Die Fischerkinder. Im Auge des Sturms. Melissa C. Feurer
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Название: Die Fischerkinder. Im Auge des Sturms

Автор: Melissa C. Feurer

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежная классика

Серия:

isbn: 9783961400911

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СКАЧАТЬ Brauchte Chas ein Antibiotikum, und wenn ja, welches? Oder Schmerztabletten?

      Ein Geräusch draußen im Lagerraum ließ Mira zusammenfahren. Sie sah sich hektisch nach einem Versteck um, aber der Raum war leer bis auf die Schränke. Ihr blieb keine Zeit!

      Wie zuvor im Lieferwagen raffte sie mit beiden Händen zusammen, was sie irgendwie in ihre Taschen stopfen konnte. Schächtelchen mit Pillen oder Tinkturen, Fläschchen, Dosen, Ampullen − was sie in die Finger bekam. Sie fand sogar ein paar Rollen Verbände und Kompressen, die sie sich aus Mangel an weiterem Stauraum in den Hosenbund klemmte.

      Sie schaffte es gerade noch, ihre Bluse über die verräterischen Ausbeulungen zu zerren, ehe die Tür aufgestoßen wurde.

      Für einen Moment starrte der Mann im Türrahmen sie einfach nur an, und Mira starrte zurück, als wären sie sich unschlüssig, wer schockierter über den Anblick des jeweils anderen war. Dann riss Mira sich aus der Erstarrung und stürzte blindlings los.

      Der Mann war so verdutzt, dass sie es beinahe an ihm vorbeigeschafft hätte. Aber nur beinahe. Im letzten Moment hechtete er zwischen sie und ihren Fluchtweg. Mira geriet ins Straucheln. Die wenigen Sekunden, die sie brauchte, um ihr Gleichgewicht wiederzufinden, reichten aus. Der Mann ergriff ihre Oberarme und hielt sie fest.

      „Patienten haben hier unten nichts verloren.“ Er musterte Mira mit zusammengekniffenen Augen. Dann, viel ruhiger und langsamer, als würde er mit einem Kleinkind sprechen, fragte er: „Auf welche Station gehörst du denn?“

      Verunsichert erwiderte Mira seinen Blick. Ihr Atem hatte sich noch nicht wieder beruhigt, und sie konnte nicht umhin, immer wieder hastig in Richtung Ausgang zu sehen.

      Der Griff des Mannes um ihre Arme lockerte sich, in seinem Gesicht lag jetzt unverkennbar Besorgnis. „Ich wollte dich nicht erschrecken. Hast du dich verlaufen?“ Immer noch sprach er sehr langsam.

      Endlich dämmerte es Mira. Der Mann hielt sie für geistig verwirrt, für psychisch krank oder körperlich so erschöpft, dass sie nicht bei klarem Verstand war. Kein Wunder: Sie musste in ihrer Panik über sein plötzliches Auftauchen völlig wahnsinnig ausgesehen haben.

      „Ähm …“, machte sie, um endlich auf seine Fragen zu reagieren. Was sollte sie sagen? Hinter ihrer Stirn jagten sich die Gedanken.

      „Ich bringe dich nach oben, ja?“

      „Ähm“, machte Mira noch einmal dümmlich und beschloss in Sekundenbruchteilen, dass sie mitspielen musste. Nur so konnte sie noch unbeschadet aus der Sache herauskommen. Vielleicht sogar mit den Medikamenten für Chas.

      „Ich hab mich verlaufen.“ Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Alles in ihr war in Alarmbereitschaft. Dennoch gab sie sich alle Mühe, arglos und verloren auszusehen.

      Während er sie am Arm aus dem Lagerraum in ein Treppenhaus führte, betrachtete Mira den Mann aus dem Augenwinkel. Er war dick, mit kräftigen Oberarmen und großen, fleischigen Händen. Den weißen Kittel eines Staatsgesundheitsbeamten trug er nicht.

      „Weißt du, wie dein Pfleger heißt?“, fragte er freundlich, während er Mira die Treppe hinaufbugsierte.

      „Nein.“ Es hatte keinen Sinn, einen Namen zu erfinden. Diese Tarnung würde allzu schnell auffliegen. Schneller noch als die der ahnungslosen Geistesverwirrten. „Irgendetwas mit M … oder N. Vielleicht war es auch P. Ich weiß nicht mehr.“

      „Na, auch nicht so schlimm.“ Sie hatten den oberen Treppenabsatz erreicht und betraten ein geräumiges Foyer. Am anderen Ende konnte Mira den unbesetzten Empfang und die verschlossenen Schiebetüren sehen, die auf den Vorplatz hinausführten. Den ganzen Tag über hatte sie die Eingänge von außen betrachtet und überlegt, wie sie hineinkommen sollte. Jetzt hätte sie einiges dafür gegeben, wieder dort draußen zu sein. Mit den Medikamenten natürlich.

      Der Dicke schob sie behutsam weiter. „Das werden wir gleich haben“, versicherte er. „He! Ihr da, macht euch hier mal nützlich!“

      Miras Herz setzte einen Schlag aus. Auf den Ruf ihres Begleiters hin traten zwei Wachmänner aus einer Nische bei den Türen und eilten zu ihnen.

      „Wir brauchen jemanden mit einem Scanner. Die junge Dame hier hat sich verlaufen und findet ihre Station nicht mehr.“

      Miras rechte Hand umschloss fast automatisch das Band an ihrem linken Handgelenk. Sie wollte einen Schritt zurückmachen, stieß aber gegen den Bauch des Mannes, der sie heraufgebracht hatte.

      Die Wachmänner musterten sie. Einer der beiden hatte so stechend blaue Augen, dass Mira das Gefühl hatte, von seinem Blick regelrecht durchleuchtet zu werden.

      „Sind Sie völlig bescheuert?“, blaffte er den Mann hinter Mira an. „Das ist keine Patientin. Sie trägt ja Straßenkleidung. Schmutzige noch dazu.“ Seine Hand schnellte nach vorne und entriss Mira dem fürsorglichen Griff des Dicken. „Was hast du hier drinnen zu suchen, hm?“ Schmerzhaft zerrte er an ihren Armen und drehte die Handflächen nach oben. „Einen Besucherstempel hast du auch nicht. Wie bist du hier hereingekommen? Los, spuck es aus!“

      „Aber, aber“, fuhr der Mann hinter Mira dazwischen, ehe diese antworten konnte. „Das ist doch kein Grund, so grob zu werden.“

      „Wer hat dich gefragt? Was bist du? Eine Putzkraft? Lagerarbeiter?“ Er schnaubte. „Geh wieder an deine Arbeit und lass mich meine machen. Du bist wohl zu blöd, um eins und eins zusammenzuzählen. Die Kleine ist hier eingebrochen. Wir nehmen sie mit.“

      Nun konnte Mira nicht mehr an sich halten. Sie vergaß sogar ganz, dass sie eben noch harmlos und verwirrt hatte wirken wollen. „Nein!“ Sie entriss ihre Arme dem Griff des Wachmanns und rannte blindlings auf die Türen zu. Der dicke Mann war so verdutzt von dieser plötzlichen Anwandlung, dass auch er sie einfach losließ.

      Sie konnte kaum fassen, dass sie die Türen wirklich erreichte. Waren die Wachmänner so langsam oder sie in ihrer Panik so schnell? Sie hatte keine Zeit, sich umzusehen. Mit beiden Händen packte sie die Türgriffe und schob. Hinter ihr lachte einer der Wachmänner. Ihre Tatenlosigkeit machte schlagartig Sinn. Die Türen waren verschlossen.

      „Nein!“, brüllte Mira erneut. Sie holte mit dem Fuß aus, um das Glas notfalls zu Bruch zu bringen. Sie musste zu Chas, musste einfach. Er brauchte Hilfe, brauchte sie! Seine im Fieberwahn gesprochenen Worte hallten ihr noch in den Ohren. Was, wenn ihr etwas zustieße? Was würde dann aus ihm werden?

      Ehe ihr Fuß das Glas traf, hatten die beiden Wachmänner sie nun doch erreicht. Sie banden ihr die Hände auf dem Rücken zusammen und stopften ihr aus Mangel an Alternativen ein Knäuel Taschentücher in den Mund.

      „Wir bringen sie in die Staatsjustiz. Die sollen sie einsperren, bis sie sich beruhigt hat.“

      „Was, wenn noch mehr von ihnen eingedrungen sind?“, fragte der andere Wachmann.

      „Ich gebe Durchsuchungsbefehl. Haltet alle Ausgänge verschlossen“, wies er den dicken Mann an, der immer noch regungslos an den Türen zum Treppenhaus stand.

      „Aber …“, stammelte er. „Meine Güte, ich verstehe nicht, warum man in ein staatliches Gesundheitszentrum einbrechen sollte. Sie ist nicht einmal eine Illegale.“ Er nickte zu Miras gefesselten Händen. „Sie hat ein Armband.“

      „Das ist nicht deine Sorge. Das sollen die Justizleute herausfinden“, erwiderte einer der Wachmänner, ohne Mira aus den Augen zu СКАЧАТЬ