Razzia. Horst Bosetzky
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Название: Razzia

Автор: Horst Bosetzky

Издательство: Автор

Жанр: Исторические детективы

Серия:

isbn: 9783955520205

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СКАЧАТЬ neuen Sozialdemokraten ins Haus holen, wir haben schon genug damit zu tun, die alten loszuwerden», erklärte er und warf Hartmut Kappe einen Blick zu, der einer Maßregelung gleichkam. «Dein Vater ist gerade in die SPD eingetreten, habe ich gehört?»

      Hartmut Kappe senkte den Blick. «Ich habe in nächtelangen Gesprächen versucht, ihn davon abzubringen, aber vergeblich. Bitte lasten Sie es mir nicht an, dass er nun bei den Speichelleckern des Kapitalismus gelandet ist.»

      Im Büro angekommen, wurde Hartmut Kappe schon von seinem engsten Mitarbeiter erwartet, dem Kriminalhauptwachtmeister Heinz Rösler, einem alten Spanienkämpfer, der ein wenig an Ernst Busch erinnerte, zumal wenn er sang: Wir sind die Moorsoldaten / Und ziehen mit dem Spaten ins Moor.

      «Mord in Pankow», meldete Rösler, «Wolfshagener Straße. Die Hauswartsfrau hat einen gewissen Peter Rembowski tot im Keller aufgefunden.»

      «Dann auf in den hohen Norden!»

      Das alte Gennat’sche Mordauto gab es nicht mehr, aber wenigstens stand ihnen für ihre dienstlichen Zwecke ein betagter Mercedes zur Verfügung. Zwar mussten die beiden hinteren Türen mit einem Bindfaden verschlossen werden, aber immerhin. Die Trümmerwüste des Alexanderplatzes war schnell passiert, dann ging es die Prenzlauer Allee hinauf. Sie kamen über die Danziger Straße zur Schönhauser Allee und fuhren auf der Berliner Straße weiter nach Pankow. Die Wolfshagener Straße zog sich gleich hinter der Pfarrkirche Zu den vier Evangelisten, die auf dem Dorfanger in der Breite Straße hoch aufragte, in nordöstlicher Richtung durch ein Wohngebiet, das man als gutbürgerlich bezeichnen konnte. Die Kollegen vom örtlichen Revier, die schon alles abgesperrt und organisiert hatten, führten die beiden zum Fundort der Leiche.

      Hartmut Kappe holte erste Informationen ein. Der Mann war ganz offensichtlich durch einen Schlag mit einem harten Gegenstand auf den Hinterkopf getötet worden.

      «Wahrscheinlich hat der Täter einen Hammer oder die stumpfe Seite eines Beiles benutzt», erklärte ihm der Kriminaltechniker, ein alter Hase seiner Zunft und Akademiker.

      «Ist der Fundort der Leiche auch der Tatort?», fragte Rösler so schematisch und ein wenig naiv, wie man es ihm im Schnellkurs für Berufsanfänger beigebracht hatte.

      «Das ist doch ganz offensichtlich.» Der Kriminaltechniker gab sich keine Mühe, nicht überheblich zu wirken. Er roch jeden Kommunisten meilenweit gegen den Wind.

      Hartmut Kappe hoffte, dass der Mann von sich aus die Koffer packte und in den Westen der Stadt zog. Mit solchen versnobten Menschen ließ sich der Sozialismus wirklich nicht aufbauen.

      Sie machten sich daran, Auskünfte über den Ermordeten einzuholen. Das meiste erfuhren sie von der Hauswartsfrau, die ihn gefunden hatte.

      «Ick bin nu mal von Natur aus neugierig», erklärte Frieda Kopisch. «War ja ’n schöner Mensch, der Rembowski, so groß gewachsen und schlank. Wenn ick jünger wäre, hätte mir der jefährlich werden können. Det war ’n Charmebolzen, wie a im Buche steht, und tanzen konnte er wie früha so ’n Gigolo.»

      Am späten Nachmittag hatten Hartmut Kappe und Heinz Rösler eine ganze Menge an nützlichen Informationen auf ihren Notizblöcken stehen.

      Peter Rembowski war am 14. April 1915 in Vierraden in der Uckermark auf die Welt gekommen und hatte in Schwedt den Beruf des Herrenausstatters erlernt. Er war in den letzten Kriegstagen als Unteroffizier in sowjetische Gefangenschaft geraten und hatte in den Lagern gut Russisch gelernt. 1940 hatte er geheiratet, seine Frau war aber 1942 bei einem Bombenangriff ums Leben gekommen. Kinder gab es keine. Er sollte über gute Kontakte zur sowjetischen Kolonie in Karlshorst verfügt und diese für Schiebergeschäfte genutzt haben. Das meiste Geld sollte er auf dem schwarzen Markt aber mit dem Tabak verdient haben, den ein Cousin in Vierraden von den staatlichen Kontingenten abzweigte.

      «Damit wara natürlich fein raus und konnte sich die schönsten Frauen leisten, solche wie früha bei den Tiller-Girls», gab Frieda Kopisch noch zu Protokoll. «Die letzte, die er sich anjelacht hatte, die hieß Marianne.»

      «Woher kam denn diese Marianne, und was war sie von Beruf?», fragte Rösler.

      Die Portiersfrau tat etwas verschämt. «Ick hab da mal an’a Tür jelauscht. Schneiderin isse, und irjendwo in New Kölln hat se jewohnt.»

      «New Kölln?»

      «Na, Neukölln is doch amerikanischer Sektor.»

      Hartmut Kappe konnte über solche Scherze nicht lachen. «Und irgendein Mann, der Rembowski besucht hat, ist Ihnen nicht aufgefallen?»

      «Nee, det is mir nich erinnerlich.»

      Sie bedankten sich bei Frieda Kopisch und fuhren nicht ganz ohne Hoffnung, den Täter in absehbarer Zeit zu fassen, in die Dircksenstraße zurück.

      HERMANN KAPPE sah auf die Uhr und hatte nichts anderes mehr im Kopf als seinen Feierabend. « Und das Schiffsvolk jubelt: Halt aus! Hallo! / Und noch zehn Minuten bis Buffalo. »

      Gerhard Piossek, sein Gegenüber am Schreibtisch, wollte Fontanes John Maynard an dieser Stelle nicht gelten lassen. «Unser Dienstgebäude ist doch kein brennendes Schiff. Ein schiefes Bild, Kappe.»

      «Das ist die Erschöpfung.»

      Die Kripo im amerikanischen Sektor hatte in den letzten 24 Stunden mehr als genug zu tun gehabt. Der Telegraf vom 16. Januar 1948 fasste die Geschehnisse wie folgt zusammen:

      Der vor einigen Tagen als vermißt gemeldete amerikanische Corporal Stanley L. Claycomb ist gestern früh durch Passanten in einem Kellerloch der Ruine des Hauses Berliner Straße 3 in Tempelhof ermordet aufgefunden worden. Der Tote lag neben einer Hauswand, die Schädeldecke war eingeschlagen, um den Hals war ein Hosenträger geknotet. Verhaftet wurden bisher drei Deutsche, darunter ein Zahnarzt, dessen Wohnung der Amerikaner am 23. Dezember betreten haben soll.

      Nicht genug damit, in Britz war die Frau eines Berufsverbrechers bei der Festnahme ihres Mannes von der Polizei erschossen worden. Hier musste also gegen die Kollegen ermittelt werden.

      «Dein Sohn muss ja auch ganz schön im Einsatz gewesen sein», sagte Piossek zu Hermann Kappe. «Der erschlagene Schieber da in Pankow, Peter Rembowski …»

      Kappe winkte ab. «Keine Ahnung, das geht mich auch nichts an.» Er räumte seinen Schreibtisch auf und widmete sich in den letzten Minuten seiner Arbeitszeit noch einmal der Morgenzeitung. Im US-Senat hatte Kenneth C. Royall, ein Staatssekretär im Verteidigungsministerium, für den Marshall-Plan plädiert: « Würde man Deutschland dem ursprünglichen Plan zufolge zu einem reinen Agrarstaat machen, dann wäre es niemals imstande, sich selbst zu erhalten. »

      «Wir Berliner hätten das durchaus geschafft», sagte Piossek. «Wir haben doch schon den Tiergarten zu einem großen Schrebergarten gemacht, und wenn wir den Grunewald, den Tegeler und den Grünauer Forst roden, können wir auch genug Roggen anbauen, um für alle täglich eine Mehlsuppe zu haben, mit Klütern.»

      «Keine schlechte Idee», brummte Kappe. «Noch weniger Probleme mit der Nahrungsmittelversorgung hätten wir aber, wenn wir alle wie Gandhi fasten würden.» Und er las vor, was aus Neu-Delhi berichtet wurde: « Mahatma Gandhi begann entgegen früheren Meldungen am Donnerstag den dritten Tag seiner Fastenzeit für den Frieden und betonte, er habe nicht die Absicht, sein Fasten aufzugeben. Im letzten Bulletin vom Donnerstagmorgen erwähnten die Ärzte Gandhis, dass unmittelbare Lebensgefahr für den 78jährigen bestünde. СКАЧАТЬ