Das letzte Sandkorn. Bernhard Giersche
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Название: Das letzte Sandkorn

Автор: Bernhard Giersche

Издательство: Автор

Жанр: Контркультура

Серия:

isbn: 9783943795745

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СКАЧАТЬ das?«, schrie er ihn an und schlug weiter auf das hochrote Gesicht von Wilhelmsen ein.

      Dieser rammte ihm das Knie zwischen die Beine und für einen Moment versank Laurenz Beck in einem blinkenden Nebel, während er auf den Rücken fiel und sich dabei schmerzhaft am umgestürzten Bürostuhl stieß.

      Wilhelmsen stand keuchend auf, ergriff den ledernen Sessel am rollenbewehrten Fuß und hob ihn weit über seinen Kopf, offensichtlich, um ihn mit voller Wucht auf Laurenz Becks Kopf zu schmettern.

      In der Sekunde trat ein weiterer Mitarbeiter in das Büro und lenkte Wilhelmsen einen Moment ab.

      In seiner Hand hielt der Mann einen Elektroschocker, und er bewegte sich mit schnellen Schritten auf den Schreibtisch zu, hinter dem Beck auf dem Boden lag und immer noch Sterne sah.

      Laurenz Beck sah nur die Hand mit dem Elektroschocker, der seine fünf Millionen Volt mit einem hochfrequenten Knistern in das rechte Auge von Wilhelmsen entlud und ihn auf der Stelle lähmte. Ein Gurgeln entrann seiner Kehle und der Fachmann für Kleinkredite und Devisen sackte in sich zusammen, ließ den Drehstuhl fallen und stürzte rückwärts auf den Boden.

      »Du bist schuld, wegen dir passiert das alles«, hörte Laurenz Beck seinen vermeintlichen Retter sagen. Er versuchte aufzustehen und sah über die Kante des Schreibtisches hinweg in das Gesicht seines Prokuristen, der ihn mit derselben hasserfüllten Mimik anstarrte, wie der elektrisierte Wilhelmsen.

      Draußen konnte man immer noch laute Schreie und Klirren und Poltern hören, als wütete eine Rinderherde in dem großzügigen Schalterraum der Bank. Es gab einen sehr lauten Knall, und der Prokurist wurde wie von Geisterhand quer über den Schreibtisch geworfen, Papiere und Schreibtischutensilien mit sich reißend.

      In der Bürotür stand der Wachmann der »Kaleido-Security«, der bankeigenen Sicherheitsfirma und der hielt seine rauchende Dienstwaffe in der rechten Hand. Laurenz Beck war halb unter dem nunmehr sehr friedlichen Prokuristen und dem Bürostuhl begraben und rührte sich nicht mehr. Der Wachmann trat näher und ging um den Schreibtisch herum.

      Der Mann in der schwarzen Uniform blickte auf die drei Männer, die blutbesudelt in einem grotesken Knäuel auf dem Boden lagen und gab drei Schüsse auf die Körper ab.

      Dann wandte er sich ab und verließ das Büro. Er öffnete die Tür zum Treppenhaus.

      In den oberen Etagen des Bankgebäudes gab es noch jede Menge Banker, die er töten musste, denn sie waren an allem schuld.

      Die drei Schüsse waren so laut gewesen, dass der schrille Schmerz in seinen Ohren die primäre Empfindung war, die Laurenz Beck verspürte.

      Unendliche Angst, totale Panik und der Schock ließen ihn viel zu schnell und viel zu flach atmen. Der Körper des Prokuristen lastete schwer auf ihm und Wilhelmsen war nicht wieder zu Bewusstsein gekommen. Würde er auch nicht mehr, denn eine der drei Kugeln hatte ihn in die Brust getroffen. Die zweite steckte im rechten Oberschenkel des Prokuristen und die dritte hatte die lederbezogene Lehne des Bürostuhls durchschlagen und sich zwischen den Beinen des Bankmanagers in den Fußboden gebohrt.

      Erfüllt von schierer Todesangst hatte Beck sich eingenässt und begann nun, am ganzen Körper zitternd, sich aus dem grauenvollen Haufen aus menschlichen Körpern, blutbefleckten Papieren und dem Drehstuhl herauszuwinden. Aus der Etage über ihm hörte er erneut Schüsse, die ihn zusammenzucken ließen. Sein weißes Hemd war voller Blut, sein Gesicht war zerschlagen und sein rechtes Auge begann, zuzuschwellen. Seinen nassen Schritt nahm er nicht wahr in diesem Moment.

      Er wagte es, hinter dem Schreibtisch hervorzukriechen und schaute zur Tür. In der Schalterhalle war es mittlerweile ruhig geworden. Vor ihm lag sein Telefon, das im Laufe der Geschehnisse vom Schreibtisch gefallen war und kein Ton drang aus dem Hörer. Tot wie der Prokurist.

      Der Gestank nach Pulver und Blut vermischte sich mit dem seiner Hose zu einem wenig Mut machenden Geruchs-Ensemble. Laurenz Beck kroch auf allen Vieren langsam in Richtung Tür. Seine Gedanken und Gefühle wirbelten völlig durcheinander. Tränen liefen ihm über das Gesicht und wuschen feine Linien in das Blut, das nicht das seine war.

      Erst an der Tür traute sich Laurenz Beck aufzustehen.

      Noch immer raste sein Puls, und auch sein Atem hatte sich nicht beruhigt. Durch die Fenster drangen Geräusche zu ihm. Hupen und laute Schreie. Tatsächlich Schüsse und das Klirren von Glas. Überlaut dominierte auf einmal das infernalische Tosen von Flugzeugtriebwerken direkt über ihm. Das ganze Gebäude schien zu zittern, als der Airbus der Ryan-Air in nur dreißig Metern Höhe über das Bankhaus hinwegflog, um sich, in Seitenneigung befindlich, in die Fassade des Hamburger Rathauses zu bohren. Der Aufschlag und die synchron erfolgende Detonation fand zwar über einen halben Kilometer von Laurenz Beck entfernt statt, dennoch barsten die Fenster und ein Scherbenregen ging auf den Bankmanager nieder. Kerosingestank und Brandgeruch mischten sich zu den ohnehin dominierenden Gerüchen im verwüsteten Büro von Laurenz Beck.

      Er taumelte durch die Tür, nahm wahr, dass der Schalterraum leer war und keine der über dreißig Neonlampen mehr funktionierte. Der Schalterraum lag in diffusem Halbdunkel und war übersät von Teilen der Deckenverkleidung, die durch die Erschütterung des nahen Flugzeugabsturzes herabgefallen waren, umgestürzten Blumenkübeln und zerschlagenen Glasabtrennungen.

      Körper lagen vereinzelt auf dem Boden und durch die großen, erstaunlicherweise intakten Fensterscheiben erkannte Laurenz Beck, dass vor dem Bankhaus mindestens zwei Autos auf der Seite lagen und brannten. Was in diesem ganzen Bild fehlte, waren heulende Alarmanlagen, die Sirenen der Feuerwehr und der Polizei und die Menschen, die retten, bergen und helfen. Stattdessen hörte man ein Knistern und Krachen, ein immer lauter werdendes Rauschen, unterbrochen von Splittern und lauten Schreien. Er tastete sich instinktiv nach Halt suchend an der Wand entlang, bis er die Tür zum Treppenhaus erreicht hatte. Im Keller des Gebäudes gab es einen Tresorraum, der gleichzeitig als Panikraum konstruiert war. Man hatte diesen Raum für den Fall konzipiert, dass Bedienstete während eines Überfalls sich dorthin begeben und sich einschließen konnten, bis die Polizei eingetroffen war und sie befreite. Dorthin wollte Laurenz Beck nun. Dieser Ort schien ihm angesichts des totalen Chaos der sicherste zu sein.

      Im Treppenhaus roch es stark nach Rauch und von den oberen Etagen fielen Ascheflocken herab. Er stieg die Stufen hinab und fand den Tresorraum offen vor.

      Frau Martens, die Kassiererin, die normalerweise hinter schusssicherem Glas Geld an Kunden ausgab oder Bareinzahlungen bearbeitete, lag mit zerschmettertem Schädel vor der offenen Tür. Ihr Rock war hochgerutscht und gab den Blick auf einen geblümten Schlüpfer frei, ihre Beine waren weit gespreizt, in einer letzten, frivol anmutenden Geste.

      Laurenz Beck übergab sich und fügte der Farbpalette auf seinem Anzug noch einige Akzente hinzu.

      Der Panikraum befand sich hinter dem eigentlichen Tresorraum. Er stieg mit geschlossenen Augen über die Leiche von Frau Martens hinweg und ging durch den Tresorraum, der im Grunde nur aus Regalen mit hunderten von Schließfächern bestand. Die Notbeleuchtung, die durch Batterien betrieben wurde, warf diffuses Licht in den Raum und das Blinken an der elektronischen Konsole, an der man den Code eingeben musste, warf monoton abwechselnd grünes und rotes Licht in den Raum.

      Er öffnete die Stahltür zum Panikraum, betrat diesen und schloss die Tür hinter sich. Es gab in diesem Raum nur eine Pritsche und einen kleinen Schrank, in dem sich eigentlich Wasserflaschen und Eimer befinden sollten, der jetzt aber leer war. Im Grunde rechnete schon seit Jahren niemand mehr damit, dass man diesen Raum beutzen würde, denn die Sicherheitssysteme waren so ausgefeilt, dass ein Überfall mehr als unwahrscheinlich geworden war. An der Innenseite der Tür war ein großes Rad angebracht, mit dem man die СКАЧАТЬ