Advent, Advent, die Alster brennt. Kai Riedemann
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Название: Advent, Advent, die Alster brennt

Автор: Kai Riedemann

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783937881225

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СКАЧАТЬ Stefan zu, die anderen folgen zögerlicher. Stefan beugt sich zu dem Kleinen herunter, als der ihn ziemlich unsanft am Mantel zieht.

      »Warum kommst du erst jetzt? Wir haben unsere Geschenke doch schon.«

      »Ich habe aber noch mehr.« Stefan beugt sich zu ihm hinunter, und reicht ihm ein kleines Paket aus dem Jutesack. »Eigentlich muss man an Weihnachten ja immer ein Gedicht aufsagen können, aber weil wir zu spät gekommen sind, müssen das dieses Jahr nur die Kinder tun, die auch möchten. Weiß jemand eins?«

      Stille breitet sich aus, bis eines der Mädchen zögerlich ein großformatiges Buch vom Boden aufhebt und es mir geöffnet entgegenstreckt.

      »Kannst du das vorlesen?«, fragt sie.

      Etwas verblüfft nehme ich das Buch entgegen. Es sind altertümliche Weihnachtsgedichte, mit großen Illustrationen.

      Stefan wirft einen Blick über meine Schulter und nickt mir gemessen zu, aber seine Augen glänzen. »Der Weihnachtsengel liest euch vor«, sagt er feierlich. »Ich komme gleich zurück.«

      Ich sehe ihm erstaunt nach, aber da sind fünf Kinder, die mich neugierig ansehen. Langsam lasse ich mich auf dem Sofa nieder und fange an, ein langes, altmodisches Gedicht vorzulesen. Die Kinder hören gebannt zu, trotzdem kommt es mir wie eine Ewigkeit vor. Ich bin erleichtert, als Stefan lautlos wieder das Weihnachtszimmer betritt. Mit feierlichen Gesten verteilt er bunt eingepackte Geschenke.

      »Wir müssen jetzt gehen«, sagt er bedauernd, als ich geendet habe. »Fröhliche Weihnachten!«

      Ich reiche dem Mädchen das Buch zurück und folge Stefan in den leeren Flur hinaus. Hinter uns dringt die Musik aus dem Wohnzimmer. Niemand nimmt Notiz von uns, als wir das Haus verlassen. Im Licht der Straßenlaternen funkeln die feinen Regentropfen auf meinem Wollpullover.

      Erst in Sichtweite des Autos bleibe ich stehen.

      »Was hast du da alleine im Haus gemacht?«, frage ich Stefan und versuche, ihm ins Gesicht zu sehen.

      Es ist ein seltsamer Unterton in seiner Stimme, als er antwortet. »Nichts. Ich war auf der Toilette.«

      Ich strecke unvermittelt die Hand aus und fasse in die Falten des Jutesackes, kann ihm den groben, braunen Stoff aus der Hand winden. Er macht einen Schritt auf mich zu, als wolle er mir den Sack gewaltsam wieder entreißen, dann besinnt er sich und macht eine beschwichtigende Geste, um danach die Arme zu verschränken und mich herausfordernd anzusehen.

      Ich würdige ihn keines Blickes, als ich die Öffnung des Sackes auseinanderschlage. In den Falten des braunen Stoffes liegen oben noch einige von den bunt eingepackten Geschenken, aber auf den ersten Blick wird ersichtlich, dass der Weihnachtsmann noch wertvollere Dinge mit sich herumträgt. Unter den Paketen liegen Geldscheine, Fünfziger, Zwanziger, auch ein grüner Hunderteuroschein. Als ich die Falten des Sackes hin- und herschüttele, sind da auch noch andere Dinge, eine große Herrenarmbanduhr, die sehr teuer aussieht, und ein kleines Schmuckdöschen ohne Deckel, in dem ein Ring steckt.

      Für einen Moment bin ich ganz starr, obwohl ich geahnt habe, dass etwas nicht stimmt. Wortlos fasse ich den braunen Stoff an der Öffnung des Sackes fest zusammen und wende mich zu Stefan um.

      »Das darf nicht wahr sein«, sage ich fassungslos. »Du bestiehlst die Familien, die du als Weihnachtsmann besuchst?«

      Stefan erwidert meinen Blick, ohne zu antworten.

      »Gib’ mir die Autoschlüssel«, fordere ich heiser.

      Er greift unter seinen Mantel und wirft mir den Autoschlüssel zu. Es gelingt mir, ihn zu fangen, auch wenn ich bestimmt keine elegante Figur dabei abgebe, im Kleid und mit dem Jutesack in der Hand. Entschlossen gehe ich auf das Auto zu und will auf der Fahrerseite einsteigen. Ich habe die Flügel vergessen, die Pappe bleibt an der Türöffnung hängen. Mit zusammengebissenen Zähnen streife ich Flügel und Mantel ab und steige dann ein, den Jutesack im Fußraum unter meinen Sitz stopfend.

      Stefan hat längst seinen roten Mantel ausgezogen und ist auf der Beifahrerseite eingestiegen. »Und nun?«, fragt er.

      Ich schweige. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.

      »Wir könnten teilen, weißt du«, schlägt Stefan vor.

      Ich gehe nicht darauf ein. »Warum tust du das?«, frage ich dann.

      Stefan zuckt die Schultern. »Es ist leicht, und es macht Spaß. Niemand ist aufmerksam am Heiligen Abend, und überall liegen Geschenke herum, meist auch irgendwo Bargeld.« Er macht eine kurze Kopfbewegung nach hinten. »Du hast gesehen, wer diese Leute sind, die einen Weihnachtsmann bestellen und bereit sind, dafür zu bezahlen. Sie merken es nicht einmal, wenn am nächsten Morgen etwas fehlt.«

      »Woher willst du das wissen?«, frage ich müde.

      »Ich mache das schon ein paar Jahre. Es hat sich noch nie jemand bei der Weihnachtsmannvermittlung beschwert oder auch nur gemeldet«, antwortet er nüchtern. »Man darf es eben nicht übertreiben, nie das ganze Geld nehmen, wenn irgendwo ein Umschlag herumliegt.« Er neigt den Kopf. »Ich sehe nicht ein, warum ausgerechnet der Weihnachtsmann am Heiligen Abend leer ausgehen sollte.«

      Ich weiß nicht, was ich denken soll. »Warum wolltest du mich dabeihaben?«, frage ich, geradeaus starrend.

      »Ich weiß es auch nicht«, sagt Stefan ehrlich. »Ich glaube, ich dachte, dass es dir genauso geht wie mir, dass du den Abend so etwas netter verbringen könntest als allein zu Hause. Wahrscheinlich wollte ich dir auch ein Geschenk machen.«

      Ich bin für einen Moment sprachlos.

      »Du warst großartig darin, sie abzulenken«, sagt Stefan auf mein Schweigen hin. »Zwei Familien haben wir noch. Wir sollten zusammenarbeiten.«

      »Ich fürchte, daraus wird nichts«, sage ich knapp. »Steig’ aus.«

      »Was?«, fragt Stefan verdutzt zurück, ehe er wieder in seinen ruhigen Tonfall verfällt. »Was willst du machen? Du kannst nicht zur Polizei gehen. Dann bekommst du genauso viele Schwierigkeiten wie ich. Niemand wird dir glauben, dass du für einen Freund, den du kaum kennst, den Weihnachtsengel spielst und es nicht merkst, wenn er etwas mitgehen lässt.« Seine Stimme wird noch ruhiger. »Eigentlich bist du mir doch dankbar, dass ich dich mitgenommen habe. Wenn ich es vorhin nicht übertrieben hätte, hättest du nicht einmal etwas geahnt. Du hättest dich gefreut, dass wir so vielen Kindern eine Freude machen.«

      Ich weiß, dass er recht hat, aber ich sehe weiter starr nach vorne. »Steig’ aus«, wiederhole ich.

      Ich finde nicht, dass ich sehr entschlossen klinge, aber Stefan steigt tatsächlich mit langsamen Bewegungen aus. In dem Pullover, unter dem ordentlich der Hemdkragen hervorsieht, sieht er fast so aus, als würde er selbst irgendwo hier in einer Villa Weihnachten feiern, nur, dass es eine regnerische Nacht ist und sein Pullover ziemlich dünn. Ich beuge mich zur Tür der Beifahrerseite hinüber, ziehe sie mit einer schnellen Bewegung zu und drücke den Knopf der Verriegelung herunter, ehe ich das Fenster einen Spalt weit öffne. Stefan sieht immer noch ganz verwundert aus, als er die Finger auf die obere Kante der Scheibe legt. »Was willst du machen?«, fragt er.

      »Ich weiß es nicht«, antworte ich ehrlich. »Aber ich werde nicht zur Polizei gehen. Mein Weihnachtsgeschenk an dich.«

      »Willst du mich wirklich hier stehen lassen?«, СКАЧАТЬ