Advent, Advent, die Alster brennt. Kai Riedemann
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Название: Advent, Advent, die Alster brennt

Автор: Kai Riedemann

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783937881225

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СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      Pauli lehnte sich schwer atmend gegen die Wand und wischte sich fahrig übers Gesicht. Sein Magen rebellierte, ihm war schlecht. Du kannst nicht hier herumstehen, sagte eine Stimme in ihm. Ich will nichts damit zu tun haben, antwortete eine andere Stimme. Reiß dich am Riemen!, sagte die erste Stimme wieder. Wenn wenigstens der Pförtner hier wäre, jammerte die zweite Stimme.

      Der Personalreferent stolperte zur Pförtnerloge und nahm den Hörer von der Telefonanlage. Muss ich 110 oder 112 wählen? Eine Nummer war die der Polizei, die andere die der Feuerwehr, doch welche war die richtige? War Feuerwehr gleichbedeutend mit Unfallwagen? Pauli fuhr sich über die Stirn. Sie war nass. Unfallwagen war sicherlich nicht richtig, wenn der Mann bereits tot war. Da musste ein Bestattungsunternehmer kommen.

      Die vielen blinkenden Lämpchen verwirrten ihn, aus dem Hörer kam kein Ton. Der Tod muss durch den medizinischen Dienst festgestellt werden, sagte er sich. Doch wie war dessen Nummer? Er drückte auf eine blinkende Taste. Aus dem Hörer kam ein Besetztzeichen. Pauli ließ den Hörer sinken. Er musste sich einen Augenblick an der Pförtnerloge festhalten. Mühsam, als hätte er eine schwere Arbeit zu verrichten, drückte er eine andere Taste.

      »Na, endlich meldet sich jemand«, quäkte eine empörte Stimme aus dem Hörer. »Ich habe meine Zeit nicht gestohlen! Verbinden Sie mich endlich mit der Marketingabteilung.«

      Aus dem Telegrafenraum hörte Pauli ein Geräusch. Er legte den Hörer auf und stolperte hinüber. Es war nicht das Telefax, auf das er wartete.

      Pauli schaute auf seine Hände. Sie zitterten. Sie zitterten überaus stark. Du musst dich zusammennehmen, dachte er. Probleme sind da, um gelöst zu werden. Er straffte sich. Durchschritt sehr aufrecht die Halle. Stellte sich vor den Paternoster. Lange brauchte er nicht zu warten. Der Geschäftsführer kam wieder vorbei, diesmal auf dem Weg nach unten. Er hatte seine Lage verändert, war ganz in sich zusammengesunken und nach vorne gefallen. Sein Gesicht und sein Jackett wiesen breite Spuren von Fett auf. Lagerfett. Solches, wie es zum Schmieren von Zahnrädern verwendet wurde.

      Pauli wusste, woher das Fett kam. Er selbst war einmal völlig in Gedanken im Paternoster bis nach oben gefahren. Dorthin, wo es keinen Ausstieg mehr gab. Plötzlich hatte die Kabine eine Seitwärtsbewegung gemacht und war an einem riesigen, fingerdick mit Fett beschmierten Zahnrad vorbeigeschwungen. Pauli hatte sich erschrocken an die Rückwand der Kabine gedrückt. Im nächsten Augenblick wich das Zahnrad nach oben zurück, dann war er wieder auf dem Weg nach unten.

      Der Personalreferent Rainer Pauli starrte dem verschwindenden Geschäftsführer nach. Da! Wieder ein Geräusch aus dem Telegrafenraum. Das war sein Telefax. Es kamen mehrere Seiten, dann ein heller Piepton. Die Übertragung war unterbrochen.

      Pauli wartete. Auf den Geschäftsführer. Doch der Tote tauchte nicht mehr auf. Er drückte seine Fingerspitzen auf die Schläfen. Sah er Gespenster? Oder war er überarbeitet? Gab es gar keinen toten Wim van Zijstra? Waren alles nur Hirngespinste, Wunschträume? Halluzinationen, oder wie das hieß? Er kannte sich wenig aus in diesen Dingen. Plötzlich blieb der Paternoster stehen. Totenstille. Kein Rumpeln mehr. Jetzt war sich Pauli sicher, dass er verrückt geworden war. Einen Paternoster, der stillstand, das gab es nicht. Er schloss die Augen. Wartete einen Augenblick. Öffnete sie dann wieder. Der Paternoster rumpelte. Ein Mann kam nach oben.

      »Guten Tag, Herr Pauli«, sagte Herr Ramelow höflich.

      Pauli schüttelte verwirrt den Kopf. »Wo kommen Sie denn her?«

      »Von unten. Dort ist eine Reparaturtür. Durch die kann man direkt aus dem Paternoster in die Tiefgarage steigen. Wussten Sie das nicht?«

      »Nein. So weit bin ich noch nie gefahren.«

      »Kann ich Ihnen helfen?«

      »Nein, nein. Ich warte auf ein Telefax.«

      »Ich kann Sie anrufen, wenn es da ist.«

      »Geht nicht. Ist streng vertraulich.«

      Herr Ramelow zog eine Augenbraue hoch. »Wenn die Personalabteilung ein streng vertrauliches Telefax erwartet, dann hat das nichts Gutes zu bedeuten.«

      Pauli wechselte das Thema. »Was machen Sie über die Feiertage?«

      »Ich arbeite in der Weihnachtswoche. Und an Silvester packe ich meine Sachen zusammen. Dann werde ich ersetzt.«

      »Ersetzt?« Paulis Stimme klang schrill.

      »Ja. Durch eine Anzeigetafel. Stellen Sie sich das mal vor.« Herr Ramelow bemühte sich jetzt nicht mehr um eine hanseatische Zurückhaltung. Seine Stimme klang aufgebracht, er hieb mit der Faust in die flache Hand. »Nach 32 Jahren abserviert! Dabei sollte doch der Pförtner als Letzter gehen.«

      »Ja, ja«, sagte Pauli und fuhr sich wieder übers Gesicht.

      Die beiden Männer blickten schweigend in das Schneetreiben.

      »Ich bekomme vielleicht noch mal Arbeit«, sagte Herr Ramelow, »wenn ich Glück habe, in einem Hotel. Ansonsten als Türsteher vor einem Nachtklub. Pförtner werden ja immer gebraucht.«

      Pauli blickte den korrekten Herrn Ramelow zweifelnd an.

      »Joseph Hilbert hat es schwerer«, sagte der Pförtner.

      »Hilbert, der Fahrer?«

      »Er hat ja immer die oberen Gehaltsklassen gefahren. Seit Jahrzehnten. Doch von jetzt an sollen die Prokuristen selbst chauffieren.«

      »Das wusste ich nicht.«

      »Hilbert ist total aus dem Häuschen. Der hat vielleicht eine Wut im Bauch. Der weiß, dass er keine Arbeit mehr bekommt. Er ist einfach zu alt.« Herr Ramelow blickte nachdenklich auf die Ziehfäden an Paulis Strickjacke.

      »Wie lange hat Hilbert noch?«

      »Heute war sein letzter Tag. Ich habe ihm gerade geholfen, seine Sachen im Auto zu verstauen. Er hatte ein kleines Büro in der Tiefgarage.«

      Pauli blickte wieder durch die Scheiben in den dunklen Abend. Nächste Woche war Weihnachten, das Fest der Liebe. Ein Fest, an dem Leute wie Ramelow und Hilbert am Weihnachtstisch saßen und sich fragten, ob das Leben wohl weitergehen wird.

      »Haben Sie eigentlich ein zweites Jackett, Herr Ramelow?«

      »Zweites Jackett?«

      »Ja oder nein.«

      »Ja, ja, natürlich. Ich habe immer ein Reservejackett hier. Und auch eine Reservekrawatte. Es könnte ja sein, dass ich mich mit Kaffee bekleckere. Wie würde das aussehen, der Pförtner einer renommierten Firma mit Kaffeeflecken?«

      Die beiden Männer schauten den Schneeflocken nach.

      »Wieso fragen Sie, Herr Pauli?«

      »Weil Sie einen großen Fleck am Revers haben. Sieht aus wie Schmiere.«

      Herr Ramelow schaute betroffen an sich herunter. »Ärgerlich! Das muss von Josephs Auto sein.«

      Aus dem Telegrafenraum piepte es, dann war das Brummen des Gerätes zu hören.

      »Mein Telefax«, sagte Rainer Pauli.

      »Mein СКАЧАТЬ