Die Forsyte-Saga. John Galsworthy
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Читать онлайн книгу Die Forsyte-Saga - John Galsworthy страница 31

Название: Die Forsyte-Saga

Автор: John Galsworthy

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 4064066499952

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СКАЧАТЬ und Bosinney langten im selben Augenblick an, und jeder wollte mit einer Verbeugung dem andern den Vortritt lassen, aber als die Tür geöffnet wurde, versuchten sie gleichzeitig einzutreten. In der Halle fingen sie von neuem mit ihren Entschuldigungen an, und Swithin, der seine im Eifer etwas in Unordnung geratene Halsbinde zurechtrückte, stieg sehr langsam die Treppe hinauf. Hierauf kamen noch zwei Haymans, drei verheiratete Söhne von Nicholas zusammen mit Tweetyman, Spender und Warry, den Männern der verheirateten Töchter der Forsytes und Haymans. Nun war die Versammlung vollzählig, im ganzen fünfundzwanzig Personen; außer Timothy und dem jungen Jolyon fehlte kein männliches Mitglied der Familie.

      Als sie in den rotgrünen Salon eintraten, dessen Ausstattung einen so lebhaften Rahmen für ihre ungewohnte Kleidung bildete, suchte jeder in dem Wunsche das feierliche Schwarz seiner Beinkleider zu verbergen, nach einem Platz. Sie sahen in diesem Schwarz und in der Farbe ihrer Handschuhe etwas Unpassendes – eine Art von Übertreibung ihrer Gefühle; und viele warfen entrüstete Blicke voll geheimen Neides auf Bosinney, der keine Handschuhe hatte und graue Beinkleider trug. Es entstand ein unterdrücktes Gesumme allgemeiner Unterhaltung, aber keiner sprach von der Verstorbenen, sondern jeder erkundigte sich nach dem andern, wie um auf diese Weise indirekt auf dies Ereignis hinzuweisen, in dessen Anlaß sie gekommen waren.

      Doch plötzlich sagte James:

      »Nun ist es wohl Zeit aufzubrechen.«

      Sie gingen hinunter und stiegen, zwei zu zwei, genau in der vorher festgesetzten Reihenfolge, in die Wagen.

      Der Leichenwagen fuhr im Schritt; die Equipagen folgten langsam hinterher. In der ersten saß der alte Jolyon mit Nicholas; in der zweiten die Zwillingsbrüder, Swithin und James; in der dritten Roger mit dem jungen Roger; Soames, der junge Nicholas, George und Bosinney folgten in der vierten. In jedem der übrigen Wagen, acht an der Zahl, fuhren je drei oder vier von der Familie; hinter ihnen kam das Coupé des Doktors, dann in gebührendem Abstand die Droschken mit den Angestellten und der Dienerschaft der Familie, und ganz zum Schluß ein Wagen, in dem niemand saß, der aber die Gesamtzahl bis auf dreizehn brachte.

      So lange der Zug auf dem Fahrweg von Bayswater Road blieb, ging es im Schritt, als er jedoch in die unbedeutenderen Nebenstraßen einbog, kam er bald in Trab, den er mit Unterbrechungen in den vornehmeren Straßen beibehielt, bis er das Ziel erreichte. In dem ersten Wagen sprachen der alte Jolyon und Nicholas von ihren Testamenten. Im zweiten waren die Zwillinge nach einem einzigen Versuch sich zu unterhalten, in tiefes Schweigen versunken; beide waren ziemlich taub, und die Anstrengung, sich verständlich zu machen, war zu groß. Nur einmal unterbrach James das Schweigen:

      »Ich muß mich doch einmal irgendwo nach einer Grabstätte umsehen. Was für Anordnungen hast du getroffen, Swithin?«

      Und Swithin starrte ihn entsetzt an und erwiderte: »Sprich mir nicht von solchen Sachen!« Im dritten Wagen wurde, während man hin und wieder hinaussah, um festzustellen, wie weit man gekommen war, eine unzusammenhängende Unterhaltung geführt. George bemerkte: »Na, es war hohe Zeit, daß die arme alte Dame ›sich davon machte‹.« Er glaubte nicht daran, daß Leute über siebzig noch leben konnten. Der junge Nicholas erwiderte mild, daß diese Regel auf die Forsytes nicht gut anzuwenden wäre. George sagte, daß er selbst mit sechzig Jahren Selbstmord begehen würde. Der junge Nicholas lächelte und strich sich sein Bärtchen, er meinte, daß sein Vater von dieser Theorie nichts halten würde, denn er habe seit seinem sechzigsten Jahr noch eine Menge Geld verdient. Dann sei aber siebzig die äußerste Grenze, sagte George, und es wäre Zeit für sie zu gehen und ihr Geld den Kindern zu überlassen. Nun mischte sich Soames hinein, der bis jetzt geschwiegen hatte; er konnte die Bemerkung über das ›Leichenbitteramt‹ nicht vergessen und sagte mit kaum merkbarem Heben seiner Augenlider, daß Leute, die niemals Geld verdienten, gut reden hätten. Er selbst beabsichtige so lange zu leben wie möglich. Das war ein Hieb gegen George, der tatsächlich immer in Verlegenheiten war. Bosinney murmelte zerstreut ein »Hört, hört!« George gähnte, und die Unterhaltung brach ab.

      Bei der Ankunft ward der Sarg in die Kapelle getragen und die Trauernden gingen zwei zu zwei in einer Reihe hinterher. In dem großen London mit seiner überwältigenden Mannigfaltigkeit des Lebens, seinen unzähligen Berufen, Vergnügungen und Pflichten, seiner furchtbaren Grausamkeit, seinem furchtbaren Trieb zur Individualität, gewährte diese Leibwache von Männern, die alle durch Verwandtschaftsbande mit der Toten verknüpft waren, einen seltsamen, ergreifenden Anblick.

      Die Familie hatte sich versammelt, um über all das zu triumphieren, um ihr zähes Zusammenhalten zu zeigen, um jenes Gesetz des Reichtums zu verherrlichen, das dem Wachstum ihres Baumes zugrunde lag, demzufolge Stamm und Zweige gediehen, der Saft sie alle durchströmte und er zur bestimmten Zeit den vollen Wuchs erreichte. Der Geist der Greisin, die hier im letzten Schlafe ruhte, hatte sie zu dieser Kundgebung gerufen. Es war ihr letzter Mahnruf an diese Einigkeit, die ihre Stärke gewesen war – ihr letzter Triumph, daß sie gestorben, solange der Baum noch in Gesundheit stand.

      Es war ihr erspart geblieben mit anzusehen, wie die einzelnen Zweige aus ihrem Gleichgewicht gerieten. Sie konnte nicht in die Herzen derer blicken, die nach ihr kamen. Dem selben Gesetz, dem sie unterworfen war, da aus dem schlanken, hochaufgeschossenen Mädchen ein kräftig Weib geworden, aus dem kräftigen Weibe eine schwache, hagere, fast hexenhafte Greisin, deren Eigenart immer schärfer und schärfer hervortrat, da alles Weiche sich in der Berührung mit der Welt verlor – dem selben Gesetz war die Familie unterworfen, die sie wie eine Mutter bewacht hatte.

      Sie hatte sie jung und im Heranwachsen gesehen, hatte sie kräftig und vollerblüht gesehen, und ehe ihre alten Augen Zeit oder Kraft gehabt, noch mehr zu sehen, war sie gestorben. Gern hätte sie versucht, und wer weiß, ob ihr nicht geglückt wäre, sie – ein wenig länger noch – mit ihren alten Fingern, ihren zitternden Küssen jung und stark zu erhalten; aber ach! nicht einmal Tante Ann vermochte gegen die Natur zu kämpfen.

      ›Hochmut kommt vor dem Fall!‹ Und darum, ein Beweis für diese größte Ironie des Schicksals, hatte die Familie Forsyte sich, bevor sie fiel, zu einem letzten stolzen Gepränge versammelt. Ihre Gesichter, links und rechts in einzelnen Reihen, die Hüter ihrer Gedanken, waren fast alle gleichgültig zu Boden gerichtet; nur hier und dort blickte einer mit einer Falte zwischen den Brauen empor und schien an den Wanden der Kapelle etwas zu sehen, das ihn überwältigte, oder etwas zu hören, das ihn erschreckte. Und das leise Gemurmel der Stimmen beim Gottesdienst, durch die immer der selbe Ton, der selbe ungreifbare Familienklang zu hören war, hallte unheimlich, wie von einer einzigen Person in rascher Wiederholung hingestammelt.

      Als die Trauerfeier in der Kapelle vorüber war, reihten die Leidtragenden sich wieder an einander, um die Leiche an das Grab zu geleiten. Die Gruft stand offen und ringsherum warteten schwarzgekleidete Männer.

      Von dieser hochgelegenen, heiligen Stätte, wo Tausende des besseren Mittelstandes in ihrem letzten Schlafe ruhten, glitten die Augen der Forsytes über die Schar der andern Gräber hin. Dort – bis in die weite Ferne ausgedehnt, lag London, sonnenlos, und trauerte um den Verlust dieser Tochter, trauerte mit der Familie, die ihr so teuer war, um den Verlust derjenigen, die ihr Mutter und Hüterin gewesen. Hunderttausende von Türmen und von Häusern, hinter dem weiten grauen Gespinst des Reichtums kaum erkennbar, lagen dort kniend wie Andächtige am Grabe dieser ältesten aller Forsytes.

      Ein paar Worte, ein Krümchen Erde, dann senkte man den Sarg hinab, und Tante Ann war zur letzten Ruhe eingegangen.

      Rund um die Gruft standen, die weißen Häupter gesenkt, als Wächter dieses Heimgangs, die fünf Brüder; sie wollten sehen, daß Ann gut aufgehoben war. Ihr kleines Vermögen mußte zurückbleiben, aber sonst sollte es ihr an nichts fehlen.

      Dann traten sie einzeln zur Seite, setzten den Hut auf und kehrten zurück, um die neue Inschrift an der Marmortafel der Familiengruft zu betrachten:

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