Wenn die Götter auferstehen und die Propheten rebellieren. Oliver Glanz
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Wenn die Götter auferstehen und die Propheten rebellieren - Oliver Glanz страница 14

Название: Wenn die Götter auferstehen und die Propheten rebellieren

Автор: Oliver Glanz

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

Серия:

isbn: 9783815026182

isbn:

СКАЧАТЬ 1, wird aber noch einmal gesondert in Genesis 2 volle Aufmerksamkeit finden. In Vers 26a erklärt der Text auf eine poetische Weise, dass der Mensch seinem Wesen nach plural und singulär zugleich ist. Leider wird das nicht in allen Übersetzungen deutlich. In Vers 26 heißt es, dass Gott »den« einen (Sg.) Menschen schaffen will, aber nicht »er« sondern »sie« sollen herrschen (Vers 26b). Woher kommt aber das »sie« (Pl.), wenn JHWH nur »ihn« (Sg.) gemacht hat? Die gleiche Spannung findet sich in Vers 27, wo JHWH »den« (Sg.) Menschen schafft, aber »ihn« (Sg.) als männlich und weiblich (Pl.) schafft. Der Text definiert klar, dass in der biblischen Schöpfung der Mensch an sich erst existiert, wenn zwei verschiedene Personen existieren (siehe Abb. 14). Der Mensch besteht immer erst, wenn er Mitmensch ist! Ich existiere immer erst dann, wenn mir ein Du gegenübergestellt ist. Und es ist gerade diese Wirklichkeit, mit der der Mensch zum Imago Dei, zum Abbild Gottes wird (siehe Vers 26a und 27a).

      Ganz offensichtlich besteht JHWH in der gleichen Wesenhaftigkeit. Dies wird schon in Vers 26 angedeutet, wo Gottes Sprechen im Singular (»sprach«) angekündigt wird, das Sprechen selber aber im Plural stattfindet (»lasst uns«). Vers 27 führt diese Spannung weiter, indem es nicht mehr »unser Bild«/​»lasst uns machen« (Pl.) sondern »sein Bild«/​»er schuf« (Sg.) lautet. JHWH ist nicht nur der »Eine«, er ist auch der Gott, der immer nur im Bündnis Gott ist. Im Laufe der biblischen Geschichten kristallisiert sich diese Pluralität des einen Gottes immer stärker heraus und wird dann in der Kirchengeschichte technisch mit »Dreieinigkeit« beschrieben. Es ist dieser fünfte und letzte Aspekt, der als prophetische Antwort auf das moderne Dilemma zentral steht. Dem Menschen kann man nicht gerecht werden, wo man ihn ausschließlich aus der 1. Person-Perspektive (Subjektivismus) oder 3. Person-Perspektive (Objektivismus) beschreibt. Man kann den Menschen nicht völlig verstehen, wo man ihn nur in Abgrenzung zu absoluter Freiheit und absoluter Fremdbestimmung definiert. Was der Mensch ist, kann erst dann richtig verstanden werden, wo man ihn in der Begegnung mit dem »Du«, der 2. Person-Perspektive, betrachtet (siehe Abb. 15 und 16).

      Um zu wissen, wer man selbst ist, braucht es immer eine Begegnung mit dem »Du«. Man mag den Menschen objektivistisch beschreiben (biologisch, soziologisch, psychologisch, religiös etc.), aber sein wahres Wesen und seine Individualität wird dabei immer übersehen werden.

      Man mag den Menschen subjektivistisch verstehen (Relativismus), aber auch hier gerät sein wahres Wesen aus dem Blickfeld (siehe Abb. 17).

      Erst da, wo das »Ich« einem »Du« begegnet, wird der Mensch ins Leben gerufen. Die Konsequenzen für das moderne Denken sind dabei immens und werden noch deutlicher werden.

      4.3 Leben aus dem Du

      Den Menschen über den Subjektivismus zu definieren und die Existenz der Wirklichkeit auf sein eigenes Vorstellungsvermögen zu reduzieren, wird im biblischen Schöpfungsbericht deutlich korrigiert. Wasser, Sonne, Fische, Vögel und natürlich JHWH existieren bereits vor dem Menschen. Aber der Mensch ist in bestimmten Grenzen frei, seine eigene Kreativität auszuleben und seiner Verantwortung individuell Gestalt zu geben.

      Fazit: Subjektivität – Ja! Subjektivismus – Nein!

      Den Menschen über den Objektivismus zu definieren, das Denken und Handeln des eigenen Lebens auf vorherbestimmende natürliche Prozesse zurückzuführen, wird ebenso im Schöpfungsbericht korrigiert. Der Mensch wird durch nichts anderes ins Leben gerufen als durch JHWH. JHWH, der ohne bedingt zu sein, aus freiem Willen eine »überflüssige« Schöpfungshandlung durchführt, will sein Spiegelbild im Menschen finden. Auch der Mensch soll im Kern frei von Vorherbestimmungen sein und als König und Herr seiner Kreativität eine eigene Richtung geben. Dennoch gibt es einen Unterschied zwischen JHWH und Mensch. Die Macht des Menschen kann nur innerhalb einer Begrenzung seine Möglichkeiten finden. Und bestimmte Elemente der Schöpfung wie Sonne und Mond, die den Tag und die Nacht bestimmen, werden auch das Leben des Menschen zu einer gewissen Weise mitbestimmen. Die Bewegungen von Sonne und Mond werden nicht durch den Menschen ferngesteuert. Der Mensch bleibt aber in seinem Wesen König und Herrscher. Und zwar in der Sphäre der Lebewesen (Vers 26b und 28), der Sphäre des »Du«.

      Fazit: Objektivität – Ja! Objektivismus – Nein!

      Diese Schlussfolgerung wird vor allem in Genesis 2 ganz plastisch dargestellt. Nach den knappen Worten zur Menschenschöpfung im ersten Kapitel der Bibel wirft Genesis 2 noch einmal ein genaueres Bild auf das, was bei der Menschenschöpfung eigentlich geschah. Genesis 2 erklärt, dass die Menschenschöpfung in einem bedeutungsvollen Schöpfungsprozess entstanden ist. Ohne ins Detail zu gehen, sind folgende Elemente des Berichtes wichtig:

      1. Ohne Retter kein Leben (Vers 18 bis 20): Zuerst schafft Gott eine Person ohne Mitmenschen und macht ganz deutlich, dass ein Bestehen des Menschen im Alleinsein nicht gut ist und ihm nicht entspricht. Das deckt sich mit der Menschendefinition aus Genesis 1,26 - 27. Was der Mensch nötig hat, um zu überleben, ist ein »Gehilfe« (עֵזֶר). Dieses Wort muss sehr existenziell aufgefasst werden. Es bedeutet weder Haushilfe oder Assistent, sondern hat wesentlich mehr die Bedeutung von Retter. In der Regel wird dieses Wort im Alten Testament darum auch nicht für Menschen gebraucht, sondern für Gott (z. B. Psalm 70,6; 115,9 - 11). David sagt: »Wäre Gott mir kein עֵזֶר gewesen, dann wäre ich jetzt tot« (Psalm 94,17). Wenn es um die Erhaltung des Lebens geht, braucht man einen עֵזֶר einen Mitmenschen als Partner. Aber JHWH will diese eine geschaffene Person – die ja noch nicht wirklich Mensch ist – mit dem Alleinsein als einer Unmöglichkeit für sinnvolles Menschenleben konfrontieren. Und so ermöglicht er diesem »Nicht«-Menschen ein paar Augenblicke des Lebens ohne עֵזֶר. In seiner Begegnung mit den Lebewesen, über die er herrschen soll, erlebt er sehr schnell, dass sich weder das Pferd noch das Huhn als Lösung für das Alleinsein anbieten.

      2. Einsamkeit ist Tod (Vers 21): Sinnbildlich wird die Erfahrung in Vers 20 Adam zur Todeserfahrung, denn er fällt in einen todesähnlichen Schlaf. Das hebräische Wort תַּרְדֵּמָה (tiefer Schlaf) kann auch metaphorisch für Tod benutzt werden. Der Schreiber will, dass der Leser versteht: Ein Leben, das auf das eigene Ich reduziert ist (Subjektivismus), endet im Tod. Sonnenschein, Nahrung und physische Gesundheit sind nicht ausreichend, um zu überleben. Wo der עֵזֶר fehlt, trifft der Tod ein. Mitmenschlichkeit hat also eine existenzielle Dimension. Alleinsein bedeutet Einsamkeit und kann im biblischen Sinne als das Gesicht des Todes beschrieben werden.

      3. Leben in der Teilung (Vers 22 - 23): Die bedeutungsträchtige Handlung findet in Vers 22 statt. Gott teilt den Körper Adams und ergänzt die zwei getrennten Teile mit Materie. Es entstehen zwei ähnliche Formen. Zwar kann man das Hebräische Wort צֵלָע mit Rippe übersetzen, aber es hat meist die Bedeutung von Seite (z. B. Exodus 26,26) und macht in diesem Kontext auch mehr Sinn. Die materielle Existenz der einen Person ist damit Teil der materiellen Existenz der anderen Person (siehe Abb. 18).

      Nachdem JHWH die beiden Formen ins Leben ruft, gibt es nicht mehr einen auf sich selbst zurückgeworfenen Menschen, sondern zwei Mitmenschen. Die Menschenschöpfung ist jetzt erst abgeschlossen, und erst jetzt wird die Gottähnlichkeit des Menschen erreicht. Interessanterweise führt erst die Begegnung mit dem »Du« СКАЧАТЬ