Название: Stoner McTavish - Schatten
Автор: Sarah Dreher
Издательство: Автор
Жанр: Ужасы и Мистика
isbn: 9783867548809
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»Du schmeichelst der Wahrheit.«
»Aber du kannst ein Kätzchen an dich gewöhnen, solange es jung ist.«
Ich dachte da eigentlich eher an Erziehung als an Gewöhnung. Die Erziehung, sich nicht in meine Fersen zu krallen, keine toten Vögel ins Haus zu schleppen, nicht die Blauen McTavish-Fadenlos-Zwitter-Schnellwüchser-Springbohnen zu terrorisieren.
»Ich vermute, es gab eine geschwisterliche Rivalität zwischen dir und Diablo«, sagte ihre Tante. »Völlig normal unter den damaligen Umständen.«
»Er behandelte mich besser als die Blue Runners. Erinnerst du dich daran, wie er die gesamte Ernte auffraß und dir damit fast das Geschäft ruinierte?«
»Nicht nur meins. Denk nur an all die bohnenlosen Dachgärten in Back Bay. Wärest du nicht so schlau gewesen, noch ein paar Bohnen auf dem Boden meines Strickkorbes zu finden, wäre es das Ende einer Ära geworden.« Sie sah Stoner zärtlich an. »Manchmal weiß ich gar nicht, wie ich ohne dich zurechtkäme.«
»Es hätten sich schon noch mehr gefunden.« Vermutlich in der Kiste mit dem Familiensilber zwischen der Wäsche auf dem Dachboden, in der Erwartung, von wagemutigen Archäologinnen im Jahre dreitausend entdeckt zu werden. »Aber du, du bist wirklich einmalig, Tante Hermione.«
»Wofür die Welt vermutlich jeden Sonntagmorgen Dankeshymnen schmettert«, sagte Tante Hermione.
»Und ich schmettere täglich Dankeshymnen, weil, wenn es denn nur eine Hermione Moore auf der Welt geben kann, sie es einrichtete, meine Tante zu werden.«
Zum ersten Mal in ihrem Leben sah sie Tante Hermione erröten. »Du beeilst dich jetzt besser«, sagte die ältere Frau. »Ich möchte nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass du zu spät zur Arbeit kommst.«
Stoner zog ihren Regenmantel vom Haken neben der Hintertür. »Tante Hermione, war Diablo dein Medium?«
»Aber, Liebes, nein! Er war viel zu aggressiv. Ich habe noch niemals eine so aggressive Katze erlebt.«
»Ich hab die Narben, um es zu bezeugen.«
»Ich werde niemals den Tag vergessen, als er in die Schublade mit deiner Unterwäsche stieg«, sagte Tante Hermione glücklich. »Er fraß dir aus allen deinen Slips den Schritt heraus.«
Stoner packte fest den Türgriff. »Falls ich dich nicht behalten kann, kann ich dann Gracie Allen bekommen?«
Ihre Tante runzelte nachdenklich die Stirn. »Ich glaube nicht, Liebes. Sie ist in frühestens vierzig Jahren zur Reinkarnation fällig.«
***
Die Fäuste in den Jackentaschen stapfte Stoner durch den Schneematsch und starrte auf die wässrige Straße, auf die kahlen, schwärzlich schimmernden Bäume, in die verstopften Rinnsteine voller Eis, Streusand und zerbeulten Bierdosen. Der späte Winterhimmel hatte die Farbe von Schimmel angenommen.
Boston. Es hieß, die Stadt wäre auf Müll gebaut worden. Tonnen von Müll einst in einen Sumpf gekippt. Sie zweifelte keine Sekunde daran.
Sie suchte nach dem Licht auf der Spitze des Hancock-Wolkenkratzers, aber der Nebel hatte es ausradiert. Eine Taube kauerte hinter einer Parkbank, ein grauschwarzes Klümpchen Elend. Die Schaufenster eines Drugstore waren mit Plüschhasen, Plastikeiern und unerschwinglichen Chantilly-Chocoladen-Creationen dekoriert.
Fröhliche Ostern, dachte sie. Wer sich bei diesem Wetter wiederbeleben lässt, ist wirklich nicht mehr zu retten.
Die Tür des Reisebüros klemmte wie üblich. Als sie sie mit der Hüfte aufstieß, wäre sie dabei fast in den warmen, muffigen Raum gefallen. Marylou sah von ihren Papieren auf.
»Guten Morgen. Können wir Ihnen behilflich sein?«
»Ich brauche eine Fahrkarte in die Hölle. Nur Hinfahrt.«
»Sie haben Glück. Es sind in letzter Minute noch zwei Plätze für eine Charter-Maschine frei geworden. Reisen Sie allein oder nehmen Sie den Herrn Gemahl mit?«
»Allein.« Voll Widerwillen hängte sie ihren Schal und den durchnässten Mantel über einen Haken im Kleiderschrank. »Tut mir leid, ich bin zu spät.«
Marylou wedelte mit der Hand, begleitet vom Klingeln silberner Armbänder. »Mach dir nichts draus.«
»War irgendwas los?« Sie fuhr sich mit einem Kamm durchs Haar, ohne sich darum zu kümmern, in welche Richtung es sich legte.
»Nicht viel. Ein Besuch von Boston sehren werten Ordnungshütern mit der Warnung, vor Ladendieben auf der Hut zu sein. Ein paar Kreuzfahrt-Reservierungen – sie liegen auf deinem Schreibtisch. Und ein Klassenausflug der katholischen Grundschule ›Mutter der unbefleckten Empfängnis‹.« Marylou zupfte ihren Rock zurecht. »Ist dir jemals aufgefallen, dass der Regen die Nonnen hervorlockt?«
Stoner stählte sich und warf einen zaghaften Blick auf das oberste Regalbrett. Da oben konnte irgendetwas sein. Gehackte Leber, griechischer Salat, Döner. Einmal hatte sie ein zehn Pfund schweres Rad extrastarken Vermont Cheddar-Käse gefunden. Heute waren es gefüllte Eier, Dutzende gefüllter Eier, einige gesprenkelt mit grünen Flecken, andere mit roten und wieder andere mit etwas, was sie gar nicht so genau wissen wollte. »Marylou, was ist mit diesen Eiern?«
»Ostereier. Willst du eins?«
»Es ist zu früh am Morgen für Ostereier.« Sie streifte einen Stiefel ab, verlor das Gleichgewicht, fiel gegen die Wand und trat in eine Wasserlache. »Ich hasse mein Leben.«
»Schon wieder ’ne üble Nacht gehabt, hm?«
»Grausam. Tante Hermione möchte, dass ich nach Maine fahre.«
Marylou wählte drei Eier aus, legte sie ordentlich auf eine Papierserviette und trug sie zu ihrem Schreibtisch. »Um zwischen Moos und Blaubeeren herumzutollen?«
»Um jemanden zu suchen. Eine ihrer Klientinnen hat eine Schwester verloren.«
»Das klingt übertrieben sorglos.« Sie schnippte sich etwas Eigelb von ihrer Bluse.
»Ich denke, ich hab keine Lust auf Maine«, sagte Stoner und sammelte das Eigelb auf, um es in den Papierkorb zu werfen.
»Sag nein.«
»Ich kann nicht.«
»Warum nicht?«
»Nach allem, was sie für mich getan hat?«
»Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass Tante Hermione Punkte zählt, Schätzchen.«
Stoner blätterte die Post durch. »Das ist nicht die Frage.«
»Also, was gedenkst du СКАЧАТЬ