Название: Seewölfe Paket 17
Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
isbn: 9783954397754
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Die beiden Junker hatten ihren Wortwechsel beendet und begaben sich über die knarrende Stiege in den Keller hinunter. Wieder war es von Saxingen, der den Kienspan in der Hand hielt. Das flackernde Licht zeichnete huschende, gespenstische Muster auf die Wände und ließ die Gesichter der beiden Kerle wie Fratzen erscheinen.
»So«, sagte Erich von Saxingen. »Jetzt wollen wir uns mal eingehender mit euch unterhalten. Zuerst wollen wir eure Namen wissen. Du da!« Er war neben Piet stehengeblieben und stieß ihm die Spitze seines Stiefels gegen die Schulter. »Du kannst ja ein bißchen Deutsch und verstehst mich. Wie heißt du?«
»Hein Mück«, antwortete Piet.
Erich von Saxingens Fuß schwang zurück und zuckte wieder vor. Er traf Piet hart in die Seite. Piet war ein rauher Mann, der viel einstecken konnte, doch bei diesem gemeinen Tritt stöhnte er fast auf.
»Das ist nur ein Vorgeschmack auf die Behandlung, die euch noch erwartet«, sagte Erich von Saxingen. »Raus mit der Sprache – wie heißt du?«
Piet schwieg. Dan blieb ebenfalls stumm.
Erich von Saxingen teilte wieder Tritte aus, die mal Piet und mal Dan trafen, doch wieder kriegte er kein Wort aus ihnen heraus. Die beiden warfen sich nur rasch einen Blick zu, mit dem sie sich verständigten. Nein, sie würden nichts verraten. Was der Kerl mit ihnen anstellte, erschütterte sie nicht weiter. Sie hatten schon in schlimmeren Situationen gesteckt und fürchteten auch die Folter nicht.
Nur ein Gedanke beschäftigte sie unaufhörlich: Irgendwie mußten sie es schaffen, sich zu befreien und den Spieß umzudrehen. Sie mußten nur abwarten und die Zähne zusammenbeißen, die Chance würde sich schon ergeben.
»Eure Namen!« brüllte Erich von Saxingen. »Heraus damit, oder ich bringe euch einen nach dem anderen um!«
»Hör auf«, sagte Bruno von Kreye. »So kommst du nicht weiter.«
Erich von Saxingen fuhr zu ihm herum. »Fängst du jetzt wieder an?«
»Nein. Ich halte es nur für ratsam, sie nach Hugo zu fragen. Ihre Namen können uns doch egal sein.«
Von Saxingen nickte und beugte sich zu Dan hinunter. »Nun paß mal gut auf, du Lumpenhund! Ich nehme dir nicht ab, daß du kein Deutsch kannst. Ich bin sicher, daß du mich verstehst. Also: Auf welchem der beiden Schiffe befindet sich mein Bruder? Wie geht es ihm? In welchen Raum habt ihr ihn gesteckt? Rede!«
»Ich verstehe kein Wort«, erklärte Dan und zuckte mit den Schultern. »Ich bin Engländer. Für mich ist das, was ihr sagt, ein einziges Kauderwelsch.«
Von Saxingen trat Piet noch einmal in die Seite. »Übersetze ihm, was ich gesagt habe! Du kapierst mich doch, oder? Wo ist Hugo? Wo ist mein Bruder? Was habt ihr mit ihm angestellt?«
»Hugo?« wiederholte Piet mit vorgetäuschter Verblüffung. »Einen Hugo haben wir nicht an Bord unseres Schiffes.« Auf englisch wandte er sich an Dan. »Hast du eine Ahnung, wer dieser Bursche ist, der Hugo heißt?«
»Ja!« schrie Dan. »Meiner Meinung nach wäre es besser für ihn, wenn er noch an dem Elchgeweih zappeln würde, an das wir ihn auf Gut Saxingen gehängt haben! Übersetz das diesem triefäugigen Hurensohn!«
Piet tat es unverzüglich, und die Antwort der beiden Junker bestand aus kräftigen Fußtritten, mit denen sie ihre Gefangenen immer wieder traktierten.
Jetzt aber wurde es Piet Straaten zu bunt. Plötzlich schnellte er sich im Liegen herum. Es gelang ihm, mit den gefesselten Füßen auszuholen und nach Bruno von Kreye zu treten. Er traf ihn an den Waden – Bruno stürzte zu Boden, als sei er von einer Sense umgelegt worden. Er brüllte vor Wut auf.
Dan hingegen zog seine Beine dicht an den Leib. Das schmerzte, aber er biß wieder die Zähne zusammen. Dann trat er von Saxingen gegen die Schienbeine, und auch der kippte um. Er flog ein Stück zurück und verlor dabei den Kienspan aus der Hand, den er dieses Mal dummerweise nicht an der Wand befestigt hatte.
Die Flammen leckten über Bruno von Kreyes Gesicht. Von Kreye wurde versengt, brüllte noch lauter und vollführte mit beiden Händen abwehrende, wischende Bewegungen vor seinem Gesicht, die irgendwie grotesk wirkten. Der Span lag jetzt am Boden, das Licht flackerte heftiger, die Flamme drohte zu erlöschen.
Von Saxingen rappelte sich hoch, bückte sich nach der Fackel und hob sie wieder auf. Noch einmal trat er mit dem Fuß nach seinen Gefangenen, doch dann zog er sich zurück. Er sah ein, daß ihn diese Art von Verhör nicht weiterbrachte. Außerdem war er jetzt sicher, daß sein Bruder am Leben war und sich an Bord einer der beiden Galeonen im Hafen von Rügenwalde befand. Gerade die Weigerung von Dan O'Flynn und Piet Straaten, etwas zu verraten, schien dies zu bestätigen.
Es galt, den Plan zur Durchführung zu bringen, den er sich gemeinsam mit dem Kumpan zurechtgelegt hatte. Er half ihm vom Boden hoch, und sie zogen sich fluchend und schimpfend wieder nach oben zurück. Immerhin hatten sie gemerkt, daß ihre Gefangenen auch gefesselt noch die Zähne zeigen konnten. Sie zogen es vor, sie in dem düsteren Keller schmoren zu lassen.
»Ich hätte große Lust, sie mit dem Messer zu bearbeiten«, zischte von Saxingen, als sie oben angelangt waren. »Aber wir verlieren nur Zeit mit diesen Hunden. Die lassen sich glatt abstechen, ohne auch nur noch ein Sterbenswörtchen zu sagen.«
»Ganz meine Meinung«, sagte Bruno von Kreye. »Hol lieber die zweite Flasche Beerwurz. Eine Stärkung können wir jetzt brauchen.« Ihm war elend zumute. Zum erstenmal begriff er richtig, was sie wirklich waren, nämlich niederträchtige, jämmerliche, erbarmungswürdige Feiglinge, deren einzige große Tat darin bestanden hatte, eine wehrlose Frau meuchlings aus dem Hinterhalt niederzuschießen und zu töten.
Mitternacht war längst vorbei, die Deckswachen der »Isabella« und der »Wappen von Kolberg« hatten inzwischen zweimal gewechselt. Die Menge der Schaulustigen hatte sich verlaufen, fast alle waren in ihre Häuser zurückgekehrt, weil es nichts mehr zu sehen und nichts mehr zu tun gab. Nur wenige Männer hatten sich vor der Hafenmeisterei auf Bänken und auf Pollern niedergelassen, blickten hin und wieder mal zu den Schiffen und fragten sich insgeheim, was wohl noch geschehen würde.
Der Seewolf hatte furchtbare Stunden hinter sich. Er hatte sich mit den schwersten Vorwürfen geplagt. Wenn alles nur etwas anders verlaufen wäre, hätte er die Tragödie vielleicht verhindern können. Er gönnte sich keine Ruhe und verfiel immer wieder ins Grübeln.
Schlimmer noch hatte sich Gary Andrews verhalten, als er wieder bei Besinnung war und erfahren hatte, was sich zugetragen hatte.
»Es ist meine Schuld«, hatte er immer wieder verzweifelt gesagt. »Wäre ich nicht aufgetaucht, wäret ihr nicht abgelenkt gewesen. Hätte ich mich doch bloß zurückgehalten, bis wenigstens ein paar von euch als Wachen an Land gingen. Es ist alles meine Schuld, daß dies passiert ist.«
Es kostete Hasards ganze Überzeugungskraft, Gary umzustimmen und ihm auseinanderzusetzen, daß er nichts mit alledem zu tun hatte. Die beiden Heckenschützen hatten ja nicht seinetwegen an der Pier gelauert. Sie hatten auf die Schiffe gewartet. Sie hätten auch dann auf Gisela von Lankwitz geschossen, wenn er, Gary, nicht erschienen wäre.
Quälend langsam verstrich die Zeit, und die Seewölfe und die Männer der »Wappen von Kolberg« begannen sich allmählich zu fragen, wo Dan O'Flynn und Piet Straaten blieben. Hatten sie mit ihrer Verfolgung etwas erreicht? Oder hatten sie die Spur der Mörder verloren und streiften ziel- und ratlos durch die Nacht?
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