Название: Van Halen
Автор: Joe Layden
Издательство: Bookwire
Жанр: Изобразительное искусство, фотография
Серия: Rockbiographien
isbn: 9783854456445
isbn:
Aber dazu war eben auch eine tolle Platte vonnöten.
Bis dahin hatte ich mir Sorgen gemacht, dass mir vielleicht die unmögliche Aufgabe aufgehalst worden war, Hühnerscheiße in Geflügelsalat zu verwandeln. Das war nichts gänzlich Neues für mich, allerdings war bisher nie so viel auf dem Spiel gestanden. Alles kam dabei auf das Album an. Die Karrieren von Musikern hingen davon ab, ob diese schwarzen Vinyl-Scheiben – zwölf Zoll im Durchmesser – Substanz besaßen oder nicht. Ohne gutes Album im Rücken war man nämlich von Anfang an erledigt.
Wenn die Musik beschissen war, würden die Leute keine Platten kaufen – und wenn sie keine Platten kauften, würden sie schon gar nicht ihre hart verdiente Kohle in Konzertkarten investieren. So funktionieren Synergien eben. Eine Single weckte die Aufmerksamkeit, das Album vergrößerte das Publikum, und ebendieses Publikum finanzierte die Tour. Ich wusste, wie in meiner Branche der Hase lief: Egal, wie viel Geld man in ein Projekt pumpte oder wie talentiert und fleißig dein Act und die Marketing-Crews waren, letzten Endes kam alles auf das Album an. Das ließ sich nicht irgendwie faken.
Aber das mussten Van Halen auch nicht. Sie boten das Komplettpaket. Im Musikbusiness gilt eine alte Faustregel: Wir wollen, dass die Mädchen im Publikum mit den Jungs in der Band zusammen sein wollen, und wir wollen, dass die Jungs im Publikum wie die Jungs auf der Bühne sein wollen. Van Halen trafen in dieser Hinsicht den Nagel auf den Kopf. Außerdem, um im Bild zu bleiben, nagelten sie die Girls im Publikum, aber dies tut hier nichts zur Sache.
Nachdem es am 10. Februar 1978 erschienen war, verkaufte sich das Album von Anfang an gut, obwohl es nicht von heute auf morgen für Furore sorgte. Einen Monat nach seiner Veröffentlichung erreichte es mit Platz 19 in den US-Charts seine höchste Position. Van Halen erfüllte das Versprechen der vorangegangenen EP, und die Zeit, die seit damals vergangen ist, hat dazu beigetragen, die Reputation des Albums zu zementieren. Einfach ausgedrückt: Es macht sich immer noch gut. Vor ein paar Jahren listete der Rolling Stone Van Halen auf Platz 27 seiner 100 herausragendsten Debütalben der Rock-Geschichte.
Der herumstolzierende Frontmann, eine in Spandex gewandete Liebesmaschine, dazu noch der fingerfertige Gitarrenheld und die bierselige Rhythmussektion: Van Halen waren die ultimative Partyband, und ihr Debüt vermittelte ein Feeling, als ob die Achtziger zwei Jahre vor ihrem planmäßigen Eintreffen bereits eingetrudelt wären. Songs wie das pulsierende „Runnin’ with the Devil“, das kraftstrotzende „Atomic Punk“ sowie die röhrenden Coverversionen „You Really Got Me“ und „Ain’t Talkin’ ’bout Love“ fügten dem Hard Rock die großtuerische Showbiz-Pose hinzu, und Eddie Van Halens atemberaubende Technik setzte neue Maßstäbe für energetische Gitarrenakrobatik, vor allem bei „Eruption“, dessen Solo unzählige Dudes motivierte, sich auf den Weg in einen Gitarrenladen zu begeben.
Yeah, so kommt das alles ungefähr hin. Van Halen war ein fulminantes Debüt, das bereits alles enthielt, was Fans an der Band lieben lernen sollten. Die Band kreuzte mit zwei Dutzend Songs im Studio auf, die schließlich auf straffe elf Nummern – neun Eigenkompositionen und zwei Coverversionen – reduziert wurden. Obwohl es sich nicht sofort zum Verkaufsschlager entwickelte, stellte es im Verlauf der Zeit vor allem seinen langen Atem unter Beweis. Das lag zum Teil an den unfassbaren Liveshows und der jugendlichen Hingabe und Ausdauer in puncto nie enden wollende Touren. So wurde Van Halen zu einem jener Alben, die einfach nicht mehr von der Bildfläche verschwinden wollen. Insgesamt hielt es sich unglaubliche 169 Wochen – über drei Jahre! – in den Charts. Am 24. Mai 1978 durchbrach es die Schallmauer zur Goldenen Schallplatte und erreichte im Oktober darauf sogar Platin-Status. 1996 hatte es sich dann bereits zehn Millionen Mal verkauft, und es läuft bis heute im Programm der Classic-Rock-Radiosender.
Das, meine Freunde, nennt man Vermächtnis.
All dem zum Trotz hatte ich, als ich mich nun anschickte, die Band vor ihrem ersten Konzert der Tour zu treffen, immer noch keinen einzigen ihrer Songs gehört – ein Kunststück, das sich rückblickend nur schwer erklären lässt. Als ich nun nach Chicago reiste, erschütterten Van Halen gerade die Branche in ihren Grundfesten und waren mehr als gerüstet für ihre erste Show im Vorprogramm von Ronnie Montrose und den (bald schon) Rock-Legenden von Journey. So begann eine höllische Tour, die sich – ganz egal, was alles noch folgen sollte – als absolut erinnerungswürdig erweisen würde.
Als die Musiker am 28. Februar 1978 in Chicago aus dem Flugzeug stiegen, waren sie genau gleich gekleidet wie das letzte Mal, als ich sie getroffen hatte. Das war, wenn ich daran zurückdenke, schon ziemlich süß und erfrischend. David stammte aus wohlhabendem Elternhaus, weshalb er sich die Klamotten eines reichen Jungen hätte leisten können, doch er trug beide Male dasselbe Outfit wie jeder andere südkalifornische Junge, der in einer Band spielte: Jeans, T-Shirt und Stiefel. Die anderen Jungs hatten keinen Pfennig in der Tasche und wollten sicher nicht viel für Klamotten ausgeben. Auch wenn ich vielleicht sentimental klinge: Alle vier hatten sie Sterne in den Augen und trugen ein Lächeln im Gesicht. In diesem Augenblick fühlte ich mich enorm angezogen von ihnen. Sie waren prädestiniert dafür, Stars zu werden, aber ich glaube nicht, dass sie das bereits realisiert hatten. (Falls David das tat, dann war das höchstens auf einer abstrakten Ebene.) Ihr Album war gerade erst drei Wochen zuvor erschienen, und sie hatten seitdem noch keinen Gig absolviert. Sie wussten nicht, was sie erwartete. Andrerseits tat ich das selbst ja auch nicht.
Der erste Tag stand ganz im Zeichen von Anreise und Akklimatisierung, was mir eine willkommene Atempause verschaffte. Es standen zwei Tage lang Proben im „SIR Studio and Instrumental Rentals“ auf dem Programm, bevor die Band schließlich am 3. März ihren ersten Gig im Aragon Ballroom spielen sollte, einer Location mit 5.000 Sitzplätzen in der West Lawrence Avenue, rund acht Kilometer außerhalb des Chicagoer Stadtzentrums gelegen. Ich bekam diese Sessions häppchenweise mit, aber über weite Strecken musste ich mich logistischen Fragen widmen. Die Band begleitete auf diesem Trip eine handverlesene sieben- oder achtköpfige Crew, darunter auch ein Schlagzeugtechniker namens Gregg Emerson, ein Highschool-Kumpel von Alex, und Rudy Leiren, ein Gitarrentechniker, dessen Qualifikation für den Job in erster Linie darin bestand, dass er eng mit Edward befreundet war. (Ich hingegen brachte meinen alten Freund Gary Geller alias Red Roadie mit, damit er die Doppelfunktion als Bühnenmanager sowie als Basstechniker für Michael Anthony ausfüllen konnte.) Hier traf ich zum ersten Mal auf unsere Road-Crew; alle wirkten wie anständige Typen, nicht weniger geplättet und albern als die Band selbst. Ich hoffte, dass sie einen guten Job machen würden, weil ich wusste, dass ich sie nicht würde feuern können, da sie eben mit Eddie und Alex befreundet waren. Jedoch muss man ihnen zugutehalten, dass Rudy und Gregg ihre Arbeit sehr ernst nahmen … Aber hey, wofür gibt es schließlich Vetternwirtschaft?
Bevor sich Van Halen der Tour-Karawane anschlossen, hatten Journey und Montrose bereits in Davenport, Iowa, und Racine, Wisconsin, gespielt. Wie ihr euch vorstellen könnt, umfasste das Publikum im Aragon Ballroom locker doppelt so viele Leute. Ich will hier niemanden beleidigen, aber im Vergleich dazu waren Davenport und Racine tiefste Provinz – Regionalliga, wenn man so will. Chicago stellte dagegen die oberste Spielklasse dar, und Van Halen traten nicht nur an, um mitzuspielen, nein, sie wollten triumphieren.
Das hier war eine großartige Gelegenheit, und wir wollten sie nutzen. Zwar stellten wir die Vorband und standen ganz unten auf dem Plakat, doch würden wir in Locations auftreten, die immerhin zwischen 2.500 und 8.000 kreischenden, betrunkenen Fans Platz boten. Auf dem Papier schien es der perfekte Auftakt zu Van Halens erster Tour mit einem Major-Label im Rücken zu sein. Für eine Band, die gerade erst Fuß fasste, war dies eine ziemlich coole Ausgangslage. Wir waren auf die Tour eingeladen worden, da Journey – sie hatten, nachdem ihnen jahrelang der Durchbruch verwehrt geblieben war, mit Steve Perry einen neuen Sänger engagiert, ihren Sound überarbeitet und nun das bald schon alles verändernde Album Infinity veröffentlicht – noch nicht groß genug waren, um als Kassenmagnet zu funktionieren. Ronnie Montrose, eigentlich der Frontmann СКАЧАТЬ