Название: Operation Gold
Автор: Petra Gabriel
Издательство: Автор
Жанр: Исторические детективы
isbn: 9783955520199
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«Was ist Ihre Einschätzung? Glauben Sie, dass die Angeklagte etwas mit der Gladow-Bande zu tun hat?», fragte der Verteidiger.
«Einspruch!», meinte der Staatsanwalt. «Was Kriminaloberkommissar Kappe glaubt, ist hier nicht von Belang. Hier zählen nur Fakten.»
Der Vorsitzende Richter beugte sich vor. Marie notierte sich, dass sie noch nach seinem Namen fragen musste. «Namen sind wichtig, Regel Nummer eins», hatte Neuhaus ihr gestern in seinem Schnellkurs in Sachen Journalismus noch eingebleut und hinzugefügt: «Richtig geschriebene Namen. Lassen Sie sich alles buchstabieren! Immer! Auch wenn Sie meinen, Sie wissen, wie ein Name geschrieben wird. Das sind wir unseren Lesern schuldig. Da fängt die Glaubwürdigkeit einer Zeitung an, an solchen Sachen wird sie gemessen.»
«Einspruch abgelehnt», meinte der Richter. «Ich kenne Kriminaloberkommissar Kappe als erfahrenen Ermittler und vertraue seinen Einschätzungen. Haben Sie noch etwas dazu zu sagen, Herr Kriminaloberkommissar?»
Der Staatsanwalt zog ein beleidigtes Gesicht, der Verteidiger ein zufriedenes, und Kappe antwortete: «Ich habe jedenfalls nichts Nachteiliges und schon gar keine solche Vorgeschichte über die junge Dame herausfinden können. Gut, sie trifft in ihrem Beruf viele … Herren. Darunter sind sicherlich auch solche, die es mit unseren Gesetzen nicht so genau nehmen. Aber so, wie ich sie kennengelernt habe, ist sie ein anständiges Mädchen.»
«Ein anständiges Mädchen – dass ich nicht lache!» Die Stimme des Staatsanwaltes klang sarkastisch.
«Im Zweifel für die Angeklagte, Herr Kollege», meinte Verteidiger Peter Ostertag.
«Die Plädoyers sind jetzt noch nicht an der Reihe, Herr Doktor Ostertag», pfiff ihn der Richter zurück. «Außerdem fälle ich das Urteil. Und Sie werden mir wohl die Kenntnis der Gesetze zugestehen, oder?»
Peter Ostertag lief hochrot an. Marie begriff, dass er gerade gehörig in den Senkel gestellt worden war. Offensichtlich sah es der Richter als seine Aufgabe an, den Jungspunden vor Gericht gleich klarzumachen, wo hier der Hammer hing.
Gerade als sie das dachte, riss ein Gerichtsdiener die Türe auf. «Kommissar Kappe soll sofort kommen, ein aktueller Fall!», rief er in den Saal, ging dann zum Richtertisch und überreichte ein Schreiben. «Das kommt direkt aus der Friesenstraße.»
Der Vorsitzende Richter überflog es und nickte. «Dringliche Bitte des Polizeipräsidenten. Herr Kriminaloberkommissar, draußen warten zwei Herren auf Sie. Dann vertagen wir auf morgen. Acht Uhr, selber Ort. Und seien Sie bitte pünktlich, damit wir gleich als Erstes mit Ihrer Zeugenvernehmung weitermachen können!»
Marie schaute nachdenklich zu, wie der Kommissar aus dem Saal stapfte. Sie musste unbedingt noch einmal mit diesem Kappe reden. Vielleicht konnte er ihr in eher privatem Rahmen mehr zu diesem unvermittelt aufgetauchten Belastungszeugen namens Krug sagen. Andererseits – wieso auf morgen warten? Hier tat sich etwas Ungewöhnliches mehr. Und war sie nicht seit Neuestem Reporterin beim Tagesspiegel? Den Verteidiger konnte sie auch morgen noch treffen. Sollte doch dieser Corvus die notwendigen Fakten zusammensammeln! Irgendwann musste der ja vom Zahnarzt zurückkommen. Sie würde später versuchen, beim Tagesspiegel anzurufen und zu sagen, dass der Prozess vertagt worden war. Marie stand auf, warf John Weißbrod einen unschuldigen Blick zu und eilte aus dem Saal.
KAPITEL DREI
in dem Kappe sich mehrfach wundert
KAPPE besah sich den Toten auf dem Trümmergrundstück an der Wollankstraße. Die Haut hing ihm in Fetzen vom Gesicht, die Züge waren völlig entstellt, als habe jemand Säure darübergegossen. «Haben Sie den Mann schon mal gesehen, Jüterbog?»
Der Kollege vom Kriminalkommissariat Wedding war äußerlich der Typ Peter Pasetti. Immer wenn er ihn sah, musste Kappe an einen Film denken, den er letztes oder vorletztes Jahr zusammen mit Klara gesehen hatte: Die kupferne Hochzeit. Die Hauptrollen hatten Hertha Feiler und Hans Nielsen gespielt. Doch die Ähnlichkeit hörte auf, sobald Jüterbog den Mund aufmachte.
«Wie soll ich det sagn? So wie der aussieht, erkennt den selbst die eigene Mutter nich. Aber dit jibt Probleme. Wir ham mal so über’n Daumen jepeilt. Der liecht vamutlich halbe-halbe, die Sektorengrenze muss irgendwo zwischn Kopf und Beene verlaufn. Dabei ham wa schon Demse jenuch mit die vom Ostn.»
Kappe nickte gedankenverloren. Ja, dicke Luft herrschte schon eine ganze Weile zwischen ihnen und der Polizei Ost. Falls der Tote tatsächlich mit dem Kopf im französischen Sektor und mit den Beinen im russischen Sektor lag, würden die Kollegen aus dem Osten die Leiche auf jeden Fall für sich beanspruchen. Schon um den West-Berliner Kollegen eins auszuwischen. Aber abwarten. Erst mal musste die Frage geklärt werden, wo genau die Sektorengrenze verlief. In der Höhe des Brustkorbs, des Bauchs vielleicht oder weiter unten? Diejenigen, auf deren Staatsgebiet das größere Stück der Leiche lag, waren am Ende vermutlich die Zuständigen. Bis zur Klärung der Zuständigkeiten würden sie den Leichnam erst mal mitnehmen. Denn das konnte dauern.
Und so lange konnte der Tote ja nicht auf diesem Trümmergrundstück vor sich hin verwesen.
Kappe kannte und schätzte den Kollegen Jüterbog. Er hatte schon früher gut mit ihm zusammengearbeitet, unter anderem im Fall des Frauenmörders Kimmritz, der schließlich in der Badstraße gefasst worden war. «Dann ist er wohl aus dem Osten fortgelaufen und zumindest mit dem Kopf im Westen angekommen. Wissen wir schon, wann, woran oder wie der Mann gestorben ist? Und wer hat ihn gefunden?»
«Wie er gestorben ist? Vermutlich erschossen. Zwee Bengels ham ihn beim Spieln entdeckt. Wir ham sie schon vernommen. Stehn jetzt da drübn beim Kollegen Drewitz aus’m Osten. Sind völlig jeplättet. Ja, ja, die Ostler sind auch schon da. Der andere ist kurz wech, mal eben umme Ecke für, na, Sie wissen schon, nichtöffentliche Sitzung. Kommt aber gleich wieder.»
Warum sagte Jüterbog das so seltsam? Aber Kappe hatte jetzt andere Probleme, danach würde er sich später erkundigen. «Lassen wir die Jungs erst mal nach Hause gehn, wenn die Ostler mit ihnen fertig sind. Habt ihr denn schon damit angefangen, die Nachbarschaft zu befragen? Vielleicht hat der Mörder hier auf sein Opfer gewartet und ist dabei beobachtet worden. Wenn der Mann in den Westen wollte, wovon wir nach Lage des Körpers wohl ausgehen können, dann wohnt er vielleicht sogar hier im französischen Sektor.» Kappe sah sich um. «Nun ja, viel is hier nich mehr mit Nachbarschaft, wenn ich von den Ratten im Schutt mal absehe.»
Die Männer schauten sich einen Moment lang schweigend an, jeder mit seinen eigenen Erinnerungen beschäftigt. Der Bezirk Wedding hatte während des Krieges ziemlich gelitten. Und da 1945 bei der Schlacht um Berlin Schul-, See- und Badstraße tagelang die Hauptkampflinie gebildet hatten, waren am Ende des Krieges viele der Weddinger Gebäude zerstört oder schwer beschädigt.
Jüterbog schüttelte schließlich den Kopf. «Nee, hab noch niemanden losjeschickt. Ham uff Ihnen jewartet. Anordnung von oben.»
«Na, dann machen Sie mal! Ich denke, wir sollten auf jeden Fall die Nachbarn bis Stern- und Kattegatstraße befragen.»
Jüterbog nickte und sprach mit einem seiner Leute, der unverzüglich aufbrach.
Kappe und Jüterbog gingen hinüber zu den Kollegen aus der Friesenstraße. Piossek und Klingbeil, die ihn mit dem Mordauto vom Gericht abgeholt hatten, hatten sich, nachdem sie am Tatort angekommen waren, sofort an die Spurensicherung gemacht. Klingbeil von der Kriminaltechnik stellte gerade umständlich sein Stativ für die Tatortfotos auf.
Piossek untersuchte die Taschen des Toten und förderte СКАЧАТЬ