Das Geheimnis vom Oranienburger Thor. Horst Bosetzky
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Название: Das Geheimnis vom Oranienburger Thor

Автор: Horst Bosetzky

Издательство: Автор

Жанр: Исторические детективы

Серия:

isbn: 9783955520366

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СКАЧАТЬ du Bois-Reymond. Bei Giftmorden dachte man wie selbstverständlich an eine Frau als Täterin. Womöglich lag das daran, dass die Literatur seit der Antike zumeist von weiblichen Giftmördern berichtete.

      Criminal-Commissarius Waldemar Werpel saß mit seiner Frau am Frühstückstisch und ließ seiner schlechten Laune freien Lauf. »Der Winter allein ist schon schlimm genug, aber nun muss ich auch noch einen Giftmord aufklären! Und so ’ne richtige Giftmischerin lässt doch nicht locker, bevor sie nicht ’nen halben Friedhof gefüllt hat. Ich wünschte, ich würde eine Influenza kriegen! Andere Menschen werden doch auch immerzu krank.«

      »Waldemar, versündige dich nicht!«

      »Ist doch wahr! Und befördert worden bin ich immer noch nicht.«

      Seine Frau zeigte auf den Spruch, der am heutigen Tag auf dem Abreißkalender stand:

       Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.

      Werpel reagierte gereizt. »Besonders aus meinen Nierensteinen!«

      In diesem Augenblick wurde am Klingelzug gerissen. Minna Werpel zog die Küchengardine zurück und sah auf die Straße hinunter. »Es ist Krause.«

      Das war der Constabler, der Werpel bei seiner Arbeit assistierte. Der Commissarius, dem Krause vorher zugeteilt gewesen war, hatte einmal gesagt, dieser Mann sei zum Scheißen zu dämlich. Werpel war der Letzte, der dem widersprechen wollte. Mit Krause war er wirklich gestraft. Andererseits ersparte ihm sein Constabler den Weg ins Theater, denn ein komisches Schauspiel erlebte er mit dem oft genug.

      »Wat liejt’n heute an?«, fragte Krause, nachdem Werpel, dick bekleidet, auf die Straße getreten war. Der Constabler kam sich sehr bedeutsam vor, seit die Uniformen der Schutzpolizei der des Militärs angepasst worden waren.

      »Was heute anliegt?«, wiederholte Werpel, der das Gefühl hatte, sein Gehirn arbeite bei dieser Kälte langsamer. »Der Giftmord am Kürschnermeister Corduan aus der Jägerstraße. Da sollten wir auch gleich hingehen.«

      »Könn’ wa nich über die Krausenstraße jehn?«, fragte der Constabler.

      Werpel sah ihn staunend an. »Warum sollten wir das tun? Das ist doch ein gehöriger Umweg.«

      »Ja, aba ick freue ma imma, wenn ick det Straßenschild lesen, weil ick denn denke, det die Straße nach mia benannt is.«

      Werpel fasste sich an die Stirn. »Die heißt schon sehr lange so, mindestens seit 1720. Ein Mann namens Krause soll ein Haus in dieser Straße besessen haben.« Dann lachte er. »Es haben eben nicht alle so viel Glück wie ich.«

      »Wieso? Et jibt doch jar keene Werpelstraße in Berlin.«

      »Nein, aber ein kleiner Pilz heißt wie ich: die zierliche Verpel.« Dass man den Pilz vorn mit einem V schrieb, verschwieg Werpel. Man spreche das V wie ein W, hatte ihm ein Pilzsammler verraten.

      Krause prustete los. »Mit die zierliche Werpel kann aba nich Ihre Frau jemeint sint!«

      Darauf wusste Werpel nichts zu erwidern. Der Constabler hatte schon recht, denn seine Minna war in den vergangenen Jahren wirklich ein wenig in die Breite gegangen.

      Krause war an diesem Morgen in Plauderstimmung. »Wenn wir bei die Indiana am Amazonas wär’n, denn hätten wa et einfacha«, fand er.

      Werpel konnte ihm nicht folgen. »Wieso das?«

      »Die schießen mit Jiftpfeile, und wo ’n Pfeil is, da is ooch ’n Bogen und damit ’n Beweis.«

      »Wenn nicht alles trügt, ist Corduan an einem vergifteten Bohneneintopf gestorben«, stellte Werpel fest.

      Sie brauchten nicht lange, bis sie ihr Ziel erreicht hatten. Krause konnte kaum lesen und schreiben, war aber in der Lage, das Wort Pelze auf dem Ladenschild von Charles Corduan zu entziffern. »Ick hab manchmal so ’n pelzigen Jeschmack im Mund, vielleicht hätte ick Kirschna wer’n soll’n.«

      Werpel zögerte nicht, den Constabler zu vergackeiern. »Da hätten Sie aber kräftig Kirschen essen müssen.«

      »Schade, Kirschen hatten wa keene im Jarten.«

      Jetzt galt es, den nötigen Ernst an den Tag zu legen. Zuerst befragte Werpel die beiden Gesellen, aber die konnten nichts zur Klärung des Falles beitragen. »Wir haben oben in unseren Kammern geschlafen. Erst als Susanna geschrien hat, sind wir nach unten gerannt, aber da lag unser Meister schon am Boden.«

      »Und in den Tagen zuvor ist Ihnen nichts aufgefallen?«

      »Nein. Was hätte uns denn auffallen sollen?«

      Werpel verdrehte die Augen. »Zum Beispiel, dass jemand ums Haus geschlichen ist oder sich in anderer Weise verdächtig verhalten hat.«

      »Nee, tut uns leid.«

      Blieb nur noch Susanna, die Dienstmagd. Die fanden Werpel und Krause in der Küche, in Tränen aufgelöst. »Et is allet so furchtbar, Herr Commissarius, aba ick war et nich, det schwöre ick bei Gott und allen Heilijen. Dazu habe ick doch zu sehr an ihm jehang’n.«

      Werpel wurde hellhörig. Vielleicht war die Magd auf eine Heirat aus gewesen, und Corduan hatte sie abgewiesen. Das Arsen im Eintopf könnte die Rache für die Zurückweisung gewesen sein. Werpel beschloss, unverzüglich zu handeln. »Wir müssen Ihre Kammer, den Keller und die Küche nach Spuren des verwendeten Gifts durchsuchen. Sie folgen uns bitte, damit wir Sie im Auge behalten können!«

      »Ick war et nich, Herr Commissarius!«, wiederholte Susanna.

      Die Durchsuchung der genannten Räume erbrachte nichts. Aber was mochte das schon besagen? Die Dienstmagd hatte alle Zeit der Welt gehabt, sämtlich Beweise aus dem Haus zu schaffen. Man nahm die Angaben zu ihrer Personen auf, denn verdächtig blieb sie auf alle Fälle. Anschließend machte sich Werpel auf den Weg ins Polizeipräsidium, denn der Polizeipräsident von Hinckeldey höchstpersönlich hatte ihn sprechen wollen. Krause sollte indessen eine Apotheke nach der anderen aufsuchen und sich von den Inhabern aufschreiben lassen, ob in letzter Zeit jemand Arsen erworben hatte. An einen so außergewöhnlichen Kauf konnten sich die Apotheker bestimmt erinnern.

      Das Polizeipräsidium war im alten Stadtvogtei-Gebäude am Molkenmarkt No. 1 untergebracht. Werpel hatte also nicht weit zu laufen. Nachdem er die Jägerstraße hinter sich gelassen hatte, überquerte er erst den Werderschen Markt und dann an der Unterwasserstraße einen der Spreearme, um schließlich vom Schloßplatz in die Breite Straße abzubiegen und über den Mühlendamm den Molkenmarkt zu erreichen.

      Selbstverständlich hatte Werpel über eine Viertelstunde im Vorzimmer des Polizeipräsidenten zu warten. Das gehörte zum Ritual. So wollte Hinckeldey seine Untergebenen einschüchtern. Werpel wusste, dass von Hinckeldey aus der Nähe von Wasungen kam und bei den Demokraten und Barrikadenkämpfern von 1848 wegen seiner Geheimpolizei verhasst war, aber auch viele Feinde im Adel hatte, weil er sich nicht beeinflussen ließ. Andererseits hatte der Polizeipräsident, der ein Günstling des Königs war, in Berlin bereits einiges vorangebracht. So hatte er die Einführung von Straßenreinigung und Kanalisation veranlasst und den Bau des ersten Berliner Wasserwerkes angeregt. Zudem ließ er Volksküchen und Badeanstalten sowie Altersheime einrichten und brachte gerade die Aufstellung einer Berufsfeuerwehr sowie die Reorganisation der Polizeiverwaltung auf den Weg. Auch öffentliche Pissoirs waren auf seine Weisung hin errichtet worden, was die Berliner ihm mit СКАЧАТЬ