Frausein zur Ehre Gottes. Hanna-Maria Schmalenbach
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Название: Frausein zur Ehre Gottes

Автор: Hanna-Maria Schmalenbach

Издательство: Bookwire

Жанр: Религия: прочее

Серия:

isbn: 9783862567843

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СКАЧАТЬ hermeneutischer Entscheidungen

      Angesichts der beschriebenen „inspirierten Ambivalenz“ der Schriftstellen zur Rolle der Frau verwundert es nicht, dass im Zentrum der Diskussion hermeneutische Entscheidungen stehen, die allerdings nicht immer bewusst getroffen werden. Der amerikanische Theologe David M. Scholer, der sich 20 Jahre lang mit der Frage nach der Rolle der Frau im Neuen Testament beschäftigt hat, stellt dazu fest: „Auch in den hochgeachteten Kreisen der Evangelikalen sind es hermeneutische Fragestellungen, die letztlich unserem gemeinsamen Anliegen zu Grunde liegen“ (Scholer 1987, 407) und W. Liefeld erklärt: „Die Antworten, zu denen wir im Blick auf die Frau kommen…, sind unweigerlich beeinflusst von der Art und Weise, wie wir die Fragen stellen“ (Liefeld 1989, 127).19

      Der traditionelle Zugang zum Thema ist ein systematisch-theologischer, bei dem Aussagen der Schrift, die zur Rolle der Frau Stellung nehmen, in einem logischen System geordnet und analysiert werden (Conn 1984, 225), beginnend bei den entsprechenden Anweisungen in den Paulusbriefen. Diesen wird als „direkt anwendbaren Lehrtexten“ Priorität eingeräumt gegenüber „historischen Texten“ (Larkin 1988, 94). Dabei gilt das hermeneutische Prinzip, dass „klare Stellen“ zum Thema weniger klare Aussagen erhellen (Foh 1989, 71). Die konkreten Anweisungen des Apostels Paulus, zum Beispiel in 1. Timotheus 2,11–12 und 1. Korinther 14,34, gelten dabei als die „klarsten Stellen“ zum Thema (Knight III 1977, 45),20 wobei davon ausgegangen wird, dass sie, zumindest in ihren Grundlinien, zeitlos und nicht kulturell gebunden sind (Larkin 1988, 94; Foh 1989, 70). In ihrem Licht werden nun alle anderen Aussagen der Schrift über die Frau, insbesondere auch Genesis 1–3, interpretiert. Ergebnis dieser Verfahrensweise ist die Betonung einer durchgängig hierarchischen Geschlechterordnung als Schöpfungsordnung und leitendes biblisches Prinzip für die Beziehung zwischen Mann und Frau, wie sie unter anderen von den Vertretern des Council on Biblical Manhood and Womanhood (Piper und Grudem 1991)21 postuliert wird.

      Dieser hermeneutische Zugang ist in den letzten Jahren vielfach grundsätzlich in Frage gestellt worden. So verwirft G. Bilezikian ihn generell als „hodgepodge“-Methode, die Bibeltexte wie eine Collage zusammenfüge (Bilezikian 1985, 18); G. Keener hinterfragt die Berechtigung des Auslegers, bestimmte Texte als „Lehrtexte“ über andere zu stellen (Keener 1993, 111); A. Mickelsen und W. Liefeld sehen in der Auswahl der paulinischen Anweisungen als Schlüsseltexte eine subjektive hermeneutische Entscheidung, die der ursprünglichen Absicht des Apostels bei ihrer Formulierung nicht gerecht werde (Liefeld 1989, 113; Mickelsen 1989, 117). Eine zunehmende Zahl von Auslegern bevorzugt deshalb einen biblisch-theologischen, ganzheitlichen Zugang zum Thema. Sie benutzen die fortschreitende Offenbarung der Schrift als hermeneutischen Bezugspunkt (Bilezikian 1985, 15–18) und achten besonders darauf, dass die Aussagen zur Frau sowohl in ihrem heilsgeschichtlichen als auch in ihrem kulturellen Kontext ausgelegt werden. Auf diese Weise soll die ursprüngliche Absicht der Texte möglichst genau erfasst werden, die G. Fee als „die einzig angemessene Kontrolle für hermeneutische Aussagen“ bezeichnet (Fee 1996, 26; 2005, 372). Dabei wird argumentiert, dass dieser Zugang dem Wesen der Schrift grundsätzlich mehr entspreche, die nicht ein „dogmatisches Handbuch“, sondern ein geschichtliches Buch sei (Conn 1984, 225). Dieser hermeneutische Ansatz führt, anders als der traditionelle, zu einer Betonung der Gleichrangigkeit von Mann und Frau als durchgehendes biblisches Prinzip, zurückgeführt auf die Schöpfung, die zwar durch den Sündenfall zerstört, aber durch die Erlösung in Christus wiederhergestellt worden ist. Die Anweisungen des Paulus werden dann als kultur- und zeitspezifische Anleitung für ein geordnetes Miteinander der Geschlechter auf dem Weg zu einer praktischen Gleichrangigkeit gesehen, die in ihren Prinzipien wegweisend sei für zukünftige Generationen (Longenecker 1984, 88).

      Beim Vergleich der beiden hermeneutischen Ansätze wird besonders deutlich, dass „… Faktoren der Interpretation in der Methodik selbst stecken“, wie M. J. Erickson in seinem Lehrbuch der Dogmatik sagt (Erickson 1998, 70).

      Da die Rolle der Frau in der Heiligen Schrift eng mit den grundlegenden „Konzepten“ (Bilezikian 1985, 15–17; Felker Jones 2017, 21–30) der Heilsgeschichte – Schöpfung, Sündenfall und Erlösung – verknüpft ist, beeinflusst die Zuordnung der entsprechenden biblischen Aussagen zu einzelnen Abschnitten der Heilsgeschichte das Ergebnis der Auslegung. So ist es nicht unbedeutend, ob man eine Unterordnung der Frau unter den Mann und eine dementsprechende Festlegung ihrer Stellung und Rolle in Ehe, Gesellschaft und Gemeinde als Schöpfungsordnung in Genesis 2 findet (Strauch 2001, 30; Neuer 1993, 66–67; Piper 1991, 35; Ortlund 1991, 98; Hamilton Jr. 2007, 32–52; Neuenhausen 2018, 40–44; Hardmeier 2013, 32–36),22 oder ob man diese aufgrund von Genesis 3,16 als Folge des Sündenfalls ansieht, die grundsätzlich bekämpft werden darf wie die Disteln und Dornen des verfluchten Ackers (Smith und Kern 2000, 42; Hess 2005, 79–95).23 Auch welche Texte ein Ausleger mit der Erlösung in Christus verbindet, beeinflusst seine Ergebnisse entscheidend: So ist es nicht gleichgültig, ob man aufgrund von Galater 3,28 davon ausgeht, dass das Erlösungswerk Christi an den Folgen des Sündenfalls für die Stellung der Frau etwas Grundsätzliches geändert hat, wie einige Ausleger dies tun (Spencer 1985, 26–42; Smith und Kern 2000, 22–25; Grenz und Kjesbo 1995, 99–107; Fee 2005, 172–185; Payne 2009, 79–104; Westfall 2016, 166–176; Felker Jones 2017, 24–30),24 oder ob man damit rechnet, dass Genesis 3,16 als „Notverordnung unter Sündenfallbedingungen“ (Martin Luther), als „Gesetz“ (Hempelmann 1997, 40–41.46) oder als Wiederherstellung der Schöpfungsordnung (Neuenhausen 2018, 42–43) weiterhin das Verhältnis zwischen Mann und Frau bestimmt und von der Erlösung in Christus nicht grundsätzlich berührt wird.

      Aus dem oben Gesagten lässt sich auch bereits erkennen, dass nicht nur die Einordnung von Schriftstellen an ihren heilsgeschichtlichen Ort, sondern auch ihre Gewichtung in der Gesamtschau das Ergebnis stark beeinflussen können. Es ist zum Beispiel ein wichtiger Unterschied, ob man 1. Korinther 11,8–9 als umfassende theologische Interpretation von Genesis 1 und 2 wertet (Strauch 2001, 30; Neuer 1993, 66; Piper 1991, 35), die Paulus auch in einer systematisch-theologischen Abhandlung zur Stellung der Frau so geschrieben hätte, oder als pointierte kurze, treffende Begründung seiner Argumentation im Rahmen einer spezifischen Anweisung an die Korinther (Keener 1992, 21–22.31; Fee 1996, 81–82).25 Ebenso bedeutend ist es, ob man bei Fragen nach dem Dienst der Frau in der Gemeinde die Aussage des Paulus in Galater 3,28 als klarste Stelle und grundsätzlichen Wegweiser wertet (Bruce 1982, 190; Groothuis 1997, 31–36, Fee 2005, 172–185) oder seine konkreten Anweisungen an die Korinther und Epheser (Piper 1991, 35; Neuer 1993, 107). Sogar innerhalb eines Abschnitts macht oft die Wertung einzelner Gedanken einen großen Unterschied: So betonen manche Autoren bei der Auslegung von 1. Korinther 11,13–16, dass Frauen in Korinth sehr wohl im Gottesdienst beten und weissagen durften und dabei lediglich ein Zeichen ihrer eigenen Autorität auf dem Kopf tragen sollten (Cunningham und Hamilton 2000, 177–179; Fee 2005, 142–160),26 von anderen dagegen wird die grundsätzliche Autoritätskette zwischen Mann und Frau als Schwerpunkt der Argumentation hervorgehoben (Neuer 1993, 104; Strauch 2001, 104–108)27 und das damalige Weissagen der Frauen im Gottesdienst als untergeordnete Bemerkung eingeordnet oder übergangen (Neuer 1993, 109; Strauch 2001, 104–112). D. Scholer mahnt diesbezüglich zu einer genuinen Ausgewogenheit (Scholer 1987, 416).

      Unter den bibelgläubigen konservativen Auslegern gibt es an dieser Stelle gleichzeitig eine grundsätzliche Übereinstimmung СКАЧАТЬ