Название: Abgesoffen - Die Milliardenlüge
Автор: Hajo Maier
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Отраслевые издания
isbn: 9783347310377
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Auch die Schweizer P&R liegt in diesem Bereich. Sie beschäftigt damals nur insgesamt vier Mitarbeiter. Allerdings: Keine Briefkastenfirma. Dort wird gearbeitet. Hart. Dort werden Container vermarktet. Gehandelt. Mit dem Geld der deutschen Anleger. Dafür, dass dort Milliardenwerte bewegt werden, ist kaum vorstellbar, dass nur vier Mitarbeiter genügen sollen. Aber im Gesamtkontext des Wirtschaftsstandortes Zug doch stimmig, üblich und wohl möglich: Roth Senior als Verwaltungsratspräsident, meistens aber die vergangenen Jahre auf seiner Insel St. Barth in der Karibik lebend, Roth Junior geschäftsführend, als Verwaltungsrat oder Prokurist, später ersetzt durch Roths rechte Hand P. Baumann* (Name geändert), plus später zwei weitere Analysten, dazu eine Assistentin. Wie diese wenigen Menschen 1,5 Millionen Container managen sollen? Komplexität und Workload? Es ist ein globales, internationales Mega-Geschäft. Feldkamp in Deutschland versteht davon nichts. Absolut nichts. Feldkamp sammelt nur Geld ein. Dennoch wird die Schweizer P&R immer wieder wenigstens als Nachweis für die unvergleichbare systemimmanente Zuverlässigkeit genannt, Top-Spezialisten, quasi die Besten, für die deutschen Anleger. Denn Containerflotten werden weltweit häufig im Bieterverfahren erstanden. Diese Flotten müssen geprüft werden über hoch bezahlte Analysten, deren Geschäft darin besteht, die Handelspartner zu prüfen, die Container-Flotten zu analysieren, deren Wert, Alter, Zustand und Verfügbarkeit. Genau das leistet P&R / CH. Das macht den Unterschied. Das kann P&R besser als der gesamte Wettbewerb. Und: Bereits vor dem Kauf einer solchen Container-Flotte sind bereits entsprechende Mietinteressenten oder verbindliche Bestellungen durch die Leasinggesellschaften oder Reedereien vorliegend. Flottenerwerb erst nach Prüfung und wenn langfristige Mietverhältnisse für die zu erwerbenden Blechkisten wenigstens vorvertraglich festgelegt sind. Dazu die Unterstützung professioneller externer, scheinbar amerikanischer Dealmaker und Agenten. Schließlich – und das verdankt der Anleger eben diesen Schweizer Profis – verkaufen die deutschen Gesellschaften ja nur Container an Anleger, die bereits vor dem Kunden-Investment in langfristigen und damit kalkulierbaren Mietverhältnissen stehen. Einleuchtend: Nur dadurch sind Mieten auch in der Höhe für Anleger ja garantierbar. Und Rückkäufe nach Ablauf Vertragslaufzeit zu versprechen. Darin also liegt der enorme Wettbewerbsvorsprung: Nur bereits vermietete Kisten zur Investition auf den Markt zu werfen. Nur P&R beherrscht das. Darum ist P&R so sicher für die Anleger.
So spielt es keine Rolle, dass die Schweizer Gesellschaft in der Öffentlichkeit im Grunde gar nicht stattfindet. Keine Internetpräsenz, keine Nennung der handelnden Personen, keine Nachrichten. Man kann selbst diesen Umstand damals, wenn man so will, als Teil eben der P&R-Kultur bewerten, nicht lautstark und unsympathisch mit Größe, Internationalität und Leistungsfähigkeit, mit den Milliarden, die man bewegt, zu protzen. So ist eben nicht Intransparenz die öffentliche Wahrnehmung, sondern Bescheidenheit des volksnahen Mittelständlers, der nicht als Konzern nach draußen prahlt. Diese gewollte Wahrnehmung des netten Mittelstandes von nebenan wird bis zum bitteren Ende sehr klug und erfolgreich vermittelt. Der Großteil der Anleger hat dieses oder wenigstens ein ähnliches Bild von P&R gewinnen müssen. Vertrauenerweckend. Konservativ. Skandalfrei. Verlässlich. Bescheiden. In über 35 Jahren. Tatsächlich aber:
Der Standort Schweiz ist schlau gewählt innerhalb des länderübergreifenden Geschäftsmodells, das die Schweizer Container-Management-Gesellschaft und die deutschen Vertriebsgesellschaften aufs engste und wie wir heute wissen, auch auf fatale Weise, verbindet. Weit über das Thema Steueroase hinausgehend bietet dieser Standort dem Heinz-Roth-Personenkonzern P&R natürlich unbezahlbare Vorteile: Die Schweiz ist kein EU-Land, weitestgehend autonom auch in ihren gesetzlichen Compliance-Vorgaben, als zentraler Finanzschauplatz lebt sie von ihrem bis heute praktizierten, schon sehr speziell ausgeprägten und interpretierten Bankengeheimnis als wesentlichem Teil der Schweizer Wirtschafts-DNA und ist dadurch gerade für international und außerhalb der EU operierende Unternehmen ein Eldorado in jeder Hinsicht: Steuern, Bankgeheimnis, Gesetzgebung. Für P&R und deren wahres Geschäftsmodell, den Milliarden-Schneeball, also nicht nur nützlich, sondern dann ab 2007 sogar notwendig, wie wir Jahre später erfahren müssen – jedenfalls im Gesamtkontext eines Anlegerbetruges, der über zehn Jahre lang betrieben wird: Es gibt keine Pflicht zur Veröffentlichung irgendwelcher Informationen und Zahlen der Schweizer P&R für die deutschen Anleger. Obschon P&R / CH der Dreh- und Angelpunkt der so eng verbundenen Geschäfte ist. Obwohl dort die Container der deutschen Anleger gekauft, verkauft, vermarktet werden. Niemand hat bis 2017 Einblick in selbst die einfachsten Zahlen der Schweiz: Den Containerbestand und seine Zusammensetzung. Es ist die gefährlichste Zahl. Der Standort Zug ist ein wesentlicher Grund, warum der Milliardenbetrug mehr als zehn Jahre lang funktionieren kann.
Nach außen und nach innen also der äußerst übersichtlich organisierte Mittelständler P&R: Drei deutsche P&R Gesellschaften, die solide Container-Investment-Angebote an die Anleger vertreiben und für eine zuverlässige Bedienung aller vertraglich vereinbarten Verpflichtungen und Forderungen sorgen, nämlich Mieten und Rückkäufe. Und dann eben eine Schweizer Gesellschaft, die mit der Erfahrung und dem Netzwerk Heinz Roths aus Jahrzehnten für die Beschaffung und langfristige Vermarktung der Anleger-Container sorgt. Dennoch – Feldkamp bleibt übervorsichtig: Er verbietet auch dem neuen Marketing die vorgeschlagene grafische Darstellung der Firmengruppe. Er begründet damit, dass Heinz Roth das nicht will. Er selbst will es nicht. Heinz Roth sicher ebenfalls nicht. Das Phantom. Roth sen., so wirkt es für die Mitarbeiter, zieht dennoch die Fäden, so wird erzählt. Man weiß über seine Millionenvilla im schicken Grünwald, sein Haus in St. Johann, Nähe Kitzbühel, und eben sein Anwesen auf der Millionärs-Karibikinsel St. Barth. Roth ist ein Phantom. Ein Mythos. Die wenigen, die ihn früher kennen gelernt haben, sehr langjährige Mitarbeiter, sprechen bewundernd über ihn: Höflich, bescheiden, immer freundlich, zurückhaltend, ruhig, souverän. Ohne Milliardärs-Attitüden. Ohne Neureichengehabe. Kein Protz. Kein Prunk. Keine Außendarstellung. Einer, der sich alles erarbeitet hat. Einfache Verhältnisse, Österreicher. Das ist Roth. Es passt zum bescheidenen Auftritt seines Konzerns. Zum Gentleman.
Die P&R Gruppe aber ist tatsächlich das Gegenmodell des überschaubar einfach und klar transparent organisierten und strukturierten und so auch öffentlich wahrgenommenen Mittelständlers. Sie ist ein Imperium, dessen verflochtene Firmen und verbundene Geschäfte nicht zu fassen sind. Ein Imperium, das stattfindet in Deutschland, der Schweiz, England, St. Barth, den Bermudas, den Bahamas, Asien, und anderswo. Feldkamp in Deutschland, Roth in den anderen Ländern. Sie scheinen doch vieles richtig zu machen:
Das Geschäftsjahr 2011 bringt, nach 2010, erneut Wachstum: Trotz eines enormem Container-Fehlbestandes von damals bereits gerundet 570.000 Stück – 1,45 Mio. Container wurden insgesamt an Anleger verkauft, nur rund 880.000 sind Ende 2011 insgesamt vorhanden – lassen sich fehlende Einnahmen für Mietauszahlungen über 388,544 Mio. und Containerrückkäufe über 222,568 Mio. aus dem Rekordneugeschäft über 915 Mio. EUR finanzieren. Die Lücke wird größer werden: Die Zahl der an Anleger verkauften Container steigt. Der tatsächliche Containerbestand mit 880.000 Stück aber bleibt bis 2016 relativ konstant. Das Geld reicht damals schon nicht, um Container zu beschaffen. Es werden Anlegerforderungen bedient. P&R verwaltet zum 31.12.2011 insgesamt 3,374 Milliarden aktives Vermögen der Anleger in gesamt 168.919 Verträgen ihrer inzwischen 60.173 Anleger.20
2012
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