Название: Abgesoffen - Die Milliardenlüge
Автор: Hajo Maier
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Отраслевые издания
isbn: 9783347310377
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Vertriebsgesellschaft 3: P&R Container-Leasing GmbH (CL):
Unterschied zu den erstgenannten Produkten: Laufzeit nur über drei Jahre, Rückkaufpreis nach Vertragsende bereits vertraglich festlegt, damit sind die Erträge als Kapitalerträge zu versteuern.
Für die Kleinanleger stellt P&R diese Rechnung übersichtlich, verständlich und individuell für jede Anfrage auf Knopfdruck zur Verfügung: Ein 2-seitiges pdf.- Dokument, das alle Zahlen ausweist. Viel wichtiger aber: Für die gerade ungeübten Klein-Anleger gibt es fünf fantastische Sicherheiten, die P&R auslobt:
Erstens: Alle Container sind bereits fest vermietet, bevor Anleger diese Container kaufen können. P&R kennt damit seine Mieteinnahmen, kann die Renditen daraufhin kalkulieren und die Mietausschüttungen auch in der Höhe garantieren. Dieses Modell ist in etwa so, wie wenn ein Investor eine bereits fest vermietete Wohnung kauft, die Mieteinnahmen über fünf Jahre nahezu steuerfrei durch die Abschreibung erhält und nach fünf Jahren die Wohnung wieder an den Verkäufer zu einem vorher avisierten Preis verkaufen darf. Versteuern muss er nur die Differenz zwischen Restbuchwert der Wohnung und dem erhaltenen Rückkaufpreis, also den Veräußerungsgewinn. Fantastisch.
Zweitens: Ein Totalverlust der Anlage ist niemals möglich. Anleger haben immer den Sachwert selbst: Echte Stahlkisten. Zum Anfassen.
Drittens: Selbst der Ausfall eines Mieters, also einer Reederei, ist kein Problem, da die vielen anderen P&R Vertragspartner, die zehn größten Leasinggesellschaften, die P&R nennt, plus Groß-Reedereien direkt, diese Container sofort übernehmen werden. Denn die Nachfrage ist enorm. So wird es prospektiert.
Viertens: Selbst eine Insolvenz einer deutschen P&R Gesellschaft, die aber eigentlich unmöglich ist, denn sie schiebt ja nur Geld in die Schweiz und zurück, hat keine Auswirkungen für die Anleger. Das Geschäft wird dann direkt und ohne Unterbrechung und zum Wohl der Anleger über einen bestehenden Treuhänder fortgeführt. Und die Schweizer P&R Gesellschaft? Kann nicht pleite gehen, da sie den deutschen Gesellschaften immer nur genau so hohe Renditen für die Anleger in Aussicht stellt, wie die Industriepartner auch vertragsgemäß für die Container erwirtschaften.
Fünftens: Auf Anforderung erhalten die Anleger zusätzlich zum Kauf- und Verwaltungsvertrag ihrer Investments sogenannte Eigentumszertifikate, die exakt ihre jeweils individuellen Container mit Typ, Alter und Container-Nummer eindeutig bezeichnen. Rechtlich wichtig, da ein Eigentumsübergang der erworbenen Container auf die Anleger nur mit einer eindeutigen Bezeichnung der erworbenen Sache und damit eindeutigen Zuordnung zum Investor vollzogen wird. Wie sich später zeigen wird. Das weiß aber kein Anleger wirklich. Und nach Aussage des Vorstands Feldkamp, auch intern zu Mitarbeitern, sind diese Eigentumszertifikate nicht wirklich rechtlich wichtig, da es ja den Kaufvertrag gibt, der den Eigentumsübergang besiegelt. Eine Lüge. Mit Grund.
Diese Sicherheiten also findet der Anleger auch schwarz auf weiß in Prospekten, auf der P&R Website, in den Angebotsbriefen, auf Nachfrage. Es ist einfach alles komplett und mehrfach abgesichert. Für P&R Deutschland, für P&R Schweiz, für die Anleger, selbst für den Vertrieb. Nicht umsonst werden P&R Containerinvestments auch von Banken wie der Postbank und Sparkassen vertrieben, die ihren Kunden oft genug P&R-Container als sichere, seriöse Anlage vermitteln. Und nicht selten werden P&R-Investments auch von Steuerberatern empfohlen, wie ein P&R-Kunde 2018 berichten wird. Ein Direktinvestment in den Sachwert Fracht-Container, der immer, einfach immer Geld verdient. Ein Volks-Investment. Für jeden geeignet.
Die Realität sieht anders aus. Ein Münchner Ermittler formuliert 2020 gegenüber dem Spiegel:
»Die waren 1975 nicht als Betrugsunternehmen gestartet. Aber irgendwann haben sie gemerkt, dass sie zu wenige Container haben, zu hohe Renditen bezahlen, die Einnahmen deshalb nicht mehr reichen. Und haben sich gesagt: Jetzt sind wir schon so weit gekommen, jetzt reiten wir weiter in den Sonnenuntergang.«14
Treffender wird man es kaum beschreiben können. Feldkamp und Roth reiten weiter in den Sonnenuntergang. Denn sie treffen schon in den Jahren zuvor, aber insbesondere ab 2010, fatale Entscheidungen, die nicht mehr darauf abzielen, das Unternehmen mit reduzierten Renditen zu sanieren, oder rechtzeitig als zahlungsunfähig zu melden, um die Anlegerverluste gegenüber 2018 wenigstens zu reduzieren. Sondern sie treffen die Entscheidung, ihren gigantischen Schneeball zu füttern, auszubauen, zu systematisieren und – das wird später deutlich – frisches Geld für bestehende Anlegerforderungen als legitimes Geschäftsmodell zum Wohle der Anleger ernsthaft zu behaupten. Über mehr als zehn Jahre. Sie gewöhnen sich an ihr eigenes Modell. Roth wird später, 2018, bei den polizeilichen Ermittlungen sagen:
»Hätte man mich weitermachen lassen, hätte kein Anleger Geld verloren.«
Er glaubt, was er sagt.
Kapitel 4
Wenn ich hundert sage, meine ich Millionen
Die Welt des Werner Feldkamp
2011 im Januar. Feldkamp ist der Generaldirektor alter Schule. Er steuert P&R Deutschland wohl ohne Heinz Roth, wie er selbst sagt. Mit Harald Roth, dem Gründer-Sohn, als Wasserträger. Heinz Roth ist wohl auf seiner Insel St. Barth. Wo er auch bleiben soll, wie Feldkamp nicht müde wird zu betonen. Dreißig Jahre enge Zusammenarbeit und Wertschätzung klingen anders. Einzuordnen sind solche Aussagen von den Mitarbeitern nicht. Aber es scheint um mehr als nur kurzfristige Unstimmigkeiten zu gehen. Möglicherweise, jedenfalls darf man das vermuten, ist es der immer größer werdende Druck auf beide, den Betrug weiter zu verschleiern, dem jeweils anderen die Verantwortung für die Entstehung der fatalen Situation überhaupt zuzuschieben. Naheliegend: Denn Roth wird später, bereits Ende 2016, also nach Feldkamps Tod und über ein Jahr vor der Insolvenz, seinen langjährigen Weggefährten intern verantwortlich machen für die hohen, kaum zu bedienenden Anlegerforderungen. In abstrusen Begründungen. Möglicherweise hat Feldkamp sich auch von Roth allein gelassen gefühlt. In einer Situation, wo es für beide um alles geht, um Betrug, Knast, Verlust der Existenz, genießt Roth sein Millionärsleben in der Karibik. So die Wahrnehmung jedenfalls retrospektiv.
Feldkamp muss also weitestgehend alleine steuern und klarkommen. Mit Anlegern. Mit der Presse. Mit dem Wirtschaftsprüfer. Mit dem Vertrieb. Und es gibt nur ein Ziel damals, eine existenzielle Notwendigkeit: Das frische Geld von Anlegern darf nie versiegen. Es muss mehr werden. Um bestehende Forderungen der Anleger zu bedienen und vielleicht, mit etwas Glück, Überschüsse zu erzielen, mit denen der Schneeball zurück gebaut werden kann, indem der reale Containerbestand, hunderttausende Kisten fehlen bereits, Stück für Stück an den Soll-Bestand der an Anleger verkauften Boxen angepasst wird. Keine Spekulation. Denn Feldkamp wird später, 2014, gegenüber einem leitenden Mitarbeiter äußern, er wolle in Rente, habe aber noch ein paar Jahre wichtiges mit der Firma zu regeln. Damals klingt das unspektakulär. Auch die sogenannte Fortbestandsanalyse, die er intern beauftragen wird. Die aber nicht ist, was sie sein soll. Sie ist nichts anderes als eine Statuserfassung zum Fehlbestand und den monströsen Defiziten, um den Rückbau des Schneeballs zu planen. Denn Feldkamp weiß: Die Betrugs-Firmen sind so weder zu verkaufen, noch sind sie legal sauber zu liquidieren, ohne dass der Betrug sofort entdeckt werden wird. Und er dann mit Roth, statt ein geruhsames Millionärsdasein in Rente zu genießen, in Stadlheim seine nächsten zehn Jahre verbringen darf. Das muss Feldkamp gewusst haben. Das dürfte er mit seinen kryptischen Sätzen auch gemeint haben. Naheliegend. Feldkamp muss also weiterhin erfolgreich sein. Erfolgreich СКАЧАТЬ