Название: Stoner McTavish - Schatten
Автор: Sarah Dreher
Издательство: Автор
Жанр: Ужасы и Мистика
isbn: 9783867548809
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»Wir müssen nur noch entsprechend arbeiten.«
»Wahrscheinlich hast du recht.« Tante Hermione ließ sich mit Agatha Christie auf dem Rand der Badewanne nieder. »Man muss sich wohl gelegentlich blicken lassen, nicht wahr?«
»Genau. Und zwar muss man sich pünktlich blicken lassen, also wenn es dir nichts ausmacht …« Stoner deutete zur Tür.
»Angenehmes Duschen, Liebes«, sagte Tante Hermione freundlich. »Wenn sich deine Laune etwas gebessert hat, können wir ein nettes kleines Gespräch über Claire Rasmussen führen.«
»Ich kenne niemanden namens …«
Sie stellte fest, dass sie mit der Badezimmertür sprach.
***
»Claire Rasmussen?«
Tante Hermione schenkte sich eine weitere Tasse Matetee ein. »Sie ist verschwunden. Wir sprechen darüber, wenn du etwas gegessen hast. Du bist immer ausgesprochen unausstehlich vor dem Frühstück.«
»Immer?«
»Jeden Morgen, seit sechzehn Jahren, bist du unausstehlich. Warst du schon so unausstehlich, bevor du dein Elternhaus verlassen hast?«
»Vermutlich.« Sie bestrich ein Milchbrötchen mit Butter. »Oh Göttin, muss ich langweilig sein.«
»Findest du? Ich fand es immer sehr angenehm. Soll da wirklich die ganze Butter draufbleiben, Stoner? Sie ist so fett.«
»Ich brauch das, um den Tag durchzustehen.«
»Du isst nicht genug.« Tante Hermione nahm ihren eigenen Teller in Augenschein, kaum noch zu sehen unter einem Berg Rührei, Toast mit Marmelade und sechs Scheiben Schinkenspeck. Daneben stand ein Schälchen mit Krautsalat, übrig vom Vorabend. »Ich allerdings futtere wie ein Fernfahrer.«
»Ohne jemals ein Gramm zuzunehmen. Wie machst du das bloß?«
»Das ist die Arbeit. Manchmal saugen die Sitzungen an meinen Energievorräten wie ein Elektrolux. Vielleicht sollte ich mir doch lieber ein Haustier als Medium zulegen, aber das kommt mir irgendwie so unpersönlich vor.«
»Warum grübeln, solange dir das Essen Freude macht.«
»Das war sehr inspiriert«, sagte ihre Tante strahlend. »Du bist immer so gut im Finden von Entschuldigungen.«
»Mutter behauptet, es ist das, was ich am besten kann.«
»Meine Schwester ist eine dumme Frau. Sie war auch ein dummes Kind, schon damals. Wenn ich nur daran denke, wie sie erst als Mutter gewesen sein muss … mir wird ganz anders.«
»Oh ja«, sagte Stoner. »Allerdings.«
Tante Hermione sah sich in der Küche um. »Wir brauchen einfach mehr Chrom.«
»Ich kann nachher auf dem Nachhauseweg welches aus der Apotheke mitbringen, oder brauchst du es jetzt sofort?«
»Verzeihung, was meinst du?«
»Wenn sie es in reiner Form nicht dahaben, soll ich dann so eine Tablettenmischung nehmen?«
»Stoner, um alles in der Welt, wovon sprichst du?«
»Na, von Chrom. Spurenelementen …«
Ihre Tante brach in schallendes Gelächter aus. »Doch nicht solches Chrom. Chrom, wie in Handtuchhaltern, Zuckerdosen, Radkappen. Fernfahrerkneipenchrom.«
»Wenn ich vorhätte, nach Maine zu fahren«, spöttelte Stoner, »könnte ich dir irgendeinen Kram von einem Flohmarkt mitbringen.«
Tante Hermione zuckte mit den Achseln. »Ich wünsche dir viel Spaß. In Maine finden, besonders in der Zwischensaison, hemmungslose Volksfeste statt.« Sie musterte den Raum. »Es wäre nett, die Küche im Fernfahrerdesign zu erneuern. Wir könnten das kleine Brokatsofa durch Barhocker ersetzen …«
»Ja, mit zerrissenen roten Plastikbezügen.« Sie schenkte sich eine weitere Tasse Kaffee ein.
»Und die Wände rosa streichen. Unser ganzes Essbesteck hat ein einheitliches Design. Dagegen müssen wir unbedingt etwas tun.«
»Bunte Karovorhänge statt weidengeflochtener Vogelkäfige an den Fenstern«, sagte Stoner, die begann, Gefallen an der Sache zu finden.
»Wir brauchen ein Hinterzimmer. Vollkommen dunkel, nur mit einem roten Lämpchen für ungewöhnliche Zwecke. Und Herrenmagazine.«
»Herrenmagazine!« Sie verschluckte sich an ihrem Kaffee. »Heutzutage nennt man das Pornos, Tante Hermione.«
Die Augen der älteren Frau gerieten ins Träumen. »Ich hab mal in der größten Fernfahrerkneipe der Welt gegessen. Das war in Xenia, Ohio. 1956. Ich war unterwegs zu einem Psychologinnenkongress am Barea College. Ethel Morrissey war bei mir. Sie entmaterialisierte sich 1963.«
»Hörst du noch manchmal von ihr?« fragte Stoner.
»Nicht oft. Sie interessierte sich nicht sonderlich für die materielle Ebene. Außer für die Xenia-Fernfahrerkneipe.«
»Vielleicht schaut sie ja mal vorbei, wenn wir die Küche renoviert haben.«
»Was denn, Stoner«, sagte Tante Hermione, »ich dachte, du glaubst nicht an Geister.«
»Tu ich auch nicht, aber ich bin zu müde zum Diskutieren.«
»Denk an meine Worte, irgendwann dieser Tage wirst du eine Offenbarung haben …«
»Nicht im März.«
Tante Hermione aß das Rührei auf. »Wenn wir ins Fernfahrermilieu wechseln, meinst du, dass ich mich dann von meinem Aschenbecher trennen muss?«
Der Aschenbecher war fest in die Mitte des Tisches eingelassen und wirkte dadurch ein bisschen wie der Mittelpunkt des Universums. Er war alt und rissig, teilweise abgesplittert und mit dem goldenen Schriftzug ›Asch gefälligst hier rein‹ geschmückt.
»Ich finde«, sagte Stoner, »er ist so protzig, er passt zu allem.«
»Ich habe diesen Aschenbecher gewonnen«, verkündete Tante Hermione stolz. »1947 bei der Penny-Tombola unter den Arkaden von Old Orchard Beach.«
Stoner stand auf und durchforstete den Brotkasten auf der Suche nach weiteren Milchbrötchen.
»Marylou wäre schockiert«, fuhr ihre Tante fort, »aber ihre Mutter wäre bestimmt ganz wild darauf, einmal dorthin zu kommen. Da du gerade stehst, gib mir doch bitte noch etwas von dem Krautsalat.«
»Es ist mir ein Rätsel, wie du dieses Zeug schon morgens essen kannst«, sagte Stoner, hob ein paar Löffelvoll auf den Teller und versuchte, dabei nicht zu atmen.
»Koste doch mal davon, sehr erfrischend.«
»Nein, СКАЧАТЬ