Abgesoffen - Die Milliardenlüge. Hajo Maier
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Название: Abgesoffen - Die Milliardenlüge

Автор: Hajo Maier

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Отраслевые издания

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isbn: 9783347310377

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СКАЧАТЬ sind jedes für sich nicht tragfähig. Was sie sein müssten. Und das Neugeschäft reicht nicht aus: Feldkamp nimmt 692 Mio. Euro frisches Geld ein. Und muss 473 Mio. auszahlen.16 Der Einbruch an Neugeschäft ein Jahr zuvor, 2009, in Folge der Weltwirtschaftskrise 2008, wirkt sich fatal aus – mit nur 442 Mio. Neugeschäft. Mit einer übrigens fast absurden Situation: Nicht die Nachfrage bei den verwöhnten P&R Anlegern ist in diesem Jahr gesunken. Es gibt schlicht nicht genügend Container zu kaufen, um die Anlegernachfrage bedienen zu können. Selbst wenn P&R hätte kaufen wollen oder können. Langjährige Bestandskunden sollen wütende Anrufe getätigt haben und wütende Briefe geschrieben haben. So erzählt es Werner Feldkamp persönlich dem Agenturchef seiner neuen Marketingagentur 2010. Ein Luxusproblem also. Aber im Ergebnis für ihn: fatal. Feldkamp braucht Neugeschäft. Mehr als bisher. Fehlbeträge, die nicht erwirtschaftet werden, sollen – eine tödliche Entscheidung – durch den Verkauf von weiteren Bestands-Containern gegenfinanziert werden. Obwohl sowieso schon zu wenige Container vorhanden sind. Kisten verkaufen, um liquide zu bleiben. Noch weniger Kisten in Folge, die Geld verdienen. Noch weniger Einnahmen. Das Problem verschiebt sich. Es verschärft sich. Kurzfristig Liquidität. Luft holen. Langfristig aber schaufelt Feldkamp mit Roth weiter am eigenen P&R-Grab. Feldkamps Teufelskreis.

      Feldkamp beginnt also, nicht mehr nur auf seinen internen und externen Vertrieb zu setzen um Neugeschäft zu machen. Hier sieht er kein zusätzliches Potenzial mehr, wie er später, im April 2011, seinem neuen Marketingchef gestehen wird. Er setzt auf eine Disziplin, die er bisher ignoriert hat: Marketing & Kommunikation. Er hat keine Idee, keine klare Vorstellung, was Marketing ist oder kann. Nur eben die grundsätzliche Idee, dass es mit Werbung zu tun hat. Was helfen kann. Was in den letzten 30 Jahren kaum nötig war. Irgendwie. Bereits Ende 2009 beauftragt er seine neue Kommunikations-Agentur aus München. Der Agentur-Chef erinnert sich sehr gut an diesen ersten Kontakt mit Feldkamp, der schon viel über Feldkamps Persönlichkeit aussagt. Feldkamp spart sich jede Höflichkeit. Er kommt direkt zur Sache beim telefonischen Erstkontakt:

      »Hier Feldkamp. P&R. Ich brauche eine gute Agentur. Die alte passt nicht mehr.«

      Knurrig. Schnörkellos. Ohne überflüssige Freundlichkeiten. Und weiter:

      »Sie sind eine Empfehlung von einem, der sich auskennt. Wir nehmen entweder Sie oder Jung von Matt.«

      Feldkamps Auftritt ist, so erzählt es der Agenturchef, für einen Erstkontakt schon sehr bestimmend. Er fragt weder, was die Agentur leisten kann, noch was sie kosten wird, noch informiert er, welche Aufgaben er stellen will. Sondern einfach nur: Ich nehme Sie, oder die andern. Die Frage, ob die Agentur das will, stellt sich nicht für ihn. Er entscheidet. So ist er es gewohnt. Wenn Feldkamp ruft, hat man anzutreten. Feldkamp lädt die Agentur zum Kennenlernen ein. Nein – er befiehlt sie nach Grünwald. Kurze Höflichkeiten, Feldkamp stellt den ebenfalls anwesenden Harald Roth, Gründersohn, vor. Harald Roth zeigt sich schon bei diesem Erstkontakt als freundlich, zurückhaltend, als ausgesprochen angenehmer Typ. Zirka 45 Jahre alt, etwas über 1,80m groß, sympathisch, bescheiden im Auftritt. Feldkamp selbst ist in Plauderlaune. Erzählt über die fünfunddreißig Jahre Erfolgsgeschichte, über Milliardenbeträge, das Spitzenunternehmen, den Marktführer, die Direktinvestments, das Containergeschäft. Der Agenturchef gibt zu: Es war nicht unspannend. Und dieser Feldkamp, zirka sechzig Jahre alt, wirkt nicht unsympathisch an diesem Tag auf seine knorrige, ja auch etwas zu selbstbewusste Art. Nicht großmäulig. Eher stolz. Zufrieden. Einer, der niemandem etwas beweisen muss. Auf die Frage der Agentur, welche Kommunikationsaufgaben denn anstehen: Schweigen. Weiter Schweigen. Dann brüllt Feldkamp:

      »Das müssen Sie mir doch sagen, Sie sind doch die Experten.«

      Maier, der Agenturchef, ist sprachlos. Wie nie, nach so vielen Berufsjahren. Feldkamp kauft eine Agentur ein, die ihre Aufgaben selbst definieren soll. Kein Wort zu Unternehmenszielen, Planzahlen, zu Honoraren, Budgets, Kosten. Mehr noch: Nachdem die Agentur Feldkamp später eine erste Gesamtanalyse der bestehenden Kommunikationsmaßnahmen mit einem klaren Plan zuschickt – quasi die Job-Akquise der Agentur – ruft Feldkamp zurück. Er brüllt ins Telefon, wie es so oft vorkommen wird:

      »Sehen Sie, Dr. Maier. Alles, was Sie schreiben, ist richtig. Das ist alles ein Scheiß, was wir da an Werbung haben. Sie sind unsere Agentur. Jung von Matt habe ich abgesagt.«

      »Jetzt machen Sie uns einen Plan, was Sie alles brauchen und neu machen und vorhaben. Und dann sagen Sie mir, was das ungefähr kosten soll. Aber es ist egal, was es kostet. Zweihunderttausend. Dreihunderttausend. Reicht per E-Mail.«

      Maier bedankt sich und kündigt verbindliche Projekt-, Kostenschätzungen und Angebote an. Nun wird es absurd-komisch. Zwei Wochen später. Feldkamp brüllt, wohl noch lauter, ins Telefon.

      »Ersparen Sie mir Ihre Angebote. Das brauchen wir nicht. P&R macht das nicht. Aber das lernen Sie noch. Ich will nur eine Zahl wissen. Sie können anfangen.«

      Verträge, Vereinbarungen, Kostenkalkulationen, Projektbeschreibungen – Feldkamp lehnt alles ab. Auch alles, was eigentlich seiner Kostenkontrolle dienen muss. Was bekomme ich für welches Geld von der Agentur. Feldkamps Botschaft: Geld spielt keine Rolle. Und vor allem: Ihn interessiert es nicht, was genau für welche Kosten die Agentur liefert. Nicht hier, bei seinem neuen Zukunfts-Versicherung Marketing. Schon die erste Präsentation der Agentur bricht Feldkamp ab, mit dem Satz, an den sich der Agenturleiter bis heute schmunzelnd erinnert. Es ist wohl ein typischer Feldkamp:

      »Wie lange soll ich mir diesen Scheiß noch anhören? Machen Sie alles, was Sie müssen, damit P&R eine Spitzen-Marke wird. Aber ich muss nicht Ihre Vorarbeiten anhören. P&R verdient Geld. Jetzt mit Ihnen. Darum geht es.«

      Vorarbeiten und Spitzenmarke. Feldkamps Vorstellung von Marketing. Er zeigt nach draußen weiter einen völlig sorglosen Umgang auch mit hohen Ausgaben oder Rechnungen. Kostenkalkulationen interessieren ihn weiterhin einen Scheiß. Seine Wortwahl. Das ist die Welt, in der er wohl lebt. In der er auch gesehen werden will. Und als es in einem der vielen Meetings bei Feldkamp zu den oben beschriebenen Performance-Reports kommt, zu den großen Zahlen, zu seinem Thema also, fällt der wohl denkwürdigste Satz, den Feldkamp unter vielen denkwürdigen Sätzen zu Maier und einem Kollegen sagt. Der Satz, der ihn und seine Welt beschreibt, wie kein anderer:

       » Merken Sie sich: Wenn ich 100 sage, meine ich Millionen!«

      Feldkamp setzt, ohne irgendwelche Kenntnis über Marketing und Kommunikation, auf die richtige Karte. Die Agentur macht ihre Hausaufgaben, auch und nicht selten gegen Feldkamps Skepsis. Auch gegen den Widerstand seines Vertriebsleiters Stömmer, der sich gedemütigt fühlt, der bei den Meetings nicht dabei sein darf. Warum eine Marketing-Agentur? Er hat mit seinem Vertrieb bisher alles erfolgreich geregelt. Wie er glaubt. Und oft genug auch in den nächsten Jahren klar machen wird. Die Agentur setzt eine Kundenbefragung durch. Umfangreich, schriftlich, per Post. Üblich noch zu dieser Zeit. Richtig bei einem Kundenprofil, das über 50% Investoren mit über 60 Jahren17 ausweist. Rund zwanzigtausend Anleger beantworten die Fragen zu Zufriedenheit, Wünschen, Empfehlungsbereitschaft, Wiederanlagebereitschaft, zu Vertrauen, zu Reputation. Als Belohnung für die Teilnahme lobt P&R eine Luxus-Schiffsreise für zwei Personen aus. Mit Knurren, so erzählt der Agenturchef und ohne es zu verstehen, akzeptiert Feldkamp den Strategiewechsel in der Kommunikation: Nicht mehr Produkt und Leistung im Vordergrund, sondern Marken-Bekanntheit, Reputation, vertrauensbildende Maßnahmen. Weiterempfehlung, Wiederanlage, geprüfte Sicherheit, sind die Themen. Für Feldkamp böhmische Dörfer. Aber: Für ihn, den Zahlenmensch, zählen nur Zahlen. Ergebnisse. Mit dem Neugeschäft über 792 Mio. in diesem Geschäftsjahr erzielt P&R eines der besten Ergebnisse. Und zunächst genug frisches Geld, um wenigstens weiterzumachen. Für Feldkamp das Signal, einen Schritt weiter zu gehen. Er ruft den Agentur-Geschäftsleiter an, Angestellter dort, nicht Eigentümer, und wie immer direkt:

      »Dr. СКАЧАТЬ