Название: The Long Hard Road Out Of Hell
Автор: Neil Strauss
Издательство: Bookwire
Жанр: Изобразительное искусство, фотография
Серия: Kulturstudien - Culturel Studies
isbn: 9783854454120
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Ich rief nervös seinen Namen.
»Hier oben«, rief er von der Treppe herab. »Schau dir das an.«
Obwohl mich allmählich die nackte Panik befiel, folgte ich ihm nach oben und trat durch eine verrottete Türöffnung. Das Zimmer wirkte bewohnt. Am Boden lag eine verfault stinkende Matratze, auf der Spritzennadeln, ein verbogener Löffel und andere Drogenutensilien verstreut waren. Daneben fand sich ein halbes Dutzend benutzter Kondome, die wie getrocknete Schlangenhaut in der Gegend herumlagen. Der Rest war mit zerfallenden Seiten aus Schwulenpornomagazinen vollgemüllt. Wir gingen in den nächsten Raum. Er war völlig leer, bis auf ein Pentagramm, das irgendjemand in südlicher Richtung an die Wand gemalt hatte und das von Runen umgeben war, die sich nicht entziffern ließen. John zog seine Ausgabe des Necronomicon hervor.
»Was um Gotteswillen machst du da?«, fragte ich.
»Ich öffne die Pforte zur Hölle, um die Geister herbeizurufen, die einst hier gelebt haben«, antwortete er mit der bedrohlichsten Stimme, die ihm zur Verfügung stand. Mit seinem Finger zog er auf dem Boden einen Kreis in den Staub. Er war gerade damit fertig, als von unten ein scharfes Geräusch heraufdrang. Wir standen vollkommen regungslos da, wagten kaum zu atmen und lauschten in die Dunkelheit hinaus. Es war nichts zu hören außer meinem Puls, der wie ein Vorschlaghammer in meinem Nacken pochte.
John stellte sich in die Mitte des Kreises und blätterte nervös im Buch herum, um die richtige Beschwörungsformel zu finden.
Ein metallischer Krach, viel lauter als das vorangegangene Geräusch, hallte von unten hoch. Wenn das, was wir gerade tun wollten, irgendwelche Kräfte freigesetzt haben sollte, dann waren wir definitiv dafür noch nicht bereit. Der Alkohol in unserem Blut verwandelte sich in Adrenalin, und wir rannten die Stufen hinunter, stiegen wieder durch das Fenster und liefen in den Wald, bis wir kaum noch atmen konnten. Als wir kurz anhielten, waren wir völlig verschwitzt, und unsere Münder waren ausgetrocknet. Die Dämmerung war hereingebrochen, und es fielen ein paar Regentropfen auf uns herab. Wir ließen das Abflussrohr links liegen und stolperten den Rest des Weges so schnell wie möglich, ohne auch nur ein Wort zu sprechen, durch den Wald und zurück nach Hause.
Als wir endlich wieder in Johns Elternhaus eintrafen, war der Bruder bereits hoffnungslos stoned. Er streifte benommen und mit geröteten Augen durch die Räume. Offenbar hielten die Drogen seine aggressive Seite in Schach. Er schien fast entspannt zu sein, aber das wirkte kaum weniger Furcht einflößend als seine manische Seite. In seinen Armen lag eine schwarzweiße Katze, die er unablässig streichelte.
»Diese Katze ist seine Vertraute«, wisperte mir John zu.
»Seine Vertraute?«
»Ja, so wie ein Dämon, der die Existenzform eines Tieres angenommen hat, um meinem Bruder bei seiner Zauberei zu helfen.«
In meiner Vorstellung verwandelte sich diese rein und unschuldig aussehende Katze sofort in eine bösartige, gefährliche Kreatur. Johns Bruder setzte sie auf dem Boden ab, und so saß sie einfach da, ihre Ohren nach hinten gerichtet, und schaute mich mit ihren grün schimmernden Augen an. Plötzlich fletschte sie die Zähne und fauchte mich an.
»Die Katze wird dich umbringen, Mann«, sagte John. Falls das ein Versuch gewesen sein sollte, mir noch mehr Angst einzujagen, dann war er sogar erfolgreich. »Sobald du einschläfst, wird sie dir die Augen auskratzen, und wenn du schreist, wird sie dir die Zunge abbeißen.«
Sein Bruder schaute uns beide prüfend an, blinzelte zur Katze hinunter und sagte ruhig: »Kommt mit, lasst uns nach oben gehen.« Das war’s! Wir mussten uns nicht hinter seinem Rücken hineinschleichen oder Detektiv spielen. Wir durften das verbotene Zimmer einfach so betreten – vielleicht hatte Johns Zauberspruch, mit dem er die Tore zur Hölle aufstoßen wollte, ja tatsächlich gewirkt.
Obwohl alles für mich neu und aufregend war, entsprach sein Zimmer genau dem, was man sich von einem Provinzdrogenkopf mit einem Satanismus-Tick so erwarten konnte.
Ein Poster, das den grausamen Schnitter auf seinem Pferd zeigte, wurde von einem schwarz schimmernden Licht beschienen, an der Wand hing ein halbes Dutzend Ozzy-Osbourne-Fotos, und überall im Zimmer waren rote Kerzen aufgestellt. Weiter hinten stand ein kleiner Altar, er war mit schwarzem Samt drapiert und von brennenden Kerzen erleuchtet. Den Höhepunkt aber markierte kein Schädel, kein Pentagramm, kein geopferter Hase, sondern ein großer Glaszylinder. Er war mit einer gelben Flüssigkeit gefüllt, die wie Pinkelwasser aussah. Die Schusswaffe ruhte drohend auf einem Tisch neben seinem Bett.
»Wollt ihr was rauchen?«, fragte Johns Bruder und hob den Zylinder vom Altar.
»Was denn rauchen?«, fragte ich dämlich. Ich hatte noch nie Pot genommen oder auch nur einen Bong angefasst.
»Das verdammte Kraut«, grinste John mit einem teuflischen Flackern in den Augen.
»Lass gut sein, Mann. Ich hab’ es mir abgewöhnt, das Zeug zu rauchen«, lautete meine wenig überzeugende Lüge.
Leider hatte ich keine Wahl. Es wurde sehr bald deutlich, dass John und sein Bruder mich windelweich prügeln würden, wenn ich nicht sofort ihre Drogen mitrauchen würde.
Johns Bruder zündete den Bong an, der bereits mit zerkleinerten braunen Blättern gefüllt war, und nahm einen herkulischen Zug. Als er wieder ausatmete, füllte sich die Luft mit einem widerwärtig süßen Geruch. Ich überstand keuchend und hustend meine ersten Züge, und wenig später spürte ich schon, wie es kam. Der Mad Dog 20/20, der Southern Comfort, die Flasche Wein, die nun herumgereicht wurde, nicht zu vergessen das Album Blizzard Of Ozz, das sich auf dem Plattenspieler drehte – das alles ließ meinen Kopf allmählich schwer und schwindelig werden. Die Tatsache, dass mich auf der Schule niemand leiden konnte, verschwand aus meinem Bewusstsein wie eine Notiz, die man mit Geheimtinte auf einen fettigen Handrücken gekritzelt hatte.
Ich saß völlig benommen da, mein Gehirn schlingerte seekrank hin und her, als Johns Bruder anfing, vor sich hin zu brabbeln. Mit gerötetem, verzerrtem Gesicht rief er die Namen altertümlicher Geister und Dämonen auf; er flehte sie an und beschwor sie inständig, ihm seinen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen, nämlich alle seine Feinde zu töten: Lehrer, die ihn im Stich gelassen hatten; Freundinnen, die mit ihm Schluss gemacht hatten; Freunde, die ihn hintergangen hatten; Verwandte, die ihn missbraucht hatten; Arbeitgeber, die ihn gefeuert hatten – also im Grunde alle Menschen, die seinen Weg kreuzten, seitdem er alt genug war, um echte Hassgefühle entwickeln zu können.
Johns Bruder zog ein Schnappmesser aus seiner Tasche, schnitt ein langes Stück von seiner Daumenkuppe ab und ließ es in eine kleine Schale fallen, die mit verkrustetem, braunweiß gesprenkeltem Puder gefüllt war. »Böser Angarru!«, fing er an zu singen. »Ninnghizhidda! Ich rufe dich, Schlange der Tiefe! Ich rufe dich, Ninnghizhidda, gehörnte Schlange der Tiefe! Ich rufe dich, gefiederte Schlange der Tiefe! Ninnghizhidda!«
Er hielt kurz inne und nahm einen weiteren Zug, dann rieb er das blutige Puder gegen seine Lippen. Dass wir uns mit ihm im gleichen Zimmer befanden, war ihm offenbar kaum noch bewusst.
»Kommt zu mir, Geschöpfe der Dunkelheit, durch das Walten der Dunkelheit! Kommt zu mir, Geschöpfe des Hasses, durch das Walten des Hasses! Kommt zu mir, Geschöpfe der Ödnis, durch das Walten СКАЧАТЬ