Die Leiche im Landwehrkanal. Uwe Schimunek
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Leiche im Landwehrkanal - Uwe Schimunek страница 6

Название: Die Leiche im Landwehrkanal

Автор: Uwe Schimunek

Издательство: Автор

Жанр: Исторические детективы

Серия:

isbn: 9783955520359

isbn:

СКАЧАТЬ und selbstverständlich auch die verwendeten Baustoffe. Da sind akribische Helfer gefragt und keine Draufgänger.« Im Grunde konnten ihm die Beweggründe Heyes egal sein – und ein unsympathischer Freiwilliger war besser als keiner.

      Heye lächelte und sagte: »Wollen Sie nun, dass ich bei den Studien mitarbeite? Dann könnten Sie mir im Labor gleich ein paar Proben aushändigen.«

      Das Dienstmädchen öffnete die Tür und bat Gontard hinein. Die Maid zählte vielleicht achtzehn Jahre und hatte ein hübsches Gesicht, eine Frisur nach der neusten Mode sowie einen unglaublich breiten Hintern. Damit passte sie genau in das Foyer der Traunstein’schen Villa. Der Raum sah aus, als wüsste er selbst nicht, in welche Zeit er gehörte. Die spätbarocke Garderobe wirkte so schwer, dass Gontard fürchtete, sie würde durch das zusätzliche Gewicht seiner Pickelhaube durch die Dielen brechen. Gleich daneben hing ein Familienbild nach Biedermeier-Art – Spitzweg hätte es nicht kitschiger hinbekommen.

      »Wen wünscht der Herr zu sprechen?«, fragte das Dienstmädchen.

      Gontard überreichte ihr seine Karte und sagte: »Ich müsste Herrn von Traunstein in einer sehr dringenden Angelegenheit sprechen. Es wäre mir außerordentlich wichtig, dass er für einen unangemeldeten Gast ein paar Minuten Zeit erübrigen kann.«

      Das Mädchen verschwand durch die Flügeltür, und Gontard stand allein im Foyer. Er schaute auf die Uhr. Es war kurz nach zwei. Die Vorlesungen hatte er hinter sich gebracht, und Heye untersuchte die Proben im Labor. Selbst wenn er Herrmann von Traunstein für ein längeres Gespräch gewinnen konnte, blieb genug Zeit, um noch einmal zu Lenné an den Landwehrkanal zu reiten.

      »Ein Offizier der Königlichen Armee in meinem bescheidenen Haus! Ich bin Herrmann von Traunstein. Was verschafft mir die Ehre?« In der Flügeltür stand ein Mann in einem dunklen Anzug und mit einem buschigen Backenbart. Dafür hatte sich das Haar von Stirn und Haupt zurückgezogen, graue Locken umringten die Halbglatze wie ein Heiligenschein.

      »Es ist eine Angelegenheit, die Sie nur mittelbar betrifft. Dennoch ist sie von einiger Bedeutung, weil es sich vermutlich um ein Kapitalverbrechen handelt.«

      »Oh«, Traunstein wies mit der Hand in das Zimmer hinter der Flügeltür, »da bin ich selbstverständlich gern behilflich. Kommen Sie doch herein!«

      Gontard betrat einen Salon mit ockerfarbenen Wänden und mehreren Regalen, in denen Bücher mit Prägedruck im Ledereinband aufgereiht standen wie eine Kompagnie zum Appell. Traunstein folgte ihm und hieß ihn in »der Bibliothek« willkommen. Auf einer Chaiselongue saß eine junge Frau, vielleicht die Tochter des alten Traunstein. Gontard hatte das Gefühl, die Dame schon einmal gesehen zu haben.

      »Darf ich vorstellen, meine liebe Frau, Martha von Traunstein. Mein Sonnenschein und der Glanz dieses Hauses.«

      Die Frau errötete, und Gontard fand, dass sie gerade dadurch die Worte des Alten bestätigte. Er verbeugte sich.

      Martha von Traunstein erhob sich, machte einen Knicks, blickte ihn an, als wolle sie ihn von oben bis unten vermessen, und sagte: »Ein Offizier zu Gast. Das ist mir eine Freude. Darf ich Ihnen etwas bringen lassen? Einen Cognac?«

      Gontard nickte, noch während er über die Antwort nachdachte. Die Herrin des Hauses rief das Mädchen.

      Herrmann von Traunstein wies Gontard einen Platz an einem Tisch zu und sagte: »Was führt Sie zu mir, Herr Oberst-Lieutenant?«

      Gontard setzte sich und antwortete: »Es geht um Ihren Secretär.«

      »Ach herrjeh! Was hat der Puch denn schon wieder angestellt?«

      »Schon wieder? Hat es öfter Ärger gegeben wegen ihm?«

      »Nun ja …« Traunstein zögerte. »Ich weiß nicht genau, wie ich es sagen soll … Er ist kein einfacher Charakter.«

      »Hat er seine Arbeit vernachlässigt?«

      »Ach was, Herr Oberst-Lieutenant! Er ist ein sehr fleißiger Mann und sehr zuverlässig. Erst am Montag hat er für mich Anweisungen an den Verwalter eines meiner Güter notiert. Seine Formulierungen sind nicht immer die geradlinigsten, aber stets korrekt. Er hat nur …«, Traunstein suchte anscheinend erneut nach den richtigen Worten, »… diese Flausen in seinem Kopf. Das ist manchmal nicht einfach.«

      Martha von Traunstein brachte ein Tablett mit zwei Cognac-Schwenkern und einer Flasche zum Nachschenken. Sie hatte sich ein seidenes Tuch über die Schultern geworfen und verabschiedete sich mit herzlichen Worten zu einem Spaziergang.

      »Den haben wir von unserer letzten Reise nach Paris mitgebracht. Ein vorzüglicher Tropfen«, sagte Traunstein und nippte am Glas.

      Auch Gontard trank. Der Schnaps schmeckte so weich, dass die Kehle beim Schlucken kaum zu spüren war. Er kehrte zum Thema zurück. »Herr Puch ist kein junger Mann mehr, nicht wahr?«

      »Nein.« Traunstein lachte. »Er ist, wie man so schön sagt, im besten Alter. Nur verhält er sich nicht so. Er ist noch immer Junggeselle und wohnt in einem Zimmer zur Untermiete. Eine feste Anstellung hat er auch nicht. Ich glaube, er hält sich für einen Schriftsteller, einen Dichter gar.«

      »Ist er denn einer?«

      »Da fragen Sie den Falschen. Ich lese zumeist die Abrechnungsbücher unserer Landgüter oder Amtspapiere, wenn ich um einen Rat gefragt werde. Mit der schöngeistigen Literatur bin ich weniger vertraut.«

      Gontard wiegte den Cognac-Schwenker und sah Traunstein fest an. »Hatte Herr Puch Feinde?«

      »Feinde? Das ist ein starkes Wort. Er macht sich nicht nur Freunde. Auch nicht mit seinen liberalen Reden, die er selbst in aller Öffentlichkeit hält.« Traunstein hielt Gontards Blick stand, während er seinen Kopf wiegte.

      »Aber er hat Manieren. Ich jedenfalls habe bislang keinen Grund gesehen, auf seine Dienste zu verzichten. Was ist denn nun mit ihm?«

      »Er ist tot. Wir haben seine Leiche im Landwehrkanal gefunden. Vermutlich wurde er erschossen.«

      Traunstein saß für einen Augenblick starr wie eine Skulptur. Dann trank er einen großen Schluck Cognac.

      Gontard spazierte zwischen den Villen stadteinwärts. Es blieb genug Zeit für ein paar Minuten Erholung, bevor er zum Landwehrkanal ritt – Zeit, noch einmal über das Gespräch mit Traunstein nachzudenken. Der Alte hatte nicht mehr viel gesagt, ihn aber höflich eingeladen, jederzeit weitere Fragen zu stellen. Darauf würde Gontard zurückkommen, da war er sich sicher. Doch zunächst musste er sich darüber klar werden, wonach er suchen sollte. Kam der Mörder aus Puchs Bekanntenkreis? Mit wem hatte der verkannte Dichter zu Lebzeiten Umgang gehabt? Oder war alles ganz anders? Lag Kußmaul richtig, und hinter alldem steckte die Politik?

      Er musste mehr über Puch erfahren, so viel stand fest. Noch nicht einmal von Puchs Äußerem hatte Gontard ein eindeutiges Bild, dafür war die Wasserleiche viel zu entstellt gewesen. Ob es ein Bildnis von Puch gab? Und wenn ja, wo?

      Puch wohnte zur Untermiete, das hatte Traunstein erwähnt. Also bekam Gontard die Adresse nicht einfach über Adressregister heraus. Lenné kannte das Opfer auch, Gontard konnte ihn in Bälde befragen. Bei dem Gedanken verspürte er kurz den Drang, seine Schritte zu beschleunigen. Aber nein, es blieben nur noch ein paar hundert Meter, dann ließ er die Thiergarten-Siedlung hinter sich und kam in die Stadt, ins Gewimmel. Die letzten Schritte lang wollte er noch die Ruhe der Vorstadt genießen. Kein Mensch war hier auf der Straße.

      Zumindest СКАЧАТЬ