Der Ruhrbaron aus Oberhausen Paul Reusch. Peter Langer
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Название: Der Ruhrbaron aus Oberhausen Paul Reusch

Автор: Peter Langer

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783874683913

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СКАЧАТЬ Deutschen müsste der Erwerb von Erzgruben überall ermöglicht werden, sie seien wirtschaftlich den französischen Staatsbürgern gleichzustellen. Vor dem Krieg mit deutschen Firmen geschlossene Verträge seien wieder in Kraft zu setzen. Die folgenden Punkte waren in der GHH wieder besonders angestrichen worden: Die früheren billigen Eisenbahntarife und andere Transporterleichterungen seien wieder herzustellen. Die im Krieg „von den feindlichen Ausländern“ erworbenen Rechte an den Erzgruben deutscher Eigentümer seien zu annullieren. „Ferner ist zu erstreben eine zollfreie Einfuhr von Eisen- und Stahlerzeugnissen aus Deutschland, welche zum Wiederaufbau der zerstörten französischen Gegenden … nötig sind.“62

      Am 8. Juni 1918 befasste sich der Hauptvorstand des VdESI mit der Problematik des Friedensschlusses mit Frankreich. Diskussionsgrundlage war ganz offensichtlich das Reichert-Papier vom April, denn die Geschäftsstelle forderte danach alle Mitglieder des Hauptvorstandes dazu auf, aufgrund dieses Papiers nun ihrerseits die individuellen Wünsche für den Friedensschluss mit Frankreich zu formulieren.63

      Reusch nahm wenige Tage später zu Reicherts Programm ausführlich Stellung. Bei der neuen Grenzziehung empfahl er, sich von wirtschaftlichen, nicht primär von politischen Gesichtspunkten leiten zu lassen. Dass das gesamte lothringische Erzbecken an das Deutsche Reich anzugliedern war, stand für ihn außer Frage. Bergsachverständige Gutachter sollten den Umfang der Erzvorkommen abgrenzen. „Aufgrund dieses Gutachtens hat die Oberste Heeresleitung diejenigen Grenzen zu bestimmen, die ihr für den ausreichenden Schutz dieses Erzvorkommens notwendig erscheinen.“ Deutschlands Grenze sollte also nach seinen Vorstellungen weit über die Erzgebiete Lothringens hinaus nach Westen verschoben werden. Gar nicht einverstanden war er mit der sehr vagen Formulierung über die Erwerbsrechte für Erzgruben und Grundstücke im Allgemeinen durch Deutsche: „Bekanntlich wird und muss Deutschland aber unter allen Umständen französischen Einfluss und französischen Besitz in Elsass-Lothringen ausschalten.“ Diesseits und jenseits der nach Westen verschobenen Grenze müsse ein etwa 150 km breiter Gebietsgürtel geschaffen werden, „in dem auf deutscher Seite kein französischer und auf französischer Seite kein deutscher Besitz erworben und kein Bergbau betrieben werden darf.“ Die formale Einhaltung des Prinzips der Gegenseitigkeit sollte wohl die Tatsache verdecken, dass die gesamten Erzvorkommen auf der deutschen Seite der neuen Grenze liegen würden. Die Forderungen über die Eisenbahntarife gingen Reusch zu weit. Da Frankreich seine Eisenbahnen künftig würde besteuern müssen, reiche für deutsches Gut auf französischen Bahnen das Prinzip der Meistbegünstigung. Reusch dachte hier offensichtlich an die finanziellen Lasten, die der Sieger dem unterlegenen Frankreich aufdrücken würde und die nur durch hohe Steuern würden aufgebracht werden können. Für den Erztransport waren für Reusch, wie er ausführlich erläuterte, ohnehin die Wasserwege wichtiger als die französischen Eisenbahnen. Er verschweigt bei der sehr ausführlichen Argumentation, dass dieses angeblich allgemeine Interesse deutscher Firmen in erster Linie aus der Lage der GHH-Gruben in der Normandie erwuchs. Reusch distanziert sich schließlich von Reicherts Forderung auf zollfreie Einfuhr der für den Wiederaufbau benötigten deutschen Güter nach Frankreich. Eine derartige Vorschrift hielt er für undurchführbar. Der Konzernchef der GHH schloss mit folgendem Appell an die Geschäftsstelle des VdESI: „Im Übrigen möchte ich dringend bitten, dafür Sorge zu tragen, dass die in dem Schreiben vom 27. April 1918 niedergelegten, sehr weitgehenden Forderungen nicht in die Öffentlichkeit gelangen. Es besteht doch die Möglichkeit, dass bei Bekanntwerden derartiger Kriegsziele diejenigen Forderungen, die von der Eisenindustrie mit allem Nachdruck und ernstlich vertreten werden müssen, Gefahr laufen, nicht die nötige Beachtung zu finden.“ So abwegig die Forderungen in dem Reichert-Papier waren, so sehr muss gleichzeitig betont werden, dass auch Reuschs „gemäßigte“ Vorstellungen für alle denkbaren westlichen Verhandlungspartner völlig inakzeptabel gewesen wären. Wie unversöhnlich, objektiv jegliche Verständigung mit den Kriegsgegnern ausschließend, seine Position war, machte er sich wohl nicht bewusst, wenn er ganz am Ende seiner Stellungnahme auf die Fragen „von militärischer Seite“ mit einem klaren, völlig uneingeschränkten „Nein“ reagierte. Es ging um die folgenden beiden Fragen: „Würde man evt. geneigt sein, an Frankreich, wenn das Becken von Longwy-Briey an uns abgetreten wird, die Verwertung eines Teiles dieser Erze zu überlassen? Welche Möglichkeiten liegen vor, den Franzosen für Longwy-Briey Kompensationen zu geben?“64 Reichert bedankte sich prompt bei Reusch für die „besonders eingehende Stellungnahme“, die anscheinend nicht die Regel war.65

      Noch wenige Wochen vor Kriegsende, im September 1918, nahm Reusch an einer Besprechung mit Beukenberg, dem Chef des Phönix-Konzerns und Vorsitzenden der wichtigsten Interessenverbände der westlichen Schwerindustrie, teil, um die weitere Aufschließung der gemeinschaftlichen Grube in Lothringen zu planen. Von Seiten der GHH waren neben Reusch sein späterer Stellvertreter Kellermann und Bergrat Mehner anwesend.66 Niemand aus dem Kreis der Industriellen konnte sich offenbar vorstellen, dass Lothringen für Deutschland bald verloren sein würde.

      Kennzeichnend für die Mentalität und die wirklichkeitsfremde Sicht der Herren der Schwerindustrie war auch der Vertrag mit der unabhängigen Republik Georgien über den Abbau von Manganerz im Kaukasus. Im Juli 1918, drei Monate vor dem Zusammenbruch der deutschen Armee, schloss ein Konsortium, dem auch die GHH angehörte, mit dem Georgischen Staat einen Vertrag, der den deutschen Firmen die ausschließliche Abbau-Konzession für Manganerz auf 30 Jahre und die Verfügung über den Hafen Poti am Schwarzen Meer auf 60 Jahre zusicherte.67 Nach Kriegsende, im Frühjahr 1919, trafen sich Vertreter der beteiligten Firmen im Industrieclub in Düsseldorf, wo sie aber wenig mehr tun konnten, als sich über die „Unsicherheit der politischen Verhältnisse“ auf dem Gebiet des ehemaligen Zarenreiches zu beklagen.68 Die „politischen Verhältnisse“ hatten offenbar zur Folge, dass dieser „Vertrag“ nie wirklich in Kraft trat.

      Die Hartnäckigkeit, mit der Reusch bis zum Sommer 1918 an den imperialistischen Kriegszielen festhielt, mussten zusammenhängend dargestellt werden, denn aus dieser Zielsetzung ergaben sich alle anderen, nach innen gerichteten Entscheidungen und Aktionen der Kriegszeit. Allerdings erscheint es sinnvoll, bei den Problemen der Sozial- und Innenpolitik in der Mitte des Krieges eine Zäsur zu setzen.

      In den ersten beiden Kriegsjahren kümmerte sich der Konzernchef Reusch nur eher sporadisch um die Arbeitskräfte-Problematik. Als sich die Ernährungskrise in der zweiten Kriegshälfte verschärfte und gleichzeitig die Arbeiter durch das Vaterländische Hilfsdienstgesetz mehr Rechte erhielten, forderten die Konflikte mit den Gewerkschaften aber verstärkt seine Aufmerksamkeit.

      Schlagartig mit Kriegsbeginn Anfang August wurden 5.879 Arbeiter der GHH und 374 „Beamte“ zum Wehrdienst eingezogen. Dies führte zu spürbaren Einschränkungen der Stahlproduktion. Reusch schrieb seinem Aufsichtsratsvorsitzenden, dass von sieben Hochöfen drei nur noch „gedämpft“ betrieben werden könnten. Wie Reusch die Lücken in der Belegschaft füllen wollte, sagte er nicht.69 Kurzfristig kamen nur zwei Gruppen in Frage: Vor allem Frauen und in geringerem Umfang Jugendliche.

      Die Arbeitsbedingungen der Frauen waren ab 1915 ständiges Thema im Verein Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller (VdESI). In einer Denkschrift über Arbeiterfragen für das Kriegsministerium wand sich der Vorstand ganz entschieden gegen die Verkürzung der Nachtschicht für Frauen auf acht Stunden. Reusch wurde zusammen mit sechs anderen prominenten Kollegen in die Delegation gewählt, die dem Kriegsminister diese Denkschrift überreichen sollte. Offenbar genoss er das besondere Vertrauen seiner Kollegen, denn in der gleichen Sitzung im Hotel Adlon in Berlin beauftragte ihn der Vorstand auch mit der Wahrnehmung der Industrie-Interessen im Landeseisenbahnrat.70 Am 1. November 1915 trug Reusch gemeinsam mit seinen Kollegen dem Kriegsminister und anderen Vertretern der Reichsregierung die Forderungen des VdESI vor: Beibehaltung des Zehn-Stunden-Tages für Frauen mit Zwölf-Stunden-Schicht. Die Hauptversammlung bekräftigte diese Forderung am 9. Dezember. Als der Regierungspräsident von Düsseldorf trotzdem die Acht-Stunden-Schicht ab dem 1. Januar СКАЧАТЬ