Operation Gold. Petra Gabriel
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Название: Operation Gold

Автор: Petra Gabriel

Издательство: Автор

Жанр: Исторические детективы

Серия:

isbn: 9783955520199

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СКАЧАТЬ man ihn nicht so schnell erkennt, und vergisst dann, ihm die Papiere abzunehmen?»

      Kappe ging in die Hocke, um sich den Fund anzusehen.

      Ein Mann näherte sich der Leiche aus Richtung Osten und blieb bei den Füßen des Toten stehen. «Was machst denn du hier, Papa?», fragte er. «Das ist unser Fall.»

      Kappe zuckte zusammen und richtete sich auf. «Haben sie dich jetzt strafversetzt in die Polizeiinspektion Pankow, ich meine das Polizeirevier 282 in der Breite Straße 41 a?», fragte er seinen Sohn, um Zeit zu gewinnen.

      Hartmut Kappe blieb stumm.

      «Was ich hier mache? Dasselbe könnte ich dich auch fragen, Hartmut», fuhr Kappe schließlich fort. Musste ausgerechnet sein Ältester hier auftauchen? Konnte es keiner der anderen ehemaligen Kollegen sein, die Dienst im Polizeipräsidium Ost taten? Doch es half nichts. «Das ist nämlich eindeutig unser Fall», fügte er dann energisch hinzu.

      «Das sehe ich aber ganz anders! Nach Lage des Toten kam der Mann aus dem Osten. Also ist es ein Fall der Polizei Ost!»

      «Aber Beine laufen nun mal nicht ohne einen Kopf. Also ist es ein Fall für die Polizei West, Junge. Das ist doch wohl klar!»

      Beide Männer starrten einander schweigend an. Die anderen Kollegen hielten inne und beobachteten dieses außergewöhnliche Vater-Sohn-Duell. Vater und auch Sohn Kappe wussten, dass die Situation ihnen Probleme bereiten konnte. Weder im Osten noch im Westen sah man es gerne, wenn Kommissare Beziehungen zum Feind unterhielten – und schon gar nicht familiäre. Kappe senior war allerdings durch seine langjährige Polizeizugehörigkeit geschützt, während derer er seine dienstliche und politische Zuverlässigkeit mehr als einmal unter Beweis gestellt hatte. Er war nie in der NSDAP gewesen. Und mit Kappe junior, Kommissar bei der Kripo Ost, legte sich auch niemand gerne an. Ihm wurden besonders gute Beziehungen zu «seinem» Polizeipräsidenten nachgesagt.

      Das Präsidium Ost residierte im Karstadthaus in der Neue Königsstraße unter Leitung von Paul Markgraf – die Westalliierten hatten ihn als Polizeichef abgesetzt, doch die Sowjets hatten ihn gehalten. Die Kriminalpolizei Ost war vorläufig noch in der Dircksenstraße geblieben, doch der Umzug war bereits abzusehen. Das Präsidium West in der Friesenstraße unter der Führung des früheren Markgraf-Stellvertreters Dr. Johannes Stumm hatte 1948 als eigenständige Institution die Arbeit aufgenommen, mit 9491 Polizeibeamten, 971 Hilfskräften und 2200 Wachpolizisten.

      Inzwischen hatte sich Peter Drewitz demonstrativ zu Hartmut Kappe gesellt. Kappe senior nickte ihm zu. «Ah, Drewitz, Sie auch da! So sieht man sich wieder.»

      Früher waren sie ebenfalls Kollegen gewesen, wenn auch nicht lange. Drewitz war im Bezirk Tiergarten aufgewachsen, dann aber zu seiner großen Liebe in den russischen Sektor gezogen. Cherchez la femme, wie die Franzosen sagten. Sie hatten letztes Jahr geheiratet. Das war der Grund dafür, dass er nun ebenfalls zur Markgraf-Truppe gehörte – und nicht etwa, dass er ein besonders linientreuer SEDler gewesen wäre. Soweit Kappe gehört hatte, war der langersehnte Sprössling unterwegs. Doch man wusste nicht mehr so viel voneinander wie früher.

      Kappe betrachtete seinen Ältesten. Hartmut fühlte sich ebenso wenig wohl in dieser Situation wie er selbst. Kein Wunder, sie standen auf feindlichen Seiten. So weit war es gekommen. Es wurde unter der Hand erzählt, in Ost-Berlin, nun Hauptstadt der DDR, seien die Kommunisten dabei, ihre Polizei den «Oststrukturen» anzupassen. Das hieß, es entstanden militärisch geführte Einheiten.

      Kappe dachte wieder einmal, wie leid er dieser ständigen Animositäten war. Anfangs hatten sich die altgedienten Kollegen hüben wie drüben noch ausgetauscht und die Köpfe geschüttelt über die Politiker. Inzwischen aber hatte sich die Beziehung zwischen Ost und West bis auf Eiskellernivau abgekühlt. Es galt, wachsam zu sein, denn der Osten sollte ins Präsidium Friesenstraße mehr als nur einen Spion eingeschleust haben. Umgekehrt natürlich auch. Da tröstete es Kappe nicht, dass er als Kriminaloberkommissar, sehr zur Freude seiner Klara, 150 Mark mehr im Monat verdiente als vorher. Denn dafür zog sich der durch die Teilung verursachte Graben nun durch die eigene Familie. Er freute sich inzwischen sogar auf seinen Ruhestand. Kappe hasste es, innerhalb des eigenen Präsidiums jedes Wort auf die Goldwaage legen, genau bedenken zu müssen, wem er was mitteilte. Von den alten Gewissheiten und der früheren Gemeinschaft war nicht mehr viel übrig geblieben. Sogar Kollegen, die früher lange und gut zusammengearbeitet hatten, vertrauten einander nicht mehr. Das gegenseitige Misstrauen hatte jedoch nicht nur mit der Teilung zu tun. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren viele bei der Polizei aufgenommen worden, die dort eigentlich nichts verloren hatten. Man hatte praktisch jeden nehmen müssen, auch völlig Berufsfremde, um die Reihen wieder aufzufüllen. Und das in vielen Fällen ohne große Überprüfung, denn anfangs waren zahlreiche Akten einfach verschwunden gewesen, irgendwohin ausgelagert. Dann waren die Akten jedoch nach und nach aufgetaucht, und sie hatten feststellen müssen, dass auch der eine oder andere Verbrecher die Gunst der Stunde zu nutzen versucht hatte, um auf diese Weise eine weiße Weste zu bekommen. Das alles erschwerte die Arbeit ganz erheblich – ganz zu schweigen davon, dass die Möbel im Büro zusammengewürfelt waren und Papier auch nach Aufhebung der Berlin-Blockade noch immer Mangelware war und ihnen jedes Blatt vorgezählt wurde.

      Kappe wusste, dass das nicht ging, aber er hätte seinen Sohn am liebsten in den Arm genommen, um die vergangenen Jahre zu überbrücken, die lange Zeit des Schweigens und der Angst, während sein Ältester in russischer Kriegsgefangenschaft gewesen war, und auch diese unglückselige Grenze, die sie noch weiter voneinander entfernte. Ihm tat das Herz weh. Doch Hartmut würde sich nicht erweichen lassen. Er brauchte seine Arbeit. Seine Frau, die blondgelockte Straßenbahnschaffnerin Ingeborg, geborene Kramer, machte zwar gerade eine Ausbildung zur Straßenbahnführerin, hatte also beste Aussichten, doch die beiden erwarteten Nachwuchs. Und der kostete bekanntlich eine Stange Geld.

      Sie sprachen miteinander nicht über Politik, blendeten das Thema aus, so gut es ging. Kappe empfand es als Tragik, dass er während der Zeit des Nationalsozialismus mit seiner Familie wegen deren Sympathie für Hitler nicht über seine Abneigung gegen die Nazis hatte sprechen können. Jetzt musste er sich schon wieder linientreu geben. Ebenso wie Hartmut. Nur die Linien waren andere. Man musste sich wieder einmal durchlavieren, sich irgendwie arrangieren. Privat Vater und Sohn, dienstlich … ja, was?

      «Halt! Das geht so nicht! Das wird Folgen haben!», protestierte Drewitz lauthals in seine Gedanken hinein.

      Kappe sah sich um. Klingbeil und Piossek waren dabei, Fakten zu schaffen. Zusammen mit Kommissar Jüterbog luden sie den Toten kurzerhand in das Mordauto. Kappe schaute seinen Sohn und den ehemaligen Kollegen traurig an und wandte sich dann ohne ein weiteres Wort ab. Das würden sie später klären. Wer die Leiche hatte, hatte den Fall.

      Plötzlich eine weibliche Stimme: «Was ist hier los? Ist das ein Mord?»

      Kappe fuhr herum. «Was tun Sie denn hier, Fräulein Palmer?»

      Marie machte ihr unschuldigstes Gesicht. «Ich bin doch Berichterstatterin beim Tagesspiegel. Deshalb interessiert mich das hier …»

      «Und woher wussten Sie, wo Sie mich finden?»

      Sie deutete auf Piossek. «Der Mann, der Sie im Gericht abgeholt hat, hat es einem Gerichtsdiener gesagt, und von dem habe ich es erfahren. Ein netter Mann, dieser Gerichtsdiener, sehr auskunftsfreudig. Schicken Sie mich jetzt weg?», fragte sie mit einem treuherzigen Augenaufschlag.

      Kappe schmunzelte in sich hinein. So unlieb war ihm die Gegenwart einer Berichterstatterin gar nicht. Solange sie hier war, würde es sicher keine verbissene Ost-West-Auseinandersetzung um diesen Toten geben. Auch Hartmut und Drewitz wussten natürlich, dass die Westzeitung Tagesspiegel daraus eine böse Schlagzeile gemacht hätte. «Nun ja, da Sie schon mal da sind … Aber das СКАЧАТЬ