Название: Stoner McTavish - Schatten
Автор: Sarah Dreher
Издательство: Автор
Жанр: Ужасы и Мистика
isbn: 9783867548809
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Marylou kreischte.
»Genau so hatte ich mir das vorgestellt.«
»Nimm die Witwe mit.«
Stoner schüttelte den Kopf. »Gwen würde nicht mitkommen.«
»Hast du sie gefragt?«
»Nein.«
»Woher willst du dann …«
»Ich weiß es eben, das reicht. Sie hat zu tun. Sie hat immer zu tun.«
Marylou zuckte mit den Schultern. »Du musst ja wissen, was du tust. Die Kreuzfahrt-Reservierungen, bitte.«
Sie ging an ihren Schreibtisch und nahm das erste Blatt vom Haufen. Anguilla, um Gottes willen. Sie griff den ›Dumont‹ und las die Beschreibung durch.
»57 Quadratkilometer unfruchtbares, aalförmiges Land, von Stränden gesäumt …« Unfruchtbar? Aalförmig? Wunderbar. »Schlängelt sich 25 Kilometer lang.« Gute Göttin. »Wer auch immer Ihnen gerade begegnet, wird Sie willkommen heißen und Ihnen das Gefühl geben, Sie seien zu Hause.« Robinson Crusoe, ohne Zweifel.
Fünf Hotels. Wir empfehlen das ›Hotel Spitzkehre‹ am Kap der Stürme. Das ist doch ein Name, der die Seele wärmt und die Sinne entzückt.
Die Leute, wer auch immer sie gerade sind, werden Anguilla hassen. Willkommen geheißen von Wer-auch-immer-ihnen-gerade-begegnet, gibt es zwölf Stunden nach ihrer Ankunft einen Militärputsch. Sie werden unter Hausarrest im charmanten ›Hotel Spitzkehre‹ gestellt, wo umgehend Sushi und Wein knapp werden. Drei Tage später schickt der Präsident ›Friedenstruppen‹, also finden sie sich in einem Militärjumbo eingepfercht wieder. Der wird leider von libyschen Terroristen entführt, die ihn nach Algier fliegen. Algier verweigert ihnen die Landeerlaubnis. Also versuchen sie es in Johannesburg, Athen, Frankfurt und Havanna, bevor sie schließlich auf den Falkland-Inseln aufsetzen, während die ganze Nation zur Geisel von Cable-News-TV geworden ist. Wenn dann alles überstanden ist, werden sie auf der Andrews-Luftwaffenbasis von einer Meute frisch rasierter Reagan-Fans, ›Born in the USA‹ grölend, in Empfang genommen. Sie (müde, zerzaust und unfotogen) werden von einem Bataillon Radio- und Fernsehreporter interviewt und dann zum Weißen Haus hinübergefahren, auf Straßen, die durch gelbe Bänder zwischen den Bäumen abgesperrt sind, während ihr Gepäck auf Nimmerwiedersehen in Richtung Guatemala entschwindet. Kesselbaum & McTavish wird selbstverständlich für alles verantwortlich gemacht. Wir müssen ihnen ihre Gelder zurückerstatten und werden von ihnen gerichtlich für erlittene Traumata belangt.
Sie warf das Buch auf den Schreibtisch zurück. »Vergiss Anguilla. Wir können uns den Prozess nicht leisten.«
»Entschuldige, wie?«
»Tut mir leid, ich wusste nicht, dass du gerade telefonierst.«
Marylou wedelte Stoners Entschuldigung fort und widmete ihre ganze Aufmerksamkeit dem Telefonhörer. »Gwen Owens, bitte.«
Stoner stand auf. »Marylou …«
»Ich«, erklärte Marylou dem Telefon, »bin Marylou Kesselbaum. Wer sind Sie?«
»Marylou, was fällt dir eigentlich ein?«
»Also, Mrs. Bainbridge, dies ist ein Notfall. Ich rufe von der Hauptklinik Boston an. Wir haben hier einen Fall von Gelbsucht, und wir nehmen an, dass er sich bis zu Ms. Owens zurückverfolgen lässt.«
»Um Gottes willen, Marylou.« Sie riss das Telefon an sich.
»Zu spät, Schätzchen. Sie stellen dich gerade ins Lehrerzimmer durch.«
»Ich hasse dich.«
»Mich?«, fragte Gwen am anderen Ende der Leitung. »Wer spricht da?«
»Es ist nichts«, sagte Stoner. »Nur einer von Marylous blöden Scherzen.«
»Ach, hallo, Stoner. Schön, deine Stimme zu hören. Was gibt’s?«
Stoner hielt Marylou den Hörer hin. »Du hast das Ganze angefangen, nun bring es auch zu Ende.«
»Ich nicht«, sagte Marylou. »Ich muss gerade mal aufs Klo.« Sie huschte zur Tür hinaus.
»Es tut mir leid.«
Gwen lachte. »Ihr beide müsst euch ja ziemlich langweilen, wenn ihr jetzt schon Telefonstreiche macht. Ich hab das nicht mehr getan, seit ich sieben war.«
»Na ja, eigentlich …« Sie wischte sich ihre Hand am Hosenbein ab. »Ich wollte dich fragen …«
»Ja?«
»Na ja … Tante Hermione … ich meine …« Sie holte tief Luft. »Ich muss am Wochenende nach Maine. Du hast bestimmt keine Lust mitzukommen, oder?«, sagte sie in einem Atemzug.
»Nach Maine?«
»Wenn du nicht willst … ich meine, falls du eine Verabredung oder so hast, verstehe ich d…«
»Eine Verabredung? Warum sollte ich eine Verabredung haben?«
»Du hattest letztes Wochenende eine Verabredung.«
»Das war keine Verabredung, sondern ein Arbeitstreffen.«
»Danach seid ihr aber unterwegs gewesen.«
»Neun Lehrerinnen und Lehrer trinken Bier und diskutieren im Watertown-Leanding-Gebäude bei einer Pizza, so was mag mit sechzehn eine Verabredung sein, mit einunddreißig ist das ein Arbeitstreffen.«
»Oh.«
»Ich fände es toll, mit dir nach Maine zu fahren. Lass uns den Freitag freinehmen und ein verlängertes Wochenende daraus machen.«
Stoner musste kräftig schlucken. »Du kannst das einrichten?«
»Nach neun Jahren Lehramt hier kann ich tun, was ich für richtig halte.«
Ihr Gaumen fühlte sich irgendwie fusselig an. »Okay«, sagte sie mit wackeliger Stimme. »Ich ruf dich heute Abend an, dann können wir das alles durchplanen.«
»Prima. Jederzeit.«
Stoner zögerte.
»Irgendwas nicht richtig?«, fragte Gwen.
»Öhh … Gwen, was hast du gerade an?«
»Lohfarbene Bundfaltenhosen und marineblaues Hemd. Warum?«
Stoner seufzte.
»Stoner McTavish, ist das ein obszöner Anruf?«
»Ja. – Nein! Wir telefonieren später.«
Sie schleuderte den Hörer auf die Gabel und stürzte durch den Raum. »Marylou!« Sie hämmerte gegen die Klotür. »Marylou! Sie kommt mit!«
»Um Gottes willen!«, kreischte Marylou. »Ich dachte, du wärst ein Straßenräuber.«