Glauben - Wie geht das?. Matthias Beck
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Glauben - Wie geht das? - Matthias Beck страница 11

Название: Glauben - Wie geht das?

Автор: Matthias Beck

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

Серия:

isbn: 9783990401989

isbn:

СКАЧАТЬ auch Emotionen. Er spricht und denkt, aber er zürnt auch (Gen 6, 6) und hat Gefallen an etwas. Damit ist er auch Urheber des menschlichen Geistes, genauer des Menschen als Ganzes mit seinem Denken und Fühlen. Er hat diese Welt hervorgebracht in dem, was Schöpfung genannt wird.

      Der Gott Jahwe wird also gesehen als jemand, der spricht, der handelt, der etwas bewirkt und so der Urheber von allem ist. Er ist der Schöpfer, er versteht sich aus sich selbst heraus, er ist ohne Anfang und ohne Ende, aber er kann Anfang und Ende, Raum und Zeit setzen, und so hat die endliche Welt einen Beginn und wohl auch ein Ende. Ebenso hat das Leben des einzelnen Menschen einen Beginn und ein Ende. So ist die Auffassung von Raum und Zeit von einer gewissen Linearität geprägt (Anfang, Beginn und Ende), während asiatische Reinkarnationslehren eher eine zirkuläre Zeitauffassung vertreten.

      Die jüdische Auffassung dessen, den die Juden Jahwe nennen, ist jene eines personalen Gegenübers, das sich aus sich selbst heraus versteht, das aus sich selbst heraustritt und den Menschen anspricht, so dass der Mensch umgekehrt auch ihn ansprechen kann. Der Mensch kann zu diesem Gott beten, er kann ihn anbeten, anrufen und verherrlichen, er kann ihm aber auch seine Not, sein Wehklagen und sein Hadern entgegenbringen. Die Psalmen im Alten Testament geben davon Zeugnis.

      11. Der Gott des Alten Testamentes

      Noch einmal kann man hier rückfragen, ob das nicht alles eine Projektion des Menschen ist. (Feuerbach) Ob das alles wirklich so war, kann doch niemand sagen. Niemand hat Gott je gesehen, heißt es im Alten Testament, also könnten doch die ganzen Geschichten auch Erfindungen des Menschen sein. Das Alte Testament ist ja von Menschen über viele Jahrhunderte aufgeschrieben worden. Es ist in vielen Psalmen und Geschichten die einfache Schilderung der Not des Menschen. Er schreit sie zum Himmel, er weint, er jammert, er klagt. Die einzige Frage lautet: Kommt dem Wehgeschrei des Menschen von Jahwe her Hilfe zu?

      Und darauf gibt das Alte Testament eine klare Antwort: Ja, Gott hat unser Schreien erhört. Er hat nicht alles Leid von uns genommen, aber er hat geantwortet und er hat uns von unseren Fesseln befreit, speziell von den Fesseln der Gefangenschaft in Ägypten. (Ex 3, 7)15 Und diese Befreiungstat ist für das Volk Israel nicht anders zu erklären als mit einem Eingreifen Gottes in die Geschichte. Diese Erfahrung des Handelns Gottes ist so überwältigend, dass das ganze Volk davon berichtet. Das ist bis heute das große Fest in Israel: das Pessahfest, die Befreiung des Volkes Israel aus der Knechtschaft Ägyptens. (Ex 20, 2) Diese ist nur zu erklären mit dem Handeln Gottes, der dem Volk signalisiert: Ich bin da, (Ex 3, 14) es gibt mich, ich handle an dir und ich bin der einzige Gott, der diese Macht hat, dir zu helfen. Diese Macht haben die vielen anderen Götter nicht. Das ist die Kurzbotschaft Gottes an den Menschen.

      Diese Erfahrung des befreienden Handeln Gottes muss für das Volk Israel so überwältigend gewesen sein, dass es daraus alle seine anderen Zugänge zu Gott ableitet. Aus dieser Erfahrung heraus wird das Alte Testament über mehrere hundert Jahre hinweg verfasst. Es sind die Hinterlassenschaften der Erfahrungen eines Volkes, das seine Erfahrung von der Befreiung nicht anders interpretieren kann als mit dem gewaltigen Handeln Jahwes.16 Er ist in unsichtbarer Ferne, sein Name darf nicht genannt werden und man soll sich von ihm kein Bild machen. Er ist der Unaussprechliche, Unsichtbare, Bildlose, aber er hat als Einziger diese gewaltige Macht, sein Volk gegen alle Widerstände zu befreien.

      Er handelt an seinem Volk, schließt einen Bund mit ihm und führt es aus der Knechtschaft Ägyptens in die Freiheit hinaus. Er vermittelt seinem Volk, dass er dessen Knechtschaft nicht ertragen kann, dass er Mitleid mit ihm hat und es befreien will. Gleichzeitig schärft er diesem Volk ein, dass es diese Freiheit nur dann aufrechterhalten kann, wenn es an der Erhaltung dieser Freiheit mitarbeitet und sich an einige Regeln hält. Diese Regeln sind die Zehn Gebote. Sie dienen der Freiheit des Volkes und jedes einzelnen Menschen. Diese befreiende Tat Gottes führt zur Handlungsfreiheit des Menschen.17 Diese äußere Befreiung wird später im Christentum fortgesetzt hin zur inneren Befreiung jedes einzelnen Menschen von seiner inneren Knechtschaft.18

      Es geht hier religionsgeschichtlich um den Umbruch vom gedachten und projizierten Gott hin zu jenem Gott, den es „wirklich“ gibt. Es ist der Umbruch geschehen vom gedachten, vorgestellten und in den Himmel hineinprojizierten Gott hin zum wahren Gott, der sich selbst zeigt, der da ist („Ich-bin-da“) und der in dieser Welt handelt. Das Volk Israel geht davon aus, dass es möglich ist, dass der letzte Grund allen Seins, also der Schöpfer des gesamten Universums, anfängt, sich selbst zu zeigen und den Menschen anzusprechen. Das Sein und das Absolute haben sich schon immer ausgedrückt in dem Seienden, in den Dingen und den Ereignissen der Welt. Das Neue aber ist, dass jetzt nicht mehr nur das Sein im Seienden „spricht“, sondern dass der Grund von allem, der Schöpfergott selbst, der allem Sein zugrunde liegt, anfängt zu sprechen und zu handeln. Er ruft das Volk und einzelne Menschen in einen besonderen Dienst (Abraham, Moses, die Propheten).

      Jahwe tritt aus seinem Versteck heraus und erweist seine Macht gegenüber allen anderen Göttern und Völkern durch seine Befreiungstat. Besonders dieses machtvolle Handeln überzeugt das Volk, dass hier Gott selbst am Werk sein muss. Daher sprechen auch alle Befreiungsgeschichten (Auszug aus Ägypten, Durchzug durchs Rote Meer) von der gewaltigen Befreiungstat Gottes, die gewalttätig klingt: Die Ägypter werden total vernichtet. (Ex 14, 26–31) So ist zwar das Alte Testament von Menschen aufgeschrieben worden, aber ihre Erfahrung ist für sie nicht anders zu interpretieren als durch das machtvolle Handeln Gottes.

      Es wurde schon erwähnt, dass im Hebräischen das Sprechen und Handeln sehr nahe beieinander liegen. Das hebräische Wort „dabar“ für „Wort“ und „Sprechen“ ist sehr viel wirklichkeitsnäher als das griechische Pendant, Logos. Logos ist eher abstrakt und wirklichkeitsfern während „dabar“ geradezu Wirklichkeit schafft, und daher heißt es im Buch Genesis: „Gott sprach, es werde Licht! Und es wurde Licht.“ (Gen 1, 3) Das Sprechen Gottes schafft Wirklichkeit. Die Erfahrung des Volkes Israel ist eben das Sprechen, Handeln und Wirken Gottes. Gott wirkt mit Macht, er ist wirklich. Und so ist es nur zu verständlich, dass Gott auch der „Bewirker“, der Schöpfer der Welt ist. Er erschafft die Welt aus dem Nichts durch sein Wort. Gottes Sprechen ist Handeln, und dies bewirkt eine Initialzündung, sodass die Welt sich dann von selbst weiterentwickeln kann.19

      Gott spricht und das Ganze wird. Er gibt sein Vermögen an die Welt weiter, sodass die Welt aus sich selbst heraus werden und sich selbst übersteigen kann. Dieser Werdeprozess ist Ausdruck der großen Wirk-, Entwicklungs- und Entfaltungskraft des Göttlichen. Jahwe setzt etwas in Gang, was dann alles Weitere aus sich selbst heraus entlässt und von selbst weiterentwickeln kann. Das „von selbst“ ist fast ein göttliches Prinzip. Die Welt entwickelt sich von selbst evolutiv weiter, die Sonne scheint von selbst, die Embryonalentwicklung geht von selbst, das Herz schlägt von selbst und vieles mehr. Gott ist der Schöpfer dieses riesigen Kosmos, der sich nach wie vor ausdehnt und weiterentwickelt.

      An diesem Wort, Sprechen und Handeln des Schöpfers, an seinem Logos hat die menschliche Vernunft Anteil. Logos ist nicht nur Wort, sondern auch Ur-Vernunft, Ur-Wort, Ur-Sinn. Dieser Logos liegt der Welt voraus, er liegt ihr zugrunde und findet sich in allem: in den Gesetzen der Natur, in der Logik der Vernunft, im Sprechen des Menschen, sogar in den Begriffen der verschiedenen Sprachen. Da dieser Logos dem Menschen und der Natur innewohnt, kann der Mensch die Logik der Sprache und des Denkens verstehen lernen, er kann die Logik der Welt mit ihren Naturgesetzen schrittweise begreifen, er kann Naturwissenschaft betreiben und so die Logik der Welt immer besser verstehen. Er kann den Logos aber nicht nur im Denken, in der Welt und ihren Gesetzen finden, sondern auch tief in seinem Inneren als das innere Wort (Gadamer) und den Seelengrund in sich, den er als die Stimme Gottes identifizieren kann. Der Mensch soll an diesem Logos, der in allem zu finden ist, sein Maß nehmen. Von ihm her soll er seinen eigenen Sinn finden.

      Wenn der Schöpfergott mit seinem Logos die Welt erschafft und sie durch diesen Logos im Sein erhält, dann ist dieser Gott keiner, der ständig wie ein Baumeister an der Entwicklung von Tieren oder СКАЧАТЬ