Glauben - Wie geht das?. Matthias Beck
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Название: Glauben - Wie geht das?

Автор: Matthias Beck

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783990401989

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СКАЧАТЬ durch den anderen. Jeder Mensch ist daher in seiner Biografie zunächst der Angesprochene, der Angeblickte, der Geliebte. Er wird angesprochen, bevor er selbst sprechen kann, er wird angeblickt, bevor er zurückblicken kann, er ist der Geliebte, bevor er lieben kann. Allerdings ist dieses Geschehen ein ständiger Dialog, und dieser Dialog verläuft nicht so sehr in einer zeitlichen Abfolge des zunächst Geliebtwerdens und des späteren Zurückliebens, sondern in einer ständigen Wechselwirkung mit unterschiedlichen Rollen.

      So stellt sich die Frage, ob man vom innerweltlichen Geliebtwerden und Angenommensein zurückschließen kann auf ein letztes Geliebtwerden und Angenommensein. Dieses Angenommensein sollte im Raum des Absoluten vollkommener und bleibender sein als das innerweltliche. Es sollte die reine Liebe sein ohne Mängel, ohne Fehler, ohne Zurückweisung und Enttäuschung, ohne Zerbrechen und ohne Ende. Denn innerweltliche Liebeserfahrungen haben immer auch mit den schmerzlichen Erfahrungen des Abnehmens der Liebe, des Zerbrechens der Liebe und dem Scheitern von Beziehungen zu tun. Diese schmerzlichen Erfahrungen bringen den Menschen zur Reife, sie zeigen ihm die Endlichkeit der Welt sowie die eigene Fehlerhaftigkeit. Aber implizit wünscht sich doch jeder Mensch, dass es nicht so sein sollte, dass es einen Zustand geben sollte, in dem eine tiefe Liebe nicht mehr zerbricht, dass Beziehungen gelingen und aller Streit ein Ende hat. Er sucht den Raum des Geborgenseins und Angenommenseins, des Nicht-mehr-Zerbrechens und des Nicht-mehr-enden-Könnens. Es ist die Sehnsucht nach einer Liebe, die bleibt und nicht mehr untergeht.

      Ob es diese letzte absolute Liebe gibt, kann der Mensch von sich aus nicht wissen. Er kann sie sich wünschen, er kann sie in den Himmel und in „Gott“ hineinprojizieren, aber er kann nicht wissen, ob es diese letzte Liebe „wirklich“ gibt. Ob es sie gibt, kann dem Menschen nur von ihr selbst her gezeigt werden. Sie selbst muss sich zeigen und offenbaren. Sie muss aus der Verborgenheit in die Ent-borgenheit heraustreten. Sie muss da sein und sich ent-decken lassen. Das heißt, dass die Decke der Verdeckung und Verborgenheit weggezogen werden muss hinein in die Ent-deckung und Unverborgenheit. Diese letzte Liebe muss sich zeigen und entdeckt werden. Das griechische Wort für Unverborgenheit heißt „aletheia“. Dies wird im Deutschen übersetzt mit „Wahrheit“. Liebe hat etwas mit Entdeckung, mit Unverborgenheit und mit Wahrheit zu tun. Liebe ist ein Geschehen zwischen Personen. Auch die letzte Liebe muss daher personalen Charakter haben. Gott ist die Liebe, heißt es im ersten Johannesbrief (1 Joh 4, 16b).

      Die Wahrheit ist in einem bestimmten Sinn ebenfalls ein dialogisches und personales Geschehen. Wahrheit hat man nicht, sondern Wahrheit ereignet sich und tritt im Vollzug des Lebens aus der Verborgenheit ans Licht. Dieses Sich-Zeigen ist ein Prozess, ein Weg. Dieser Prozess ereignet sich im persönlichen Leben und auch in der Weltgeschichte. Die Wahrheit zeigt sich aus der Sache und aus dem Vollzug heraus. Wahrheit bewahrheitet sich im Vollzug. Die Wahrheit hat also auch einen personalen Aspekt und einen Aspekt des Prozesses und des in Erscheinung-Tretens. „Ich bin die Wahrheit“ heißt es im Johannesevangelium (Joh 14, 6). Aus christlicher Sicht ist die Wahrheit personal und lebendig, sie zeigt sich im Vollzug.

      5. Die Suche nach dem Absoluten

      Liebe ist großartig, aber Liebe wird auch enttäuscht. Im Enttäuscht-Werden und im Vertrauensbruch liegt eine tiefe Kränkung. Jemand ist vom besten Freund enttäuscht worden, womöglich wurde er sogar bewusst getäuscht oder verraten. Dieser Schmerz sitzt tief. Nach einer solchen Erfahrung können manche Menschen oft lange Zeit kein neues Vertrauen aufbauen oder bleiben gar ein Leben lang misstrauisch. Ist aber der akute Schmerz zur Ruhe gekommen, kann trotz allen Enttäuscht-Seins und in allem Zerbrochenen die Sehnsucht nach dem Nicht-enttäuscht-Werden, nach dem Unzerbrechlichen und nach dem Absoluten aufkeimen.

      Wenn gesagt wurde, dass der Mensch das Endliche nur deshalb als endlich erkennen kann, weil er schon im Raum des Absoluten steht, dann gilt dies in ähnlicher Weise für das hier Gesagte. Angesichts der Endlichkeit, des Mangels und der Fehlerhaftigkeit menschlichen Handelns erkennt der Mensch, dass es so nicht sein sollte. Er spürt intuitiv, dass es anders sein könnte, dass der Mensch dem anderen vertrauen können sollte, dass eine Liebe gelingen könnte und ein Vertrauen nicht immer gebrochen werden muss. Bezog sich die erste „Absolutheitsausrichtung“, (dass der Geist immer schon auf das Absolute ausgerichtet ist), auf das Erkennen, die Wahrheit und die theoretische Vernunft im Sinne Kants, bezieht sich die hier beschriebene Ausrichtung auf das Absolute im Bereich der Ethik und des Handelns des Menschen. Das Absolute zeigt sich indirekt auch hier im Bereich der praktischen Vernunft im Sinne Kants. Es geht um die Miterfahrung des Absoluten im Fehlerhaften des Handelns. Auch der Mangel weist indirekt auf das Positive und Absolute hin, sonst könnte man den Mangel nicht als Mangel erkennen. Im Hintergrund scheint das Gute, sogar das absolut Gute auf.

      Die Intuition sagt dem Menschen, dass all das Negative, das Mangelhafte, das Böse nur die eine Seite des Lebens sein kann, und dass all das, was ihm widerfahren ist, nicht in Ordnung ist, und dass es so nicht sein sollte. Angesichts dieser Erfahrung dieses Nicht-sein-Sollenden beginnt die Suche nach dem Darüber-Hinaus. Das Enttäuscht-Werden, das Zerbrechliche, der Schmerz und das Leid kann doch nicht alles gewesen sein. Da muss es doch noch etwas ganz anderes geben. Vielleicht wird später einmal alles anders, im Jenseits, drüben, nach dem Tod. So ist manch religiöser Glaube entstanden. Aber das hilft zunächst nichts für das Leben, diese Vertröstung auf das Jenseits. Damit macht man es sich zu leicht. Dennoch bleibt etwas Richtiges daran. Die Erkenntnis, dass die Welt ungerecht ist weist darauf hin, dass es so etwas wie eine ausgleichende Gerechtigkeit geben muss (wie immer sie aussieht).

      Nicht wenige religiöse Vorstellungen funktionieren so, dass man den Menschen auf die Zeit nach dem Tod vertröstet. Der Schurke und der Verbrecher können doch nicht ungestraft davonkommen, und der „Gute“ muss doch belohnt werden. Das innerweltliche Gutsein lohnt sich ja oft nicht, der Böse und der Rücksichtslose kommen viel besser durchs Leben, der Gute hat oft das Nachsehen. Dieses Ungleichgewicht muss irgendwie ausgeglichen werden, dass es dem Guten dann im Jenseits besser geht und der Böse bestraft wird. Sicher ist daran etwas Richtiges, aber es muss differenziert werden.

      Schon im Judentum ging es um Fragen der (ausgleichenden) Gerechtigkeit, und auch im Christentum wird danach gefragt, ob nach dem Tod ein Ausgleich für das irdische Leben stattfindet. Der Blick ins Jenseits ist verständlich, aber er birgt die Gefahr, dass man sich in dieser Welt nicht um die Gerechtigkeit und das Gute kümmert. Der Mensch wird auf das Jenseits vertröstet, aber es geht zunächst um das Leben in dieser Welt. Selbst wenn es kein Leben nach diesem Tod geben sollte, bleibt die Suche des Menschen nach dem Guten bestehen. Ob es das Gute gibt, kann er zunächst nur aus seinen innerweltlichen Erfahrungen heraus beurteilen. Er kann in all dem innerweltlich Schlechten das Gute finden, in all dem Vertrauen-Brechenden auch das Vertrauen-Schenkende.

      Es gibt offensichtlich auch dieses Gute und Vertrauen-Schenkende, es gibt Menschen, die es verkörpern, aber es ist oft leise und leicht zu übersehen. Und es gibt dieses Gute indirekt als den Aufschrei gegen das Böse, Schlechte, Verräterische, Vertrauen-Brechende. Innerweltlich wird es allerdings immer endlich bleiben. Es bleibt die Frage, ob es in all dem innerweltlich Guten einen Hinweis gibt auf das Gute an sich – und was dieses Gute an sich sein könnte. Die Suche nach dem Absoluten bleibt.

      6. Das Absolute – Was ist das?

      Fragen nach dem Absoluten können philosophisch und theologisch beantwortet werden. Die philosophische Frage könnte lauten: Wie finde ich im Relativen des Lebens so etwas wie das Absolute. Geht das überhaupt, dass man im Relativen das Absolute findet? Zwei Zugänge wurden schon beschrieben. Der erste war der, dass der Geist des Menschen immer schon auf das Absolute ausgerichtet ist, da der Mensch das Endliche nur dann als endlich erkennen kann, wenn er schon im Raum des Absoluten steht. Sonst könnte er das Relative nicht als relativ erkennen. Der zweite war der, dass der Mensch angesichts des Schlechten, Bösen und Ungerechten implizit eine Ahnung hat, dass es doch das Gute und Gerechte geben müsste. Und drittens zeigt sich gerade angesichts dieser Ahnung etwas über die Struktur der СКАЧАТЬ