Rebellen. Uwe Schimunek
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Название: Rebellen

Автор: Uwe Schimunek

Издательство: Автор

Жанр: Контркультура

Серия:

isbn: 9783955520458

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СКАЧАТЬ in den Spreeblick-Studios.»

      «Das wäre klasse. Buddy schuldet mir nämlich etwas.»

      «Tatsächlich? Was denn?»

      «Sag ihm einfach, dass ich warte. Er weiß dann schon Bescheid.» Siggi wandte sich dem Plattenspieler zu. Schon war auch der vierte Misfits-Song zu Ende.

      Als Siggi den Kopf wieder hob, schaute er an Gery vorbei Richtung Tür. Anscheinend spielte sich dort etwas Interessantes ab. Siggi schnappte sich eine Single, zog die Platte aus dem Cover und legte sie auf. Dabei blieb sein Blick auf die Tür gerichtet.

      Der erste Akkord ertönte, und Gery wusste, warum Siggi an ihm vorbeistierte. Die aktuelle Blondie-Single legte Siggi nur auf, wenn eine ganz bestimmte Person den Laden betrat: Debbie.

      Gery gab dem Reflex nach und drehte sich um. Debbie trug ein graues T-Shirt mit abgeschnittenen Ärmeln, der weite Ausschnitt ließ schwarze BH-Träger erkennen.

      «Hey!», grüßte Debbie. Als sie an den Tresen trat, schien der ganze Laden heller zu werden.

      «Mit Milch?», fragte Siggi. Seine Stimme klang so tief, als drücke er die Stimmbänder bis in den Bauch.

      «Danke», flötete Debbie. Während sich Siggi um den Kaffee kümmerte, wandte sie sich Gery zu. «Herr Granulat, dich sieht man ja auch überall.»

      Gery zuckte stets zusammen, wenn Debbie ihn mit diesem seltsamen Namen ansprach. Es war ein Spiel zwischen den Mitgliedern ihrer Band. Genauer gesagt, war es eine Marotte ihres Gitarristen, der sich selbst Franz Freibier nannte. Ständig gab er allen und jedem groteske Fantasienamen. Franz vertrat die These, dass jeder sich selbst stets neu erfinden und dafür auch einen entsprechenden Namen verwenden sollte. Gery war froh, dass er zumindest seinen Vornamen hatte behalten dürfen. Obwohl «Gery» nur sein Spitzname war. Eigentlich hieß er Gerald, Gerald Gebhardt, aber das wusste hier keiner. Denn die Zeiten, in denen er mit «Gerald» angesprochen worden war, hatte er hinter sich gelassen.

      Wie Debbie ihn nannte, spielte für Gery ohnehin keine Rolle. Hauptsache, sie redete überhaupt mit ihm. Denn sie hatte nicht nur ihren Spitznamen und die Haarfärbetechnik von der Blondie-Sängerin Debbie Harry übernommen, sondern auch deren unverschämt gutes Aussehen.

      Der Blondie-Song war beim Refrain angekommen: «I am always touched by your presence, dear.» Siggi reichte Debbie die Tasse. Der Kaffee war derart mit Milch verdünnt, dass er beinahe so blond wie Debbie aussah.

      Sie bedankte sich kurz und fragte Gery: «Weißt du, ob Franz heute in der ‹Gefahrbar› ist?»

      «Ich glaube, erst morgen wieder.» Wieso erkundigten sich alle bei ihm nach irgendwelchen Leuten? Sah er aus wie die Auskunft? «Warum fragst du?»

      «Ich wollte mit ihm noch kurz über einen Text sprechen.»

      Das könnte sie genauso gut mit mir, dachte sich Gery, schwieg aber.

      Debbie trank einen Schluck von ihrem Kaffee und schenkte Gery einem filmreifen Augenaufschlag. «Vielleicht hast du ja Zeit.»

      Nicht erste Wahl, aber was soll’s, dachte Gery. «Ja, natürlich. Gerne», antwortete er.

      Kriminalkommissar Peter Kappe betrat den Hinterhof in der Kreuzberger Adalbertstraße. Hier sah es aus, als habe jemand einen illegalen Schrottplatz eingerichtet oder eine Autowerkstatt unter freiem Himmel. Zwischen ein paar Autowracks stand ein alter Mercedes mit platten Reifen und geöffneter Motorhaube. Neben dem Wagen schien eine Werkzeugkiste auf den Mechaniker zu warten. Doch der Hof war, abgesehen von Kappe und seinem Kollegen Kriminalmeister Wolf Landsberger, menschenleer.

      Hinter den Autos bot ein einstöckiges Gebäude ein Bild des Jammers. Der Putz bröckelte von der Hauswand, die winzigen Fenster standen offen. Ihre Rahmen waren derart verzogen, dass fingerdicke Spalten zwischen Holz und Mauerwerk klafften.

      «Sieht so aus wie eine alte Werkstatt», stellte Landsberger fest.

      «Möglich», brummte Kappe. Er betrat das Haus. Im Innern baumelte eine nackte Glühlampe an einem Kabel und tauchte einen Raum in Zwielicht. Es stank nach einer Mischung aus Pissoir, Komposthaufen und Eckkneipe.

      Kappe hielt sich die Nase zu und blickte sich um. An den Wänden hingen vergilbte Poster von Rockbands, und in der Mitte des Raums standen ein Musikmischpult von der Größe einer Rittertafel sowie zwei riesige Lautsprecherboxen auf einem Tisch. Das Pult wirkte in dieser Muchtbude fremd, denn es glänzte wie ein Lackschuh. Auf einem Beistelltisch thronten mehrere Bandmaschinen, Drähte und Kabel quollen aus Kästen mit Leuchtdioden und Reglern. Daneben häuften sich Zigarettenkippen in einem Aschenbecher. An der hinteren Wand gammelte ein Spiegel vor sich hin, über und über mit Schmutzschlieren bedeckt.

      Mehrere Beamte von der Kriminaltechnik drängten sich in dem kleinen Raum.

      «Hallo, Kappe! Da biste ja endlich», rief ihm Dr. Doreen Niedergesäß zu. Die Gerichtsmedizinerin kniete vor einem weißen Laken, unter dem offenbar der Grund ihrer aller Anwesenheit lag.

      «Tag auch», murmelte Kappe, als er neben sie trat.

      «Willst sicha wissen, wen wa hier ham?»

      «Wäre schön», erwiderte Kappe.

      «Een Nachbar hat den Mann als Reinhard Buddewitz identifiziert. ’n Tontechnika. Is vielleicht besser für dein Magen, wenn du dir später die Fotos ankiekst. Oda willste die Maden bei da Arbeit sehen?»

      Kappe verdrehte die Augen. «Lass mal. Ich warte gern.»

      «Der junge Mann hat die Hütte jemietet und hier wohl ’n Tonstudio betrieben. Det hier sollte wahrscheinlich de Regie sein», fuhr Doreen Niedergesäß fort. Sie zeigte mit der Hand im Raum herum. Dann wies sie auf die hintere Wand mit dem Spiegel. «Da hinten sind noch ’n Uffnahmeraum und so wat wie ’n Wohnzimma.»

      Nun erkannte Kappe, dass es sich bei dem dreckigen Spiegel am anderen Ende des Raums tatsächlich um eine Glasscheibe handelte. Die Schmutzschlieren verhinderten die Sicht in das dahinter liegende Zimmer.

      «Stinkt’s dahinten genauso wie hier?», erkundigte sich Kappe.

      «Na ja. Ick vermute, da wurde jenauso ville Bier jetrunken und vaschüttet und alle möglichen Rauchwaren konsumiert. Aba ’ne Leiche liegt nur hier.» Doreen Niedergesäß zögerte einen Moment, bevor sie ergänzte: «Und zwar seit unjefähr drei, vier Tagen, würde ick schätzn.»

      «Hast du schon eine Vermutung zur Todesursache? Gibt es Hinweise auf Fremdeinwirkung?»

      «Uffn erstn Blick würd ick sagen, Herzstillstand inner Folge von ’nem Stromschlag. Det kann zum Beispiel durch ’n defektet technischet Jerät passiert sein.» Dr. Niedergesäß zeigte auf den Tisch mit den Bandmaschinen, Kästen und Drähten. «Näheret wie imma im Bericht.»

      Kappe wusste, dass er von der Gerichtsmedizinerin im Moment nicht mehr erfahren würde. Daher fragte er in den Raum: «Wer hat den armen Kerl denn gefunden?»

      Ein Beamter der Spurensicherung zeigte auf die verdreckte Scheibe. «Der erwähnte Nachbar. Er sitzt dahinten und wartet auf Sie.»

      «Na dann.» Kappe gab Landsberger ein Zeichen und bahnte sich seinen Weg vorbei an den Beamten.

      Im Raum hinter der Scheibe standen СКАЧАТЬ