Frausein zur Ehre Gottes. Hanna-Maria Schmalenbach
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Название: Frausein zur Ehre Gottes

Автор: Hanna-Maria Schmalenbach

Издательство: Bookwire

Жанр: Религия: прочее

Серия:

isbn: 9783862567843

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СКАЧАТЬ der Naturgesetze“ auf die jeweilige „naturgewollte Bestimmung“ beschworen wurde (Labhardt 1935),41 kam es danach in den Humanwissenschaften zunehmend zu einer gegenteiligen Einschätzung: Angesichts der von Anthropologen beobachteten großen kulturellen Vielfalt im Verhalten der Geschlechter im weltweiten Vergleich,42 wurden geschlechtsspezifische Verhaltensunterschiede fast vollständig als „soziale Konstruktion“ (Gildemeister 1988, 497)43 gesehen, die beliebig von Gesellschaften auch wieder „dekonstruiert“ und damit zum Verschwinden gebracht werden könnten (Bischof-Köhler 2004, 18). Neuere Erkenntnisse der Neurobiologie über den Einfluss von Geschlechtshormonen auf die Gehirnstruktur und -funktion von Männern und Frauen (Hines 2004), der Entwicklungspsychologie über die Signifikanz und Entwicklung geschlechtsspezifischer Verhaltensunterschiede (Maccoby und Jacklin 1974; Maccoby 1999) sowie der Anthropologie über die Universalität einiger geschlechtsspezifischer Verhaltensmuster in allen Kulturen der Welt (Rosaldo und Lamphere 1974) haben zu einem differenzierteren Bild geführt, und man geht seit den 1990er Jahren davon aus, dass „Natur und Kultur“ (Brednich 2001) bezüglich der Geschlechtsunterschiede in einem komplexen und vielschichtigen Verhältnis zueinander stehen, ja „sich wechselseitig durchdringen“ (Hartmann 2001, 23). Dabei wird biologischen Faktoren weiterhin ein mehr (Goldberg 1977; Baron Cohen 2004; Bischof-Köhler 2004) oder weniger (Maccoby und Jacklin 1974 und Maccoby 1999; Hines 2004; Rosaldo und Lamphere 1974; Hartmann 2001) prägender Einfluss zugeschrieben. Insgesamt setzt sich die Erkenntnis durch, dass die biologischen Geschlechterunterschiede gewisse Verhaltensdispositionen nahe legen, aber nicht vorschreiben oder erzwingen (Bischof-Köhler 2004, 27),44 und dass kulturelle Stereotypen dann verstärkend auf die Ausprägung bestimmter Geschlechterrollen einwirken (Bischof-Köhler 2004, 28–29). Einem biologischen Determinismus wird als „naturalistischem Trugschluss“ genauso widersprochen wie dem „moralistischen Trugschluss“, der Verneinung biologischer Einflussgrößen aus Angst vor einer Diskriminierung von Frauen durch die wissenschaftliche Diskussion (Bischof-Köhler 2004, 29–30).

      In der konservativ-evangelischen Literatur zur biblischen Rolle der Frau kommen die oben genannten Unterschiede in der Beurteilung wissenschaftlicher Erkenntnisse deutlich zum Ausdruck. So geht z. B. W. Neuer von einer „fundamentalen wesenhaften Verschiedenheit“ der Geschlechter aus (Neuer 1993, 12) und sieht die Geschlechtlichkeit als ein „Sein, welches unser gesamtes Verhalten bestimmt“ (Neuer 1993, 21.35). Die Anweisungen des Paulus beschreibt er dann als moralische Konsequenzen aus diesem Sein.45 R. Groothuis, auf der anderen Seite, geht von der wesenhaften Gleichheit des Menschseins bei beiden Geschlechtern aus (Groothuis 1997, 19) Die biologischen Unterschiede werden als solche zwar wahrgenommen, ihr jeweiliger Ausdruck in der Sozialstruktur verschiedener Gesellschaften aber als flexibel angesehen. Die konkreten Anweisungen des Paulus zu Rolle und Verhalten der Frau werden dementsprechend in ihrem kulturellen Kontext belassen und nicht als normativ auf andere Kulturen übertragen (Groothuis 1997, 47).46

      Aus dem Gesagten wird deutlich, wie vielschichtig und komplex die Spannungsfelder sind, die den Hintergrund für das kontroverse Ringen um ein Frauenbild bilden, das dem in der Heiligen Schrift ausgedrückten Willen Gottes im Kontext verschiedener Kulturen entspricht. Einigkeit in diesem Ringen unter den konservativen Forschern besteht in ihrer Hochachtung vor der Heiligen Schrift.47 Auch wenn die Positionen in allen genannten Spannungsfeldern festgefahren und unvereinbar erscheinen, gibt es aber auch immer Autoren, die diese Spannungsfelder für notwendig und dem Wesen der Beziehung zwischen Gott und den Menschen angemessen halten. Dementsprechend gibt es auch in der „Frauenfrage“ immer wieder Gelehrte, die sich auf ein erneutes Studium des Schriftbefundes aus unterschiedlichen Perspektiven einlassen und hilfreiche, klärende und auch versöhnende Gedanken zur Diskussion beitragen.48 Es bleibt die Hoffnung, dass die Gemeinde Jesu für diese kontroverse theologische Debatte, die so tiefgreifende Folgen für ihre Mitglieder hat, einen respektvollen Umgang mit den unterschiedlichen Sichtweisen und gangbare Wege für die Gemeindepraxis findet.

      12 Siehe dazu Hardmeier (2013, 13–23), der seinen eigenen spannungsreichen Weg mit diesem Thema beschreibt, und Neuenhausen (2018, 7–12).

      13 Römisch-katholische Christen müssen sich an dieser Stelle vor allem mit dem Verständnis der römisch-rechtlichen Tradition vom Wesen und Dienst der Frau auseinandersetzen (Berger 2012, 105). Hierbei steht der Gedanke der Verschiedenheit der Geschlechter im Vordergrund und das Konzept, dass der geweihte und damit in der apostolischen Sukzession stehende Priester in erster Linie als Stellvertreter Christi und nicht als Repräsentant der Gemeinde agiert, sowie dass nur „der männliche Nachfolger Jesu Christi seinen Herrn besonders gut darstellen kann“ (Berger 2012, 188–209). Zur grundlegenden Frage um die Geschlechtlichkeit und Männlichkeit Gottes siehe auch Thatcher (2011, 118–127) und Wright (2005, 287–300).

      14 Vertiefend hierzu siehe die Ausführungen von Lakey (2010, 1–3).

      15 Hardmeier erklärt für heutige Leser, dass es in der Bibel kein Grundsatzprogramm und keine systematische Belehrung zur Stellung und den Aufgaben der Frau gibt (2013, 104).

      16 Sowohl Neuenhausen (2018, 15) als auch Hardmeier (2013, 185–186) weisen auf die eher kulturkritische Sicht vieler konservativ-bibelgläubiger Christen hin und die entsprechende Tendenz, die genannte Spannung in die Richtung „ewige Relevanz“ aufzulösen.

      17 Für die deutsche Übersetzung entspricht hier der Begriff „Gleichrangigkeit“ für das englische equality der Absicht des Autors im Originalartikel.

      18 Siehe dazu auch Neuenhausen, der aus diesem biblischen Befund schließt: „Es gibt offensichtlich auch in der Bibel keine simplen Schablonen für „Mann“ und „Frau“ (2018, 10). Zur inspirierten Ambiguität der Heiligen Schrift in vielen ihrer Aussagen siehe auch Christian Smith 2012 in seiner Monografie The Bible made impossible. Er spricht von einer „multivocality“ der Schrift (2012, 43). Zu den Implikationen für eine der Natur der Schrift entsprechende Hermeneutik siehe auch Fee (2005, 364–381).

      19 Diese Einschätzung teilen bibelgläubige evangelische Theologen aus unterschiedlichen hermeneutischen Lagern, zum Beispiel Susan Foh (1989, 69.71), John Piper und Wayne Grudem (1991, xiii), Grant Osborne (1977, 337), Gordon Fee (1990, 21) und Rebecca Groothuis (1997, 15). Siehe dazu auch Sumner (2007, 250–256).

      20 Allerdings geben Ausleger, die diesen Zugang wählen, auch immer wieder zu, dass die meisten der sogenannten „Schlüsseltexte“ durchaus keine „klaren Stellen“ sind, sondern viele Fragen ihrer Auslegung geradezu besonders schwer zu klären sind (Foh 1989, 79; Schreiner 1991, 124; Carson 1991, 140; Neuenhausen 2018, 18; Hardmeier 2013, 103–105).

      21 Im deutschen Sprachraum wird dieser Zugang von den meisten Auslegern gewählt, die sich als bibeltreu bezeichnen, besonders deutlich wird dies bei W. Neuer (1993, 66), J. Cochlovius (2000, 10) und K. Riebesehl (2004, 6).

      22 Viele Ausleger tun dies auf der Grundlage einer direkten Zuordnung der Argumentation des Apostels Paulus in 1. Korinther 11,8–9 zu Genesis 2 als theologische Interpretation des Schöpfungsberichtes. Die genannten Autoren stehen stellvertretend für alle, die die Schrift nach dieser Zuordnung auslegen, meist ohne sie bewusst zu erwähnen. A. Strauch beschreibt den hermeneutischen Gedankengang besonders deutlich: „Es ist kein Zufall, dass der Mann die Priorität der Schöpfung war. Die frühere Erschaffung Adams hat grundlegende Bedeutung. Und weil das Neue Testament eine göttlich inspirierte Auslegung von 1. Mose 2 anbietet, müssen wir nicht lange herumrätseln …“ (Strauch 2001, 30).

      23 Siehe dazu auch die gründliche Reflektion von Felker Jones (2017, 23–24).

      24 Diese Autoren werden wiederum genannt für viele andere, die nach diesem Interpretationsmuster auslegen.

      25 Zu СКАЧАТЬ