Menschen im Krieg – Gone to Soldiers. Marge Piercy
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Название: Menschen im Krieg – Gone to Soldiers

Автор: Marge Piercy

Издательство: Автор

Жанр: Книги о войне

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isbn: 9783867548724

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СКАЧАТЬ sterben vor Hunger und Kälte. Er sagt, sie fallen zu tausenden tot um, und es ist niemand da, um sie zu beerdigen.«

      Louise schwieg. Sie und Oscar hatten Freunde unter den Intellektuellen und Schriftstellern Leningrads, einer Stadt, die sie Moskau vorzogen. Oscar konnte etwas Russisch, und sie hatten die Sowjetunion 1938 besucht. Schließlich sagte sie: »Wir werden wohl erst, wenn der Krieg vorbei ist, erfahren, was aus allen geworden ist.« Sie seufzte, und Oscar an seinem Ende seufzte auch. »Ach, Gloria hat Kay geschrieben.«

      »Was hatte sie zu berichten?«

      »Da musst du deine Tochter fragen.«

      »Ich bin überzeugt, Gloria geht es bestens. Sie ist gut vor den Nazis abgeschirmt, und ich kann mir nicht vorstellen, wieso die sich für sie interessieren sollten. Mir wäre zwar sehr viel lieber, sie würde sich zurückverfügen, aber sie sieht wohl wenig Grund, ihre Koffer zu packen und abzureisen. Schließlich ist sie Bürgerin eines neutralen Staates.«

      »Was hast du auf dem Herzen, Oscar? Du hast zweimal angerufen.«

      »Sonntag ist unser Hochzeitstag. Der siebzehnte, hab ich recht?«

      »Es war schon ungewöhnlich, dass du ihn in den fünfzehn Jahren unserer Ehe behalten hast, das sagten mir immer meine sämtlichen Freundinnen, aber hältst du es nicht für ein bisschen übertrieben, davon Notiz zu nehmen, nachdem wir geschieden sind?«

      »Ich weiß immer noch nicht, warum du die Scheidung wolltest –«

      »Sie ist jetzt seit einem Jahr rechtskräftig. Ist es nicht etwas spät, darüber zu diskutieren? Ich fand es absurd, mit einem Mann verheiratet zu sein, mit dem ich nicht mehr zusammenlebte.«

      »Lass uns jetzt nicht darüber streiten. Ich dachte, es wäre hübsch, gemeinsam zu Abend zu essen, zur Erinnerung an alte Zeiten. Schließlich werden wir sowieso den ganzen Abend aneinander denken. Warum dann nicht zusammen?«

      »Bittest du mich um ein Rendezvous, Oscar?« Es klang albern, aber sie wollte Zeit gewinnen.

      »Genau das. Wäre das nicht schön? Wir haben schon eine Ewigkeit nicht mehr manierlich zusammengesessen und ein gutes Essen und eine Flasche Wein geteilt. Ich brenne darauf, dir zu erzählen, was ich mache. Und natürlich auch alles von dir zu hören.«

      Oscar widerstrebte es zutiefst, Frauen loszulassen. Er versuchte, alle seine ehemaligen Freundinnen in der einen oder anderen Funktion beizubehalten, als Freundinnen, Kolleginnen, Abhängige, zumindest als Bekannte. Er war es gewohnt, immer noch die Fürsorglichkeit seiner verwitweten Mutter zu beanspruchen. Er wollte nicht einsehen, warum er auch nur eine der Frauen, deren Zuwendung er genossen hatte, je gehen lassen sollte. Er wusste sogar noch ihren Wunsch nach Rat und Anteilnahme bei ihren Problemen mit Kay für seine Zwecke zu nutzen. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, jemals nicht mehr neugierig auf Oscar zu sein; ihr Problem mit anderen Männern war, dass sie alle mit ihm verglich. Dennis Winterhaven behauptete, sie mache Oscar zu einem Mythos, aber er kannte Oscar eben nicht.

      »Komm, Louie, warum nicht? Ich gehe mit dir hin, wo du möchtest. Aber ich habe ein wunderbares spanisches Restaurant in der Vierzehnten entdeckt, natürlich Flüchtlinge, hervorragender Gitarrist, vorzügliche Paella.«

      Sie war an dem Abend mit Dennis verabredet, aber erst um sieben. Sie wollten zusammen essen, dann führte er sie ins Savoy, um Hildegarde zu hören. »Sonntagabend habe ich schon etwas vor. Aber ich könnte mit dir zu Mittag essen.«

      »Ich hol dich um eins ab?«

      »Ist gut.« Sowie sie aufgelegt hatte, wanderte sie im Büro umher. Warum hatte sie zugestimmt? Weil sie der Versuchung nicht widerstehen konnte, ihn zu sehen. Dabei war sie ungefährdet, denn sie traf sich gleich anschließend mit Dennis. Oscar hatte natürlich recht; sie hätte den Abend damit zugebracht, an ihn zu denken. Wäre sie doch nur fähig, sich in Dennis zu verlieben! Das Abendessen war theoretisch reich an Möglichkeiten. Wie ihre flatterigen Gefühle nutzen? Ihre Finger zeichneten Kreise auf die Schreibtischunterlage. Sie konnte keine Geschiedene zur Heldin nehmen. Die gaben in den Journalen nur gelegentlich die böse Schlange ab. Sie selbst fand großen Gefallen am anrüchigen Klang, eine Geschiedene zu sein. Sie hatte das glanzlose Gattinnendasein überwunden und war daraus als schillernder tropischer Prachtfalter hervorgegangen, aber einer mit einem Wespenstachel.

      Würde man ihr ein Paar, das in Trennung lebte, durchgehen lassen? Oder musste es ein vor Jahren beinahe geheirateter Mann sein? Das war sicherer. Der Hochzeitstag, das war das Gedenken an den Tag, an dem sie beinahe geheiratet hatten, aber dann eben doch nicht. Und weshalb nicht? Louise schaute auf die Uhr. Ihr blieben noch ein paar Stunden bis zum Abendbrot. Sie grub nach dem verborgenen Traum, der in dieser nichtssagenden Geschichte steckte. Das war ihre Stärke, den geheimen Phantasievorstellungen von Frauen auf die Spur zu kommen, diese Gesteinsader auszubeuten wie radioaktives Erz, wie das Uran, an dem Madame Curie gearbeitet hatte; oder, ehrlicher, wie die Buttercremeschicht einer Torte. Wollen mal sehen, beispielsweise eine Witwe? Jung verwitwet? Auf Kriegstote war man noch nicht eingestellt, aber beispielsweise ein Unfall? Nicht mit Makel behaftet, und nun geh deinen Weg in deinem Tempo. Eine zweite Chance mit einem Mann, den du abgewiesen oder fallen gelassen hast, aus Gründen, von denen du heute weißt, dass es die falschen waren. Ja, eingehen auf diese geheimen Phantasievorstellungen verheirateter Frauen, dass ihr Depp von einem Mann plötzlich tot umfiel und der Davongekommene wieder auf der Bildfläche erschien. Das verkaufte sich mit Sicherheit.

      Sie brauchte noch einen guten Köder und einen guten Titel. Ein Strauß gelber Rosen, der plötzlich an der Tür abgegeben wird. Bestimmt ein Irrtum. Die Erinnerung an frühere Jahre. Nenn sie Betsy. Das ist ein netter, sicherer, achtbar klingender Name. Es war eine Neuengland-Geschichte, beschloss sie, eine von denen, die in der von ihr erfundenen Cape-Ann-Stadt Glastonbury spielten. Ein Fischer, der in einem Sturm draußen blieb. Oder ein Pendler in einem Zugunglück? Mit dieser Gesellschaftsschicht konnten sich ihre Leserinnen eher identifizieren.

      Komisch, wie das Telefongespräch mit Oscar sie angeregt hatte. Schon oft hatte sie die Ausdünstungen ihres Zusammenlebens zu verwertbarem Material verdichtet. Als sie heranwuchs, hatte Louise nie davon geträumt, Schriftstellerin zu werden, Verfasserin von Romanen oder Kurzgeschichten. Nein, Journalistin hatte sie werden wollen, Auslandskorrespondentin, eine Dorothy Thompson. Dann hatte sie ihre erste Geschichte geschrieben, als Oscar arbeitslos war und Kay ein kleines Mädchen und sie die Miete nicht zahlen konnten. Zu der Wohnung am Rande von Flatbush gehörte ein Regal voller Saturday Evening Posts, Ladies’ Home Journals, Nummern von McCall’s und Redbooks. In dem Winter hatten sie kein Geld, um sich Zeitungen zu kaufen. Oscar hob sie immer von der Straße auf, nachdem andere sie gelesen hatten.

      Dass ihre Geschichte gekauft wurde, überraschte sie. Sie konnte sich noch erinnern, wie sie von dem Geld eingekauft hatte. Huhn, Lammkoteletts, eine richtige Puppe für Kay mit echtem Haar und Schlafaugen, einen warmen Pullover für Oscar und die Zahlung der rückständigen Miete. Die nächste Geschichte wurde nicht gekauft, die übernächste auch nicht, aber dann verkaufte sie wieder eine. Sie begann zu erkunden, was ankam und was nicht; sie analysierte abgedruckte Geschichten nach den soziologischen und psychologischen Profilen annehmbarer Heldinnen und Helden. Sie schematisierte die Handlungsverläufe von je zwanzig Geschichten aus den am besten zahlenden Zeitschriften. Sie schärfte ihren Blick und begann, regelmäßig zu verkaufen.

      Ihr Pseudonym war das, unter dem sie ihre erste Geschichte geschrieben hatte, als ihr auffiel, dass unter den abgedruckten Autoren keine jüdischen Namen vertreten waren und dass Frauen, deren Namen sie als verheiratet auswiesen, sich besonders gut zu verkaufen schienen. Sie hatte Annette Hollander Sinclair erfunden, und später, als diese Dame eine populäre Autorin von Frauenromanen wurde, lernte Louise, sich für öffentliche Auftritte in Annette zu verwandeln. Sie kaufte Annette eigene Kostüme, Hüte, Handschuhe, СКАЧАТЬ