Wüstenfeuer. Katherine V. Forrest
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Читать онлайн книгу Wüstenfeuer - Katherine V. Forrest страница 6

Название: Wüstenfeuer

Автор: Katherine V. Forrest

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783959172103

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СКАЧАТЬ schien ihr nicht so schwierig, wie sich der Ankunft des nahenden Todes zu stellen und bei einer Frau zu sein, die sich an dessen Schwelle befand – einer Frau, die zu verlieren sie nicht ertrug.

      Sie griff nach einer Starbucks-Tüte und zwang sich auszusteigen.

      Das schmiedeeiserne Tor öffnete sich auf einen glatten asphaltierten Weg, der eine laubbedeckte Grünfläche teilte und zu einem schmucklosen und doch architektonisch ansprechenden weißen Gebäude führte, das einen Großteil des Grundstücks einnahm. Die zahlreichen zweiflügeligen Fenster erlaubten den Blick auf eine bunte Mischung aus Jacaranda, Feigenbäumen, Fächerpalmen, Paradiesvogelbüschen, scharlachroten Bougainvilleen und gelben Wandelröschen in voller Maienblüte.

      Kate öffnete eine große Eichentür und betrat einen lichtdurchfluteten Raum, der an ein Wohnzimmer denken ließ. Auf dem hellen Parkettboden lagen leuchtendbunte Teppiche mit geometrischen Mustern, Sofas, Sessel und Stühle in heiteren Bonbonfarben waren zu drei Sitzgruppen arrangiert. Allein die Rezeption aus warmem Kirschholz, die von der Wand neben der Eingangstür aus in den Raum hineinragte, und ein schwacher Geruch, undefinierbar, aber ausgeprägt und adstringierend, verrieten, dass es sich hier nicht um ein großzügig geschnittenes Eigenheim handelte. Die Sitzgruppe vor dem dunkelblau gekachelten Kamin war von drei Menschen besetzt – zwei korpulente Frauen mit ergrauendem Haar saßen links und rechts von einem weißhaarigen Mann mit eingesunkenen Schultern und zitterndem Kopf, der wiederum in einem Rollstuhl saß. Die Frauen hielten jeweils eine Hand des Mannes und blickten nicht auf, als die automatische Tür sich zischend hinter Kate schloss.

      Die Rezeption war nicht besetzt. Mit ruhigen Schritten durchquerte Kate die Eingangshalle und bog am Ende in einen Gang ein. Sie nickte dem weißgekleideten Pfleger zu, der ein Tablett trug. An der Tür zum vierten Zimmer auf der linken Seite blieb sie stehen.

      In dem schmalen Bett am Fenster lag Maggie Schaeffer und blickte auf die üppige Pflanzenpracht hinaus; eine leichte Decke lag auf ihrem ausgezehrten Körper, eine durchscheinende Hand ruhte auf dem Buch, das neben ihr lag. Ihre neue Zimmergenossin, der Kate noch nicht begegnet war, eine uralte, runzelige Frau mit gelblichem Teint und grauem Haar, das so dünn war, dass ihre Kopfhaut hindurchschimmerte, schlief in dem Bett an der Wand und schnarchte beim Ausatmen leise blubbernd vor sich hin. Der Fernseher oben an der Wand lief, war aber stumm gestellt.

      Kate blieb in der Tür stehen und betrachtete Maggie. Die Erinnerung an ihre erste Begegnung in der Nightwood Bar durchzuckte sie. Eine kräftige, ziemlich selbstbewusste Maggie Schaeffer, die ein lilafarbenes T-Shirt trug und mit vielen Reißverschlüssen verzierte Shorts. In späteren Jahren sah sie eine Maggie Schaeffer mit wettergegerbtem Teint, stets gebräunt von der Sonne im San Fernando Valley, das attraktive Gesicht von einer reinweißen Mähne gerahmt, die mit ihren lesbischen Gästen flirtete, während sie ihnen in der fröhlichen Geselligkeit der Nightwood Bar ihre Drinks servierte. Die gespenstisch dünne Frau in dem Bett, deren Kopf nach der Chemotherapie nun mit einem zarten Pusteblumenflaum bewachsen war und von deren Nase ein Schlauch zu einer Sauerstoffflasche am Kopfende des Bettes führte, erschien ihr wie ein grausames Abbild. Das einzige unveränderte Merkmal, das diese Person mit jener früheren lebenssprühenden Frau verband, war der Kaffeebecher aus glasierter Keramik, der auf Maggies Nachttisch stand – der Kaffeebecher, der in den dreiundzwanzig Jahren, die Kate Maggie kannte, fest zum Inventar von Maggies Häuschen in Pacoima gehört hatte und ständig in Maggies Reichweite gewesen war. Er gehörte zu den wenigen Dingen, die Maggie in ihr letztes Domizil mitgenommen hatte.

      »Ich sehe dich da stehen«, sagte Maggie mit dünner Stimme, ohne den Kopf zu wenden.

      Kate war die außergewöhnliche Wahrnehmung, über die Maggie seit einiger Zeit verfügte, inzwischen vertraut. Sie hielt die Starbucks-Tüte hoch. »Ich habe dir deinen guten alten Freund Frappuccino mitgebracht.«

      Nun wandte Maggie ihr den Kopf zu, und die durchscheinende Haut über ihrem ausgezehrten Gesicht straffte sich über ihren Wangenknochen, als sie lächelte, und schimmerte weiß. Mit einer leichten Kopfbewegung wies sie auf das zweite Bett. »Das ist Alice. Sie ist gestern hier im Todestrakt angekommen.«

      Das Hospiz beherbergte zehn Menschen, zwei in jedem Zimmer, und ein Bett war stets nur kurze Zeit nicht belegt. Maggie hatte keine Familie – man hatte die Tochter, die unbeirrt als Butch ihren Weg ging, schon Jahrzehnte zuvor verstoßen. Kurz nach der Diagnose ›Krebs im Endstadium‹ hatte Kate recherchiert, Silverlake Haven entdeckt und unter die Lupe genommen – ein wichtiges Kriterium war die Aufgeschlossenheit gegenüber LGBT-Menschen – und Maggie auf die Warteliste setzen lassen. Als irgendwann klar wurde, dass Palliativbetreuung rund um die Uhr alles war, was man noch für Maggie tun konnte, stand ihr Name bereits oben auf der Liste, und Kate hatte sie mit einem privaten Krankentransport herbringen lassen.

      Kate füllte den Frappuccino in den Keramikbecher, steckte den biegsamen Strohhalm aus Maggies Wasserglas hinein und servierte ihn ihr. Maggie hob den Kopf und trank genießerisch einen Schluck. »Gut. Das hier auch.« Sie hob das Buch hoch, einen Roman von KG MacGregor. »Patton hat mir gestern das letzte Kapitel vorgelesen.«

      Kate nickte. »Ich bringe dir morgen etwas von einer deiner Lieblingsautorinnen mit – den neuen Roman von Karin Kallmaker.« Sie holte einen Blaubeermuffin aus der Tüte. »Wie geht’s dir?«, fragte sie pflichtschuldig und setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett.

      »Ging mir nie besser. Iss du den Muffin«, sagte sie zu Kate. »Ich will ihn nicht – es sei denn, er enthält die Pillen, um die ich dich gebeten habe.«

      Kate warf einen raschen Blick auf die neue Zimmergenossin, die aufzuwachen schien, und schüttelte den Kopf. »Fang nicht wieder davon an, Maggie.«

      »Warum nicht? Ich habe eine neue Idee, die all deine Gewissensbisse ausräumen wird. Wie wär’s, wenn du das nächste Mal zwei Revolver mitbringst, mir den einen gibst und mich dann in Notwehr erschießt?«

      Kate musste wider Willen laut auflachen, und von Alice aus dem anderen Bett ertönte ein Schnauben, das keineswegs wie Schnarchen klang.

      Maggie sprach mit leicht pfeifendem Atem und einiger Mühe, aber immerhin ohne zu husten. Das war vermutlich den neuen Medikamenten zu verdanken, die sie über den Sauerstoffschlauch inhalierte und die die Atemwege heute freizuhalten schienen.

      Kate wusste, dass Maggie möglicherweise nicht an Lungenversagen sterben würde. Im vierten Stadium hatte der Lungenkrebs bereits Tochtergeschwülste in die Leber gesetzt. Man hatte Kate gesagt, dass es nur eine Frage von Wochen, wenn nicht gar Tagen war, bis eine oder mehrere Vitalfunktionen ausfallen würden.

      »Kate, als Audie Schlaftabletten genommen hat, fandst du das in Ordnung. Du warst der Meinung, sie habe das Recht zu tun, was sie getan hat, als ihr Krebs –«

      Kate runzelte die Stirn. Aber sie hat es selbst getan. Und Audies Leichnam zu finden hat beinahe auch noch Raney umgebracht.

      »Kate, wie kannst du deiner besten Freundin wünschen, wochenlang dahinzusiechen?«

      Weil ich nicht einmal den Gedanken ertrage, dich zu verlieren.»Darüber haben wir schon gesprochen.«

      »Sei froh, dass du das Rauchen schon vor langer Zeit aufgegeben hast, Kate.«

      »Wenn Anne nicht gewesen wäre …« Sie brachte den Satz nicht zu Ende, denn sie mochte nicht sagen, dass sie dankbar war. Wenn Anne sie nicht dazu gebracht hätte aufzuhören, wäre sie wahrscheinlich dumm genug, immer noch zu rauchen. »Ich glaube, das kommt vom jahrelangen Passivrauchen in der Nightwood Bar.«

      »Du meinst also, dass meine lesbischen Schwestern mich umgebracht haben?«

      Kate lächelte sie an.

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