Die Forsyte-Saga. John Galsworthy
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Forsyte-Saga - John Galsworthy страница 30

Название: Die Forsyte-Saga

Автор: John Galsworthy

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066499952

isbn:

СКАЧАТЬ Fleisches, das vor Erregung geschwollen war, in Felder eingeteilt. Ein Leben ohne Ann, mit der sie, nur durch das Interregnum ihrer kurzen Ehe, die ihr jetzt so unwirklich vorkam, dreiundsiebzig Jahre zusammen gelebt hatte, schien ihr undenkbar. In bestimmten Zwischenräumen ging sie an ihre Kommode und nahm unter den Lavendelsäckchen ein frisches Taschentuch heraus. Ihr warmes Herz konnte den Gedanken nicht ertragen, daß Ann so kalt dalag.

      Tante Hester, die schweigsame, geduldige, dies Stauwasser der Familienenergie, saß bei zugezogenen Vorhängen im Wohnzimmer. Auch sie hatte zuerst geweint, aber still, ohne sichtbare Wirkung. Ihr Hauptprinzip, die Energie aufrecht zu erhalten, verließ sie auch im Kummer nicht. Schmächtig und reglos saß sie da, den Blick unverwandt auf den Kaminrost gerichtet, die Hände müßig im Schoße ihres schwarzen Seidenkleides. Bald würde man sie wahrscheinlich aufstören und verlangen, daß sie etwas tue. Als ob das irgend einen Zweck hätte! Es würde Ann nicht wieder zum Leben zurückrufen. Wozu quälte man sie?

      Zum Tee um fünf Uhr kamen drei von den Brüdern, Jolyon, James und Swithin. Nicholas war in Yarmouth und Roger hatte einen schweren Gichtanfall. Mrs. Hayman, die vorher schon allein dagewesen und nachdem sie Ann gesehen, wieder fortgegangen war, hatte Timothy sagen lassen – doch wurde es ihm nicht bestellt – man hätte es sie früher wissen lassen sollen. Eigentlich beherrschte sie alle ein Gefühl, daß man sie früher hätte benachrichtigen sollen, als ob sie dadurch etwas versäumt hätten. James sagte schließlich:

      »Ich habe es lange kommen sehen; sagte ich euch nicht, sie werde den Sommer nicht überleben?«

      Tante Hester antwortete nicht darauf; es war fast Oktober, aber wozu darüber streiten; manche Leute sind nie zufrieden.

      Sie schickte hinauf, um der Schwester sagen zu lassen, daß die Brüder da wären. Mrs. Small kam sofort herunter. Sie hatte ihr Gesicht gebadet, das noch immer geschwollen war, und obwohl sie streng auf Swithins Beinkleider blickte, denn sie waren von hellem Blau – er war direkt aus dem Klub gekommen, wo die Nachricht ihn erreicht hatte – sah sie heiterer aus als sonst, denn ihr Instinkt das Verkehrte zu tun, verleugnete sich auch jetzt nicht.

      Alsdann gingen alle fünf hinauf um die Leiche zu sehen. Unter das reine weiße Laken war eine Steppdecke gebreitet, denn jetzt bedurfte Tante Ann der Wärme mehr denn je; die Kissen waren entfernt, und Kopf und Rücken ruhten flach in unbeugsamer Steifheit, wie man sie ihr Leben lang gekannt. Ein Häubchen, an beiden Seiten bis zu den Ohren herabgezogen, umrahmte ihre Stirn, und zwischen ihm und dem weißen Laken wandte sich ihr Gesicht, fast ebenso weiß wie dies, mit geschlossenen Augen den Gesichtern ihrer Brüder und Schwestern zu. In seinem unaussprechlichen Frieden war das Gesicht kräftiger denn je, fast nur Knochen unter dem kaum runzligen Pergament der Haut – das eckige Kinn, Kiefer, Backenknochen, die Stirn mit den eingefallenen Schläfen, die gemeißelte Nase – diese Festung eines unbesiegbaren Geistes, die sich dem Tod ergeben hatte, schien diesen Geist zurückgewinnen, die Herrschaft, die sie eben niedergelegt, zurückgewinnen zu wollen.

      Swithin warf nur einen Blick auf das Antlitz und verließ das Zimmer wieder; bei dem Anblick, sagte er hernach, wäre ihm sehr sonderbar zumute gewesen. Er ging hinunter, wobei das ganze Haus schütterte, nahm seinen Hut und stieg in seinen Wagen, ohne dem Kutscher irgend eine Richtung anzugeben. Dieser fuhr ihn nach Haus, und dort saß er den ganzen Abend in seinem Stuhl, ohne sich zu regen.

      Bei Tisch nahm er nichts als ein Rebhuhn und einen stattlichen Becher Champagner ...

      Der alte Jolyon stand mit gefalteten Händen am Fußende des Bettes. Er allein von allen im Zimmer erinnerte sich noch des Todes seiner Mutter, und obwohl er Ann anblickte, weilten seine Gedanken doch bei ihr. Ann war alt geworden, aber schließlich war der Tod zu ihr gekommen – der Tod kam zu allen! Nichts in seinem Gesicht bewegte sich, sein Blick schien von weither zu kommen.

      Neben ihm stand Tante Hester. Sie weinte jetzt nicht mehr, die Tränen waren versiegt – ihre Natur wehrte sich gegen einen weiteren Kraftaufwand; mit ineinander geschlungenen Händen blickte sie, nicht auf Ann, sondern von einer Seite zur andern, als suche sie auf irgend eine Art der Anstrengung zu entrinnen, sich das Geschehene als wirklich vorzustellen.

      Von allen Geschwistern schien James am tiefsten bewegt. Tränen rollten die gleichlaufenden Furchen seines hageren Gesichtes herab; wem sollte er nun sein Leid klagen, er wußte es nicht. Juley war nicht zu brauchen, und Hester noch weniger geeignet! Er empfand Anns Tod mehr, als er je gedacht hatte; darüber würde er wochenlang nicht hinwegkommen!

      Tante Hester stahl sich jetzt hinaus, und Tante Juley fing an hin und her zu gehen und das ›Notwendige zu besorgen‹, wobei sie zweimal gegen etwas anstieß. Aus seiner Träumerei geweckt, einer Träumerei über längst vergangene Zeiten, warf der alte Jolyon ihr einen strengen Blick zu und ging fort. James blieb allein an dem Bett zurück; verstohlen um sich blickend, um zu sehen ob er nicht beobachtet werde, beugte er sich mit seiner langen Gestalt herab und drückte einen Kuß auf die Stirn der Toten; dann verließ auch er hastig das Zimmer. Im Flur traf er das Mädchen und begann sie über die Beerdigung auszufragen, doch als er merkte, daß sie nichts wußte, beklagte er sich bitterlich, daß wenn niemand sich darum kümmere, sicher alles verkehrt sein werde. Sie sollten lieber Soames holen lassen – der wisse in all solchen Sachen Bescheid; ihr Herr wäre wahrscheinlich sehr mitgenommen und würde selber Hilfe brauchen; und die Damen, die verstanden das nicht – hatten kein Geschick dafür! Kein Wunder, wenn sie auch noch krank würden. Lieber sollte sie gleich nach dem Doktor schicken, es sei am besten beizeiten etwas zu tun. Seiner Ansicht nach war Schwester Ann nicht in der besten Obhut gewesen; hätte sie Blank gehabt, so wäre sie jetzt noch am Leben. Wenn sie irgend einen Rat brauchte, sollte sie nur ja nach Park Lane schicken. Sein Wagen stehe zum Begräbnis natürlich zur Verfügung. Ob er wohl ein Glas Wein und einen Zwieback haben könne? – er hatte nicht gefrühstückt!

      Die Tage vor dem Begräbnis vergingen ruhig. Man wußte natürlich längst, daß Tante Ann ihr kleines Vermögen Timothy vermacht hatte. Es gab also nicht den geringsten Grund zur Aufregung. Soames war alleiniger Testamentsvollstrecker, traf alle Anordnungen und schickte an alle männlichen Mitglieder der Familie wie üblich folgende Einladung:

      »An –

      Sie werden gebeten, der Beisetzung von Miß Ann Forsyte auf dem Friedhof von Highgate am 1. Okt. mittags 12 Uhr beizuwohnen. Abfahrt der Wagen 10,45 von ›The Bower‹, Bayswater Road. Blumenspenden auf Wunsch verbeten.

      U. A. W. G.«

      Der Morgen kam kalt, mit einem hohen, grauen Londoner Himmel, und um halbelf fuhr der erste Wagen, es war der von James, vor. Darin saßen James und sein Schwiegersohn Dartie, ein untersetzter Mann mit breiter Brust, eng in einen schwarzen Gehrock eingeknöpft. Sein bleiches, ziemlich fettes Gesicht war mit einem dunkeln, schön gekräuselten Schnurrbart und jenem unvermeidlichen Ansatz eines Backenbartes geziert, der, allen Rasierversuchen trotzend, der Beweis für eine tief wurzelnde Eigenart des Barbiers zu sein scheint, und hauptsächlich bei Männern zu bemerken ist, die spekulieren.

      In seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker empfing Soames die Gäste, denn Timothy hütete noch das Bett; er wollte nach dem Begräbnis aufstehen, und Tante Juley und Hester sollten erst herunterkommen, wenn alles vorüber war und das Frühstück für jeden, der Lust hatte zurückzukommen, bereit stand. Der nächste war Roger, der infolge seiner Gicht noch hinkte, von dreien seiner Söhne – Roger, Eustace und Thomas – begleitet. George, sein vierter Sohn, erschien fast unmittelbar darauf in einer Droschke und fragte Soames im Vorübergehen, wie das Leichenbitteramt ihm behage.

      Sie konnten einander nicht leiden.

      Dann kamen zwei Haymans – Giles und Jesse – sie sprachen kein Wort und waren sehr sorgfältig gekleidet, mit neuen Bügelfalten in ihren schwarzen Beinkleidern. Darauf der alte Jolyon allein. Nach ihm Nicholas mit seinem frischen Gesicht und sorgfältig СКАЧАТЬ