Название: FLUCHSPUR
Автор: Gordon Kies
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783957448828
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Sie tippte mit dem rot lackierten Fingernagel auf die Packung.
- Was?- Normal!- Ja, das sagtest du bereits, aber was meinst du?- Ich meine, dass ich die Größe Normal habe und nicht Super!
Ludwig begriff.
- Und deswegen der ganze Streit?
Er konnte es nicht fassen.
- Ja.- Ich kann es nicht fassen.- Findest du mich wirklich so fett?- Ich …
Es klingelte an der Tür. Ludwig drehte sich um und drückte den Griff nach unten.
- Herr Fuhrman?- Ja?- Ich habe eine Lieferung für sie.
Der Gesichtsausdruck seiner Frau hatte sich in den letzten Minuten von ungehalten in ungeduldiges Ungehalten verändert.
- Was soll das? Sind das etwa diese Klimaanlagen, die du verkaufst?- Ja.- Und was sollen die hier?- Ich habe sie gekauft.- Du hast was?- Sie gekauft.- Spinnst du? Warum?- Weil ich sonst meinen Job verloren hätte.- Bitte?
Ludwig erklärte es ihr. Ihr Lachen klang ironisch.
- Großartig, Ludwig! Einfach großartig! Ich kann es nicht fassen! Jetzt haben wir zwei Klimaanlagen und trotzdem niemanden, der Geld nach Hause bringt. Du bist und bleibst ein Versager!- Ich werde mir sofort …- Halt einfach die Klappe.
Den Abend verbrachte er allein vor dem Fernseher. Es gab eine Reportage über Walhaie, die größten lebenden Fische, deren Haut mit fünfzehn Zentimetern die dickste aller Lebewesen ist. Tampon-Werbung. Er erfuhr, dass die verschiedenen Größen der Tampons nichts mit der Größe der Vagina zu tun hatten, sondern mit irgendeiner Durchflussmenge. Renate hatte noch viel zu lernen. Ihre Unwissenheit war bezeichnend. Sie kotzte ihn an. Er schaltete den Fernseher aus und ging duschen.
Am nächsten Vormittag studierte er die Stellenangebote. In den wenigsten Fällen war er qualifiziert. Die zu erfüllenden Voraussetzungen beinhalteten zumeist eine abgeschlossene Lehre. Ludwig hatte keine abgeschlossene Lehre, so erübrigte sich die Frage nach seiner Teamfähigkeit und der Erfahrung im Umgang mit Excel und Word. Er rief bei einer Schlachterei an, aber die Stelle war schon vergeben. Die Kasse in einem Supermarkt war auch schon besetzt und im Freibad hatten sie keinen Bedarf an einem Bademeister, der nicht schwimmen konnte. Ergänzend teilten sie Ludwig noch mit, dass die Hitzewelle dem Ende entgegen ging. Mit Schadenfreude dachte Ludwig an seinen Ex-Chef. Eine Videothek wollte sich morgen bei ihm melden.
- Ich halte es nicht aus, wenn du den ganzen Tag hier herumhockst!- Ich bin doch schon dabei, mir …- Widersprich mir nicht immer.- Aber …- Siehst du, schon wieder!- Ich wollte doch nur …- Und ich will doch nur, dass du dir einen neuen Job suchst und dafür sorgst, dass diese blöden Klimaanlagen zurückgehen! Der Wetterdienst hat übrigens Regen angekündigt, der Sommer geht zu Ende.
Ludwig nickte nur, es war zwecklos. Zum Mittag gab es Erbsensuppe mit Bockwurst.
Er war froh, das Haus verlassen zu können und nachdem er ein paar Mal umgestiegen war, stand er vor dem Haus von Madame Laluna. Auf der Fahrt hatte er sich gefragt, woher diese Popups auf dem Computer immer wussten, wo man sich befand und an welchen Produkten man Interesse hatte. Mysteriös. Es musste etwas mit dem Surfverhalten zu tun haben, auf welchen Seiten man nach welchen Produkten schaut … warum hieß es eigentlich „im Netz surfen“? Mit Logik hatte das nichts zu tun. Warum hieß ein Stuhl eigentlich Stuhl? Er fühlte sich … doof. Zu einer leichten Nervosität gesellte sich sein schmerzender Backenzahn. Er rieb sich die Wange und klopfte an die Tür.
- Herr Fuhrman?- Ja.- Treten sie ein.
Madame Laluna war eine große Frau mit gerader Haltung. Sie führte ihn in ein geschmackvolles, wenn auch etwas überladenes Zimmer und bat ihn, einen Moment zu warten. Vor den Fenstern hingen Traumfänger, es gab Holzfiguren mit grinsenden Fratzen und an den Wänden hingen Amulette und bunte Tücher. Das indirekte Licht der Kerzen vermittelte eine angenehme Atmosphäre. Ludwig legte den Kopf zur Seite und überflog die Bücherrücken in dem Teakholzregal. Ludwig kannte keinen der Titel. Wie auch, das einzige Buch, das er gelesen hatte, war ein Geschenk seines Vaters und handelte von einem alten Mann auf dem Meer. Nach langem Kampf mit einem Schwertfisch kam der Alte mit leeren Händen nach Hause, die Haie hatten ihm die Beute weggefressen. Das Leben meint es nicht immer gut mit einem. Auf dem Tisch lag ein Magazin mit der Schlagzeile Big Brother is watching you. Hätte Ludwig Zeit gehabt, den Artikel zu lesen, hätte er vielleicht eine Antwort auf seine Frage zu den allwissenden Popups gehabt, so bat ihn Madame Laluna, ihr zu folgen.
- Setzen Sie sich, bitte.
Er hatte sich den Ort der Wahrsagung etwas anders vorgestellt. Auf dem Küchentisch lag ein Stapel Karten und daneben eine einsame, heruntergebrannte Kerze. Es roch nach Knoblauch. Ludwig setzte sich.
- Ist das ihre erste Sitzung dieser Art?- Ja.
Sie lächelte. Sie hatte dunkle Augen. Sie sah älter als auf dem Computer aus, Ludwig schätzte sie auf Mitte Fünfzig. Er mochte ihren Akzent, auch wenn er besser zu einer Seniora gepasst hätte als zu einer Madame. Sie sah aus, wie eine der Zigeunerinnen, die Ludwig und Renate auf ihrer Spanienreise am Strand der Costa del Sol selbstgeflochtene Körbe verkaufen wollten.
- Entspannen Sie sich.- Ich bin entspannt.
Das war eine Lüge. Unzählige Male hatte er mit dem Gedanken gespielt, eine dieser Hellseherinnen aufzusuchen und jedes Mal hatte er den Gedanken beiseite gewischt und sich stattdessen eingeredet, dass das Glück auch ihn finden würde. Dreißig Jahre, nachdem er die Geschichte seines Großvaters zum ersten Mal gehört hatte, saß er tatsächlich am Tisch einer Wahrsagerin. Für einen rational denkenden Menschen wie Ludwig ein Wunder, auch wenn er nicht an Wunder glaubte.
- Schön. Schauen Sie mir in die Augen und geben Sie mir ihre Hände.
Ludwig schob seine Hände über die geblümte Tischdecke und Madame Laluna legte ihre Finger sanft in seine Handflächen.
- Was haben Sie mit ihrem Finger gemacht? Sie strich über die Schiene und Ludwig fragte sich, warum sie sich die Frage nicht selbst beantworten konnte.- Gebrochen.
Sie nickte und legte den Kopf in den Nacken. Stille.
- Sie werden momentan etwas vom Pech verfolgt. Sie haben Kummer.- Kann man so sagen, ja.- Sie haben Angst.
Traf das nicht auf neunzig Prozent der Bevölkerung zu? Pech. Kummer. Angst.
- Manchmal.- Ich sehe Veränderungen in ihrem Leben. Eine Reise.- Eine Reise?- Ja, eine große Reise.- Wohin?- Ich weiß nicht. Warten sie …
Hinter ihren geschlossenen Lidern bewegten sich die Augäpfel. Sie zog Luft durch ihre Nase und pustete sie durch den Mund wieder aus. Sie war Raucherin.
- Sie haben Probleme mit dem Magen. Ludwig hatte mit fast jedem Organ seines Körpers Probleme. Er war nicht hier um zu hören, welche Krankheiten ihn heimsuchten, ob seine Ehe in Trümmern lag, wohin er verreisen sollte oder an welchem Tag er sterben würde, er war hier, um etwas über den Fluch zu erfahren.- Madame Laluna?- Ja?- Ich glaube, ein Fluch lastet auf mir oder genauer auf meiner Familie.- Ein Fluch?
Sie öffnete die Augen.
- Ja, ein Fluch.- Wie kommen Sie darauf?
Ludwig erzählte ihr von seinem Großvater, von der Frau in dem Dorf, von ihren Verbrennungen und von dem Schuss, den sein Großvater abgab. СКАЧАТЬ