Die Forsyte-Saga. John Galsworthy
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Читать онлайн книгу Die Forsyte-Saga - John Galsworthy страница 25

Название: Die Forsyte-Saga

Автор: John Galsworthy

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066499952

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СКАЧАТЬ Dahin hatte er sich also treiben lassen!

      »Ist Mr. Jolyon Forsyte zu Haus?«

      »Jawohl, Herr – wen darf ich melden?«

      Der alte Jolyon konnte sich nicht erwehren, dem kleinen Dienstmädchen zuzublinzeln, als er seinen Namen nannte. Es war eine so komische kleine Kröte!

      Er folgte ihr durch den dunklen Flur in ein kleines Wohnzimmer, dessen Möbel mit Kattun bezogen waren, und das kleine Dienstmädchen bot ihm einen Sitz an.

      »Es sind alle im Garten; wenn der Herr freundlichst Platz nehmen wollten, will ich sie rufen.«

      Der alte Jolyon setzte sich in den mit Kattun bezogenen Sessel und sah sich um. Das ganze Haus kam ihm, wie er es ausgedrückt haben würde, dürftig vor; es hatte alles einen gewissen – er wußte nicht recht, wie er es nennen sollte – einen Anstrich von Schäbigkeit oder vielmehr von großer Einschränkung. Soviel er sehen konnte, war kein einziges Möbelstück auch nur fünf Pfund wert. Die vor ziemlich langer Zeit getünchten Wände waren mit Aquarellskizzen geschmückt; quer über der Decke klaffte ein langer Riß.

      Diese kleinen Häuser waren sämtlich alt, Häuser zweiten Ranges. Hoffentlich betrug die Miete weniger als hundert Pfund das Jahr; der Gedanke, daß ein Forsyte – sein eigener Sohn – in einem solchen Hause wohnte, kränkte ihn mehr als er sagen konnte.

      Das kleine Dienstmädchen kam zurück. Ob er die Güte haben wollte, in den Garten zu kommen?

      Der alte Jolyon trat durch die Glastür hinaus. Als er die Stufen hinabstieg, fiel ihm auf, daß sie eines neuen Anstrichs bedurften.

      Der junge Jolyon, seine Frau, die beiden Kinder und sein Hund Balthasar, saßen alle unter einem Birnbaum.

      Dieser Gang ihnen entgegen war die mutigste Tat im Leben des alten Jolyon; aber keine Muskel seines Gesichts zuckte, keine unruhige Gebärde verriet ihn. Er richtete seine tiefliegenden Augen fest auf den Feind.

      In diesen zwei Minuten lieferte er einen vollkommenen Beweis für die unbewußte Geradheit, Sicherheit und innere Lebenskraft, die ihn wie viele andere seines Standes zum Kern der Nation machten. In der unostentativen Leitung ihrer eigenen Geschäfte, worüber sie alles andere vernachlässigten, waren sie das Urbild des ausgeprägten, den Briten in der natürlichen Isolierung ihres Landes angeborenen Individualismus.

      Balthasar, der Hund, beschnupperte den Saum seiner Beinkleider; dieser zutrauliche und zynische Mischling – der Sprößling einer Liaison zwischen einem russischen Pudel und einem Foxterrier – hatte eine Nase für das Ungewöhnliche.

      Als die seltsame Begrüßung vorüber war, setzte der alte Jolyon sich in einen Korbstuhl, und seine beiden Enkel, jedes an einem Knie, schauten ihn schweigend an, denn sie hatten noch nie einen so alten Mann gesehen.

      Als wären sie sich der ungleichen Umstände ihrer Geburt bewußt, sahen sie sich gar nicht ähnlich. Jolly, das Kind der Sünde, pausbäckig, das flachsblonde Haar aus der Stirn gebürstet, mit einem Grübchen im Kinn, hatte die spröde Liebenswürdigkeit und die Augen eines Forsyte; die kleine dunkle Holly, das Kind der Ehe, war ein ernstes Seelchen mit den grauen nachdenklichen Augen der Mutter.

      Nachdem Balthasar, der Hund, um die drei kleinen Blumenbeete herum gegangen war, um seine Verachtung im allgemeinen kundzugeben, hatte er sich ebenfalls vor dem alten Jolyon niedergelassen, wedelte mit dem dicht über dem Rücken von Natur buschigen Schwanz und starrte ihn an ohne zu blinzeln.

      Sogar in diesem Garten überschlich den alten Jolyon das Gefühl, daß alles schäbig war. Der Korbstuhl knarrte unter seinem Gewicht, die Gartenbeete sahen ›ruppig‹ aus, und drüben unter den rußgeschwärzten Mauern hatten die Katzen sich einen Weg gebahnt.

      Während er und seine Enkelkinder sich gegenseitig eigentümlich prüfend, voll Neugierde und doch mit Vertrauen anschauten, wie sehr junge und sehr alte Menschen es zu tun pflegen, beobachtete der junge Jolyon seine Frau.

      Die Röte in ihrem zarten ovalen Gesicht mit den geraden Brauen und den großen grauen Augen hatte sich vertieft. Ihr Haar, in schönen kühnen Linien aus der Stirn gekämmt, begann zu ergrauen wie das seine, und dieses Grau erhöhte den peinlich rührenden Eindruck ihres plötzlichen Errötens.

      Der Ausdruck ihres Gesichts verriet, was er früher niemals bemerkt, was sie immer vor ihm verborgen hatte, geheimen Groll, Sehnsucht und Furcht. Ihre Augen unter den zuckenden Brauen starrten kummervoll. Sie schwieg.

      Jolly allein hielt die Unterhaltung aufrecht. Er besaß viele Schätze und wünschte sehnlichst, daß sein unbekannter Freund mit dem ungeheuren Schnurrbart und den ganz von blauen Adern bedeckten Händen, der mit übergeschlagenen Beinen dasaß wie sein eigener Vater (eine Gewohnheit, die er sich anzueignen suchte), sie kennen lernen sollte; aber als echter Forsyte, wenn auch noch nicht neun Jahre alt, erwähnte er nichts von dem, was ihm augenblicklich am meisten am Herzen lag – von einer Armee Soldaten in einem Schaufenster, die ihm sein Vater zu kaufen versprochen hatte. Wahrscheinlich schien es ihm zu köstlich, hieß die Vorsehung versuchen, schon davon zu sprechen.

      Und die Sonnenstrahlen spielten durch die Blätter auf die kleine schweigsame Gesellschaft von drei Generationen unter dem Birnbaum, der seit lange keine Früchte mehr getragen hatte.

      Das gefurchte Gesicht des alten Jolyon war fleckig, rot geworden wie die Gesichter alter Leute in der Sonne werden. Er ergriff eine von Jollys Händen, und der Knabe kletterte auf sein Knie, worauf Klein-Holly, von diesem Anblick magnetisiert, ebenfalls hinaufkroch; und dazu ertönte das rhythmische Scharren des Hundes Balthasar.

      Plötzlich erhob sich die junge Mrs. Jolyon und eilte ins Haus. Eine Minute darauf stotterte ihr Mann eine Entschuldigung und folgte ihr. Der alte Jolyon blieb mit seinen Enkeln allein.

      Und die Natur mit ihrer wunderbaren Ironie brachte eine ihrer seltsamsten Umwandlungen in ihm hervor, indem sie die Gesetze ihres Kreislaufs bis in sein innerstes Herz hinein verfolgte. Seine Zärtlichkeit für kleine Kinder, seine Leidenschaft für die Anfänge des Lebens, die ihn einst dazu bewegt hatten, seinen Sohn zu verlassen und June zu folgen, trieben ihn jetzt dazu, June zu verlassen und diesen kleinen Wesen zu folgen. Die Jugend brannte noch immer wie eine Flamme in seiner Brust, und an der Jugend hielt er fest, an den kleinen runden Gliedern, die so sorglos waren und der Sorgfalt so bedürftig, an den kleinen runden, so grundlos feierlichen oder strahlenden Gesichtchen, an den hohen Stimmchen und dem hellen kichernden Lachen, den unaufhörlich zerrenden Händchen und dem Gefühl der kleinen Körper an seinen Beinen, an allem, was jung war, jung und abermals jung. Und seine Augen wurden sanft, sanft seine Stimme, die dünnen, geäderten Hände, und sanft das Herz in ihm. Und für die kleinen Wesen ward er alsbald eine Quelle des Vergnügens, eine Zuflucht, wo sie sicher waren, wo sie plaudern und lachen und spielen konnten, bis die höchste Fröhlichkeit dreier Herzen von seinem Platz im Korbstuhl wie Sonnenschein erstrahlte.

      Anders aber stand es mit dem jungen Jolyon, der seiner Frau in ihr Zimmer nachgefolgt war.

      Er fand sie auf einem Stuhl vor ihrem Toilettenspiegel sitzend, das Gesicht in den Händen geborgen.

      Ihre Schultern zuckten vor Schluchzen. Diese Leidenschaftlichkeit ihres Schmerzes war ihm unbegreiflich. Er hatte diese Stimmungen schon hundertmal erlebt; wie er sie ertragen hatte, wußte er selbst nicht, denn er konnte sich nie denken, daß es wirklich nur Stimmungen waren und daß die letzte Stunde seines Ehebundes noch nicht geschlagen hatte.

      In der Nacht würde sie sicherlich die Arme um seinen Hals schlingen und sagen: »Ach, Jo, was mußt du durch mich leiden!« Wie sie es schon hundertmal getan.

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