Название: Van Halen
Автор: Joe Layden
Издательство: Bookwire
Жанр: Изобразительное искусство, фотография
Серия: Rockbiographien
isbn: 9783854456445
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Carl stellte alle vor, und ich versuchte rasch die Gesichter den Beschreibungen, die ich vorab gehört hatte, zuzuordnen. David war großgewachsen, hatte lange Haare und gab, wenn er den Mund öffnete oder lächelte, den Blick frei auf recht große Zähne, die, so nebenbei gesagt, ein Bleaching vertragen hätten. Er hatte eine Zeitlang das Thema Zahnhygiene eher vernachlässigt – eine Sache, um die wir uns schon recht bald kümmern mussten, die aber relativ einfach zu beheben war. Dies war also der Leadsänger, der Carl so ins Schwärmen gebracht hatte. Er sprach mehr als die anderen, aber nicht so viel, als dass ich Einblick in seinen wahren Charakter oder sein Charisma, das er auf der Bühne entfaltete, hätte erhalten können.
Edward wirkte engelsgleich. Ständig lächelte er, und seine Augen wirkten stets halb geschlossen, als ob er stoned gewesen wäre. Er war freundlich, höflich und überraschend schüchtern. Ich mochte ihn sofort. War er nun ein ausgezeichneter Gitarrist? Wer hätte das schon sagen können? Ich jedenfalls nicht, nachdem ich ihn ja bisher nur angesehen und nicht spielen gehört hatte.
Alex und Michael waren die Nebendarsteller, sogar in diesem Ambiente. Alex wirkte hager, hatte langes, gelocktes Haar und einen Vorbiss. Viel gab er nicht von sich preis, ebenso wenig wie Michael, der kleiner war und viel massiver gebaut als die anderen. Sein Oberkörper strotzte nur so vor Kraft, und seine Arme waren muskulös, womit er gerne prahlte. Er gab sich zurückhaltend, aber freundlich.
Keiner der Jungs verlor viele Worte bei diesem Treffen, aber David und Edward sagten zumindest, was gesagt werden musste, womit sie klarstellten, dass sie die Anführer waren – und zwar nicht nur auf der Bühne oder auf Vinyl, sondern auch, wenn es ums Geschäft ging. Noch etwas: Mir fiel sofort auf, wie naiv und unschuldig – oder vielleicht auch nur eingeschüchtert – sie waren. Aus welchem Grund auch immer stellten sie nur sehr wenige Fragen während dieses Meetings oder der daran anschließenden Zusammenkunft in der Geschäftszentrale von Warner Bros. Man hatte mich zu ihrem Tourmanager auserkoren, weshalb man hätte erwarten können, dass sie neugierig auf die ganze Logistik der anstehenden Tournee wären. Aber dem war nicht so. In erster Linie stellten sie mir Fragen über die Sex Pistols und erkundigten sich, was ich von Johnny Rotten und Sid Vicious hielte.
Im Unterschied zu so vielen anderen Bands, mit denen ich arbeitete, waren Van Halen immer noch richtig … normal. Sie waren aufgeregt und enthusiastisch, klar, aber ebenso geplättet und eingeschüchtert von der Musikindustrie, wie man sich das von ein paar südkalifornischen Kids erwarten durfte. Das war schon irgendwie erfrischend. Ich erzählte ihnen also die Wahrheit – dass Sid und Johnny auch nicht anders gewesen seien als sie. Jünger zwar und definitiv dreckiger. Mit schlechteren Tischmanieren. Und hoffentlich viel komplizierter, auf Tour zu betreuen, als es Van Halen sein würden. Ich steckte große Hoffnungen in sie. Was soll ich sagen?
So wie in der Musikbranche üblich, war ihre Unschuld und Naivität auch schon ausgenutzt worden, lange bevor ich die Bildfläche betrat. Als wir uns zum Mittagessen trafen, waren sie bereits an die Maschinerie des Musikbusiness verfüttert und wieder ausgespuckt worden. Eine uralte Geschichte: Man sucht sich eine neue, unerfahrene Band ohne Management, verzweifelt um Erfolg ringend, und bietet ihr an, sie nach oben zu bringen. Dann lässt man ein paar ausgebuffte Hollywood-Entertainment-Anwälte ihnen einen extrem unfairen Vertrag vorlegen. So wie schon viele vor ihnen – und ganz sicher auch noch viele nach ihnen – waren die Jungs nicht für die Skrupellosigkeit der Industrie gerüstet, was dazu führte, dass sie besagten Vertrag unterzeichneten, während ihnen versichert wurde, er entspreche den üblichen Standards der Branche. Was wäre, wenn sie nie wieder ein solches Angebot erhielten? Oder gar kein Angebot mehr bekämen? Ihre Zukunft als Band hing davon ab. Kein Wunder also, dass Van Halen einen Vertrag unterzeichneten, der Warner Bros. klare Vorteile verschaffte. Auf ähnliche Weise war ihnen ihr persönlicher Manager von Mo Ostin – scharfsinnig in der Einschätzung von Talent und kommerziellem Potenzial sowie ein echt gerissener Motherfucker – aufs Auge gedrückt worden. Ich hege keinerlei Zweifel, dass Mo einen Manager bevorzugte, der seiner Firma gewogen war.
Der betreffende Mann hieß Marshall Berle.
Marshall war tief in Hollywood verankert, was auch an dessen familiären Verbindungen im Showgeschäft lag. Bevor er als Manager anfing, hatte er bereits über ein Jahrzehnt als Künstleragent bei William Morris gearbeitet, wo er etwa die Beach Boys, Little Richard, Creedence Clearwater Revival und Marvin Gaye betreute. Ich fand nie heraus, wie er zu Van Halen kam, aber ich weiß, dass er am selben Abend im Starwood war, an dem Mo Ostin und Ted Templeman dort waren, um die Band auszuchecken. Er stellte die Jungs Mo und Ted vor, und kurze Zeit später wurde er (auf Ostins Drängen hin) zu ihrem Manager.
Sogar bei diesem ersten Mittagessen mit der Band blieb unklar, in welcher Beziehung zur Band Marshall tatsächlich stand, was daran lag, dass er nicht dabei war. Mir erschien es seltsam, dass er dem ersten Meeting in Burbank fernblieb. Meiner Meinung nach sollte ein Manager immer dabei sein, wenn sich seine Band mit Vertretern einer Plattenfirma trifft. Auch sollte er bei Tourplanungen intensiv eingebunden sein – vor allem, wenn es dabei um einen brandneuen Vertrag geht. Ich versuchte, meinen ersten Eindruck zu ignorieren. Vielleicht befand er sich ja gerade nicht in der Stadt, oder er hatte sich bereits mit Carl über die wichtigsten Punkte ausgetauscht. Ich hatte keine Ahnung, und damals interessierte es mich auch gar nicht wirklich. Später, als ich Marshall kennenlernte und sein Verhalten aus der Nähe mitbekam, ergab es absolut Sinn für mich, dass er das erste Meeting verpasst hatte, und diente mir als Vorgeschmack auf das, was noch folgen sollte.
Nach dem Mittagessen begaben wir uns alle gemeinsam in die Büros und stellten die Band schnell ein paar der anderen zentralen Akteure vor. Dann trennten sich unsere Wege wieder. Schon 48 Stunden später befand ich mich mit einer anderen Band auf Achse, deren Tour mich ein paar Wochen lang beschäftigen würde. Ich sollte keines der Bandmitglieder von Van Halen bis Ende Februar, also fast zwei Monate später, wiedersehen, als ich sie in Chicago traf, bereit, ihre Tour in Angriff zu nehmen.
Dann wurden Van Halen zum Mittelpunkt meiner Welt – mit sämtlichen Vor- und Nachteilen.
Während ich unterwegs war, nahm der Hype rund um Van Halen zunehmend Gestalt an. Sie hatten eines der besten Debütalben in der Geschichte des Rock ’n’ Roll veröffentlicht und waren nun – praktisch über Nacht – in aller Munde. Es gab kein Autoradio im ganzen Land, aus dem nicht routinemäßig ihre fröhliche Version des Kinks-Klassikers „You Really Got Me“ dröhnte. Van Halen schienen dem Hype, den Carl prophezeit hatte, nun tatsächlich gerecht zu werden. Jeder liebte Davids Energie und Edwards dynamisches Gitarrenspiel. Sie waren ein Hit.
Damit ging große Erleichterung einher. Zwar hatten Carl und ich uns mit den Sex Pistols profilieren können, doch nach fast vier Monaten in den Charts hatte Never Mind the Bollocks immer noch keine Golden Schallplatte eingeheimst, was vermutlich auch an ihrem sehr spezifischen Publikum lag. Dennoch wurde den Pistols viel Medienpräsenz zuteil, wodurch sich das Album seinen Platz in der Geschichte als Kult-Hit sichern konnte, weshalb wir die Sache als Erfolg verbuchen konnten – zumindest tat ich das, und außerdem hatte ich ja noch das Shirt von Ted Cohen. Doch Erfolge erzeugen auch Druck. Van Halen fiel eine bedeutsame Rolle zu, unsere Karrieren voranzubringen und unsere Glaubwürdigkeit zu festigen. Der Einsatz war dabei höher als je zuvor. Natürlich lastete dabei mehr Druck auf Carl. Schließlich war er der Vizepräsident, weshalb er mehr im Schussfeld stand als ich. Aber natürlich litt ich mit und hatte dabei meine eigene Rolle zu erfüllen.
Mein Job bestand darin, Van Halen durch einen rauen, rigorosen und unerbittlichen Prozess zu navigieren, der die großen Bands von all den Möchtegerns und One-Hit-Wonders abhebt. Es lag nun an mir, Van Halen dabei zu helfen, den Übergang von den Clubs, mit all ihren beschränkten Ressourcen, zu den großen Bühnen zu bewerkstelligen. Am Ende dieser СКАЧАТЬ