Kappe schluckte, bevor er zustimmte, denn dort trafen sich im Allgemeinen nur frischverliebte Paare. Aber nun ja …

      «Wenn du schon in der Gegend bist, kannst du gleich mal deine Mutter besuchen», sagte Klara, als er ihr am Abend von seinem geplanten Treffen mit Hertha Börnicke berichtete. «Du warst jetzt schon zwei Wochen nicht mehr bei ihr, und mir liegt sie deswegen ständig in den Ohren.»

      «Gut, wenn du meinst.» Kappe hatte in seinen langen Ehejahren gelernt, welch hohen Wert die Kunst der Resignation doch hatte.

      Und so stand er am nächsten Morgen pünktlich um neun Uhr bei seiner Mutter auf der Matte, wie er es ausdrückte. Bertha Kappe hatte am östlichen Ende der Pestalozzistraße in der dritten Etage eines Hinterhauses Stube und Küche gemietet und war immer froh und guten Mutes. Sie hatte sich als alte Theaterliebhaberin natürlich Thornton Wilders Wir sind noch einmal davongekommen angesehen, mehrmals sogar, und sich dessen Botschaft zu eigen gemacht. Eine Rezension hatte sie sich aus der Zeitung ausgeschnitten und hinter den Spiegel gesteckt:

      Das СКАЧАТЬ