Название: Weltreligion versus Sexualität
Автор: Gerd Wange
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783961450435
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Neben der liberalen Gesetzgebung ist dafür vor allem der Status von Tel Aviv als die „Schwulenhauptstadt des Nahen Ostens” verantwortlich, obwohl die Stadt in der arabischen Welt als Sinnbild des verhassten zionistischen Judenstaats gilt. Wohl in keinem Land liegen die Pole im Umgang mit Homosexualität so weit auseinander wie in Israel. Während Gay Pride in Tel Aviv Teil des Tourismusmarketing ist, gibt es bei der Veranstaltung in Jerusalem regelmäßig Proteste und massiven Polizeischutz. In Tel Aviv hat jede Gruppe ihren eigenen Club, ihre eigene Party. Hier geht’s um die Mischung: es kommen Palästinenser, orthodoxe und säkulare Juden, Schwule, Lesben und transsexuelle Frauen und Männer.
Und ausgerechnet hier, sechzig Kilometer vom konservativen Jerusalem entfernt, mitten in einer Region, die für ihren anhaltenden Konflikt bekannt ist, zieht es jedes Jahr Schwule und Lesben aus aller Welt nach Tel Aviv zum Gay Pride. Doch Tel Aviv ist nicht Israel, wie New York nicht Amerika ist. Tel Aviv ist ein eigenes Land, hat drei Dinge, die Homosexuelle anzieht: ein lebendiges Nachtleben (wenn es dunkel wird, tobt der ungestüme Hedonismus), den Strand und schöne Menschen. Es gilt das Schönheitsideal von Städten, die am Meer liegen. Wie in Rio oder Los Angeles zählen Waschbrettbauch und Brustmuskeln. Aber entfernt man sich mal vom Tel Aviver Strand, nimmt die Toleranz schnell ab.
Im Gazastreifen und in den palästinensischen Autonomiegebieten der Westbank sind Homosexuelle, die sich als solche zu erkennen geben oder entdeckt werden, Drohungen und Folter ausgesetzt, nicht nur durch die örtlichen Sicherheitskräfte und Milizen, sondern besonders auch durch Familienangehörige. Was die Hilfesuchenden zu Protokoll geben, sind Zeugnisse der desolaten Menschenrechtssituation in der palästinensischen Gesellschaft. Werden Homosexuelle einmal entdeckt, werden sie sozial geächtet. Im schlimmsten Fall erfahren sie Erniedrigungen und physische Gewalt. In der palästinensischen Gesellschaft wird Gewalt gegen Schwule als gerechtfertigt angesehen. Häufig werden Homosexuelle als Verräter gegen den Befreiungskampf der Palästinenser gebrandmarkt, als „Kollaborateure mit den Juden“, oder als „Agenten des Mossad“ (israelischer Auslandsgeheimdienst). Selbst in der eigenen Familie sind Homosexuelle dann nicht mehr sicher: Morddrohungen und Erpressungen durch Brüder und Väter machen ein sicheres Leben in den oft kleinräumigen Gemeinschaften unmöglich. Die weitläufigen familiären Bande schützen die Opfer auch in größeren Städten wie Ramallah, Nablus oder Gaza nicht vor Verfolgung.
Darüber hinaus treiben in manchen Gegenden Milizen und selbst ernannte „Sicherheitsorgane“ ihr Unwesen, unbehelligt oder geduldet von den offiziellen Autoritäten. Es wird berichtet von Kidnapping, Verhören und brutaler Folter – auch auf Polizeistationen unter Aufsicht des „Mukhabarat“, eines Sicherheitsdienstes der Palästinensischen Autonomiebehörde in der Westbank. Im Gazastreifen macht das Hamas-Regime keinen Hehl aus seinem Hass auf Homosexuelle. Mahmoud az-Zahar, einer der Gründer der Hamas, äußerte sich unlängst wie folgt: „Ihr im Westen lebt nicht wie menschliche Wesen. Ihr lebt nicht einmal wie Tiere. Ihr akzeptiert Homosexualität.“
In Israel nehmen sich vor allem homosexuelle Non-Profit-Organisationen und Arbeitsgruppen dem Schicksal schwuler Palästinenser auf der Flucht an. Sie unterstützen verfolgte Homosexuelle unter anderem mit kostenlosen Rechtsberatungen. Die arabische Organisation al-Qaws wiederum organisiert einmal im Monat in einem Club im Süden Tel Avivs die „Palestinian Queer Party“, die nicht nur homosexuellen arabischen Israelis, sondern auch untergetauchten Palästinensern für eine Nacht eine fragile Geborgenheit bietet.
Dass sich die Situation für die nach Israel geflüchteten Palästinenser in naher Zukunft verbessert, hält Anat Ben-Dor von der „Human Rights Clinic“ für unwahrscheinlich. Im Gegenteil: Die Grenze zu überqueren und sich in israelischen Städten durchzuschlagen, ist noch schwieriger geworden. Der Report der „Clinic“ spart denn auch nicht mit Kritik am israelischen Vorgehen gegen palästinensische Asylsuchende: Der kollektive Ausschluss vom Recht, in Israel Asyl zu erhalten, verstoße gegen internationale Konventionen – was umso abstoßender sei, da Israel zu den ersten Nationen gehört habe, die 1951 die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet hätten. Für Ben-Dor gibt es keinen Zweifel: Das Recht, Asyl zu beantragen, stehe Palästinensern individuell genauso zu wie Verfolgten anderer Nationalität, die aus religiösen, politischen, ethnischen Gründen oder wegen ihrer sexuellen Orientierung in Israel Zuflucht suchen.
Der israelische Film-Regisseur Yariv Mozer hat für seinen gefeierten Dokumentarfilm „Invisible Men“ über drei Jahre den Überlebenskampf dreier junger schwuler Palästinenser begleitet, die sich nach Israel durchschlugen, um vor der Verfolgung zu Hause Schutz zu suchen. „Die Palästinenser, die nach Israel flüchten, kommen in eine für sie gänzlich unbekannte Umgebung“, sagt Mozer. Das beginne schon bei der Sprache. Unter-Zwanzigjährige aus den Palästinensergebieten sprechen fast kein Hebräisch mehr. Und einmal im Land, gestalte sich auch der Kontakt zu schwulen jüdischen Israelis äußerst schwierig. „Die Schwulenszene in Israel ist alles andere als eine Einheit. Sie ist ein Abbild unserer Gesellschaft“, sagt Mozer. So würden sich jüdische und arabische schwule Israelis oft in verschiedenen Szenen bewegen. Sie besuchen meist eigene Partys, eigene Bars. Sie bleiben unter sich. Die Lebenswirklichkeiten hinter der Mauer und dem Grenzzaun zur Westbank oder dem Gazastreifen sind für die meisten jungen Israelis mittlerweile zu einer fremden Welt geworden.
Das gilt natürlich auch umgekehrt. Dennoch: Die Flucht nach Israel als vermeintlich sicherer Hafen gilt vielen als die letzte Hoffnung. Auch sie möchten das Leben genießen, ausgehen, lachen. Doch zwischen den Fronten des Nahostkonflikts gehören diese Männer, die Männer lieben, nirgendwo hin. Es gibt keinen Ort, nichts, das sie Heimat nennen könnten. Perverse und Verräter sind sie für die eine Seite, ein Sicherheitsrisiko für die andere.
Für die palästinensischen Flüchtlinge entpuppt sich die ersehnte Freiheit oftmals erneut als dauernder Angstzustand. Erst einmal in Tel Aviv angekommen, tauchen sie ab in die Illegalität, hausen in Verstecken, verrichten Schwarzarbeit für Personen, denen sie glauben vertrauen zu können. Schwule Dating-Plattformen im Netz bedeuten für diese jungen Männer einen Weg aus der Hölle. Die meisten User aus Gaza, Ramallah, Bethlehem oder Nablus setzen dabei auf absolute Anonymität. Wo Profilbilder vorhanden sind, zeigen sie meist nur den Körper, die Gesichter sind unkenntlich gemacht. Oft fungieren auch Schauspieler, Models oder Pornodarsteller als Symbolbilder. Allzu persönliche Beschreibungen oder Statements in den Profilen fehlen. Es geht um anonymen Sex in Parks, im Auto, irgendwo in den Hügeln, an versteckten, illegalen Partys. Manche wählen die Fassade eines heterosexuellen Lebens, heiraten, gründen Familien, um den Schein zu wahren. Doch die Angst ist allgegenwärtig. Die Angst vor der israelischen Polizei, die sie jederzeit in die Westbank zurückschaffen kann, zurück in die Hände der Peiniger.
Wie steht die Thora zum Thema Schwangerschaftsabruch?
Im Judentum ist ein Embryo potentielles Leben und somit ist es nicht erlaubt, einen Embryo zu töten. Treten jedoch Komplikationen auf, die das Leben der Mutter gefährden und das Entfernen des Embryos die einzige Möglichkeit ist, das Leben der Mutter zu beschützen, dann gibt es eine Verpflichtung zur Abtreibung. Bis zur Geburt wird der Embryo, beziehungsweise der Fötus, als Teil der Mutter und nicht als eigenständige Person angesehen, weshalb das Leben, die Gesundheit und das Wohlergehen der schwangeren Frau, falls es in Gefahr ist, immer Priorität vor dem Leben des ungeborenen Kindes besitzt. Der Fötus erlangt gemäß dem Talmund erst dann den Personenstatus, wenn während der Geburt der größte Teil von ihm geboren ist. Demzufolge gilt ein Schwangerschaftsabbruch nicht als Mord und wurde auch zu keiner Zeit kriminalisiert. Solange der Embryo einen Teil des Körpers der Mutter darstellt, ist bereits von einer lebendigen СКАЧАТЬ