Название: Trilogie des Mordens
Автор: Ulrich W. Gaertner
Издательство: Автор
Жанр: Короткие любовные романы
isbn: 9783954889563
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Vom erhöhten Podium, direkt vor dem ehrwürdigen Rathaus der Hansestadt, ertönt ein brummendes Geräusch. Das Standmikrofon mitsamt den Lautsprecherboxen wurde eingeschaltet. Auf dem mit Girlanden geschmückten Podest erscheinen Frauen und Männer in Prunkgewändern der mittelalterlichen hanseatischen Zünfte und Stände. Die attraktive Ausstellerin erkennt die schlanke, hochgewachsene Gestalt des Ersten Bürgermeisters mit dem schmalen Gesicht und den weißblonden Haaren, der vor das Mikrofon tritt. Nun erfolgt die Festansprache des Ersten Hanseaten mit einem historischen Rückblick, aber auch mit einer zuversichtlichen Prognose der neuen Handelswege in den östlichen Teil Deutschlands.
Die junge Beobachterin mit abgeschlossenem Studium der Wirtschaftswissenschaften interessiert die kluge Ansprache nicht, die vom Zusammenwachsen der alten und neuen Bundesländer und den sich daraus ergebenden Chancen Bezug handelt.
UWs, denkt sie gehässig über den erfolgreichen Politiker. Oder noch schlimmer. Unwissende Personen. Damit bezeichnet ihre Organisation Menschen, die noch nicht den Weg zur richtigen Lehre des Meisters gefunden haben, diese negieren oder sogar bekämpfen. Dazu zählen auch die geistlichen und politischen Führungsspitzen der Hansestadt, die alles tun, um unsere Tätigkeit zu erschweren, denkt die Frau voller Hass. Aber das sieht man ihr nicht an. Auffordernd lächelt sie mit ihren auffällig rot geschminkten Lippen die Passanten provozierend an, so dass die biederen Händlerehefrauen aus der ländlichen Region Vierlanden ihre unruhig werdenden Männer zur Ordnung rufen müssen. Dann sind die Festansprachen vorbei, auch das Präsentieren und Verteilen der Geschenkkörbe. Die mit Blumen, Kleinwaren und leckeren Genussmitteln aller Art gefüllten Präsentkörbe stellen ein breites Spektrum der heimischen Hersteller dar. Aber das ist nur ein kleiner Teil des Angebots. Lauter Beifall macht sich breit, als der Bürgermeister erklärt, dass das reichhaltige Angebot aus Vierlanden und aus den Speichern der hanseatischen Sponsoren den Obdachloseneinrichtungen der Stadt zur Verfügung gestellt werden soll. Das ist der Abschluss des offiziellen Teils. Das übliche Schmausen und Feiern kann beginnen. Appetitanregende Düfte hängen in der Luft. Musik von verschiedenen Gruppen setzt ein. Fröhliche Menschen genießen diesen besonderen Tag.
Jetzt wird es gleich losgehen, denkt die Frau zufrieden. Ihr Begleiter hat sich unbemerkt neben sie gestellt und beobachtet das flanierende Publikum. Die erfahrenen „Street Runner“, mit ihrer Überzeugungskunst bemerken sehr schnell: Es herrscht noch Schwellenangst. Der Mann verschwindet im Auswertungs-Pavillon. Wenig später tönen aus unsichtbaren Boxen einschmeichelnde Klänge spiritueller indischer Musik. Die junge Frau nimmt einen Stapel dünner Broschüren und stellt sich damit als attraktiver Blickfang den Neugierigen in den Weg. Die Wirkung lässt nicht lange auf sich warten. Zwei junge Männer im Freizeitlook kommen an dem lebendigen Hindernis nicht vorbei.
„Habe ich Sie neugierig gemacht, meine Herren?“
Mit gurrender Stimme, tiefen Blicken und aufreizenden Bewegungen fordert sie die beiden zum Stehenbleiben auf.
„Ich sehe Ihnen doch an, dass Sie nach geistigen Werten suchen und wissen möchten, wie Sie Ihre Innere Quelle finden können.“
Die beiden Männer, etwa zwischen Anfang und Mitte zwanzig, blicken sich amüsiert an und grinsen frech.
„Also Puppe, wenn du meinst, ich sollte meine Innere Quelle suchen, dann musst du mir schon zeigen, wie das geht. Am besten heute Abend.“ Die Männer lachen laut; sie fühlen sich überlegen. Aber die knallharte Sekten-Lady kann mit damit umgehen.
„Darüber könnte man reden, mein Lieber. Aber Voraussetzung dafür ist die Testteilnahme, damit du erkennen lernst, mit wie viel Problemen du in Wirklichkeit vollgepackt bist.“
Nun sind die Rollen vertauscht. Einer der beiden Männer, nicht unattraktiv, Typ Handwerker mit biederem Gesichtsausdruck, fühlt sich überrumpelt.
„Was iss’ n das für ’n Test?“
Der hinzugetretene Teamführer mischt sich ein.
„Ein kostenloser Persönlichkeitstest, begleitet von unserer Technik hier“, er zeigt auf das Messgerät, „Dazu gibt’s die kostenlose Auswertung.“
Nun ist auch der Jüngere der Männer hinzugetreten. Interessiert betrachtet er das Gerät.
„Hat Ähnlichkeit mit ’nem Lügendetektor aus den US-Krimis.“
„Richtig, mein schlauer Freund. Nur dient dieses Gerät nicht dazu, Lügen aufzudecken, sondern dazu, die eigenen Wahrheiten zu finden.“
Die beiden beeindruckten jungen Männer erkennen nicht den Doppelsinn der verdrehten Erklärung. Intuitiv ergreift die Frau das Heft.
„Sie können natürlich auch beide einen solchen Test machen, bei mir oder meinem Partner, und zwar jetzt gleich“, schnurrt sie wieder.
Dabei öffnet sich wie zufällig ihre eng geschnittene Kostümjacke und lässt den Blick auf ihre üppigen Brüste unter dem dünnen T-Shirt zu. Darunter trägt sie keinen BH.
„Was meinst du, Lothar?“, fragt Jan, der Ältere, der schon Feuer gefangen hat.
„Also, ich meine“ – der Gefragte beginnt zu stottern – „… ich würde den Test gern von der Dame durchführen lassen.“
„Hmh.“ Jan überlegt noch, während er der Blonden ungeniert auf die prallen Brüste starrt.
„Ich muss sagen, die wäre mir auch das Liebste.“
Die „Street Runner“ grinsen sich heimlich an. Immer dasselbe, aber die Masche zieht.
„Gut, dann mache ich einen Vorschlag. Sie gehen beide mit meiner Partnerin in den Pavillon und legen nacheinander den Test ab. Und dann gibt’s die Auswertung. Einverstanden?“
Die Männer nicken.
„Okay, und wie lange dauert das?“
Lothar, der Jüngere, will es genau wissen.
„Nun ja, da wir nicht arbeitsteilig vorgehen können, dauert es für beide rund eine Stunde. Sonst nur die halbe Zeit. Trotzdem lohnt es sich für Sie immer, weil Sie ganz viel über sich in Erfahrung bringen. Bei einem Psychiater würden Sie ein Dutzend Sitzungen absolvieren und müssten einen Haufen Kohle abdrücken.“
Das ist ein überzeugendes Argument des routinierten Teamführers, der die Sprache der „Generation Golf“ beherrscht und damit letzte Einwände beseitigt.
„Kommen Sie, meine Herren!“
Mit raumgreifenden Schritten ihrer makellosen Beine und wiegenden Hüften schreitet die erfahrene Überredungskünstlerin den beiden zukünftigen Seminar Anwärtern voraus. Sie sollen es bald bereuen, dass sie an diesem schönen Tag wie die Fliegen am Honigtopf in Gestalt der provozierenden Blonden hängen geblieben sind. Der smarte Teamführer übernimmt derweil am Bücherstand geübt die Rolle eines kompetenten Beraters. Das war schon mal ein guter Start. Der Captain wird sich freuen, wenn die Erfolgsliste heute Abend länger ist.
Im Haus der Kluges in der kleinen Gemeinde nahe Lüneburg findet am Sonntagmorgen das gemeinsame Frühstück statt. Der Tisch in der Diele ist liebevoll gedeckt. Gelbe Narzissen verbreiten ihren angenehmen Duft. Auch die seltene Aprilsonne meint es gut an diesem Morgen.
„Möchtest du noch etwas Kaffee, Lieber?“
Ninette-Elaine СКАЧАТЬ